Stand: 14.10.2022 06:00 Uhr

"Der Passfälscher": Frischer & berührender Film über Nazideutschland

von Krischan Koch

Der Film "Der Passfälscher" basiert auf der authentischen Geschichte von Cioma Schönhaus, dessen gefälschte Pässe vielen Juden das Leben retteten. Seit dem 13. Oktober läuft er im Kino.

Die Aufarbeitung der NS-Verbrechen ist nach über 70 Jahren noch nicht abgeschlossen. Auch das Kino erzählt immer wieder neue zum Teil authentische Geschichten aus der Zeit des Nationalsozialismus, wie zuletzt in dem Film "Plan A" über die Rache eines Shoah-Überlebenden. Jetzt kommt "Der Passfälscher", der auf der diesjährigen Berlinale lief, in die Kinos.

Louis Hofmann verkörpert die Hauptrolle

Es ist das Jahr 1942. Der zwanzigjährige Jude Cioma Schönhaus lebt allein in einer großbürgerlichen Wohnung in Berlin. Seine Eltern und seine Großmutter wurden gerade ins KZ nach Majdanek deportiert. Durch seine Anstellung in einem Rüstungsbetrieb entkommt Cioma diesem Schicksal zunächst. Doch er lebt in ständiger Bedrohung vor den Nachbarn, der Polizei und der Gestapo. Nebenbei beginnt der junge Grafiker für einen Passfälscher zu arbeiten.   

Schon bald fälscht er neue Pässe, die vielen Juden das Leben retten und ihn mit wertvollen Lebensmittelmarken versorgen. Aber Cioma - gespielt von Louis Hofmann, der auch aus der Netflix-Serie "Dark" bekannt ist - versteckt sich nicht. Zusammen mit seinem Freund Det geht er in Cafés und Tanzlokale. Dabei verkleidet er sich als Marineoffizier. Die zerschossene Uniform war beim Schneider Det liegengeblieben und stammte ursprünglich von einem Offizier, der wieder in den Krieg zurück musste und dafür eine Ersatzuniform bekam.

Regisseurin Maggie Peren inszeniert spannungsreich

Der Film basiert auf der authentischen Geschichte von Cioma Schönhaus, die dieser 2004 noch in seinen Lebenserinnerungen niedergeschrieben hat. Etwa 7000 Juden sollen während der Nazizeit in Berlin heimlich untergetaucht sein, von denen nur ein Viertel überlebte. Cioma aber lebt nicht im Untergrund, sondern stolziert in Marineuniform durch die Stadt und lässt sich im Restaurant als Kriegsheld feiern und die Mahlzeiten spendieren.  

Regisseurin Maggie Peren lässt sich alle Zeit für die oft kammerspielartigen Szenen, die filigrane Arbeit an den Pässen, die Bespitzelungen der strengen Nachbarin und die bedrohlichen Kontrollen der Polizei. Dabei verliert der Film nie an Spannung, etwa wenn Cioma im letzten Moment durch einen Fliegeralarm seiner Verhaftung entkommt, oder indem er sich mit viel Chuzpe als Nazi ausgibt. Im nächsten Moment setzt er gleich wieder sein Jungenlächeln auf und schwadroniert beim Tanzen über das Offiziersleben.

Der Passfälscher: frischer und berührender Film

Der Film kommt ganz ohne Aufmärsche, Hakenkreuzfahnen und ohne Gräueltaten aus. Dieser Cioma Schönhaus erscheint nicht als Opfer, sondern als junger Held, als jüdischer Felix Krull, der den Nazis frech ein Schnippchen schlägt. Das wirkt erstaunlich heiter, ohne die nationalsozialistischen Schrecken zu verharmlosen. Denn gerade so gelingt ein entlarvender Blick auf den damaligen Alltag. "Der Passfälscher" ist ein frischer und berührender Film über Nazideutschland.

 

Weitere Informationen
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"Der Passfälscher"

Genre:
Drama
Produktionsjahr:
2022
Produktionsland:
Deutschland | Luxemburg
Zusatzinfo:
Mit Louis Hofmann, Jonathan Berlin, Luna Wedler, Nina Gummich, André Jung, Marc Limpach u.v.a.
Regie:
Maggie Peren
Länge:
117 Minuten
FSK:
ab 6 Jahre
Kinostart:
ab 13. Oktober

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Kultur | 10.10.2022 | 07:55 Uhr

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