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AUDIO: Wie wird die Filmförderung reformiert? Gespräch mit Christian Berndt (7 Min)

Wie wird die Filmförderung reformiert? Gespräch mit Christian Berndt

Stand: 04.01.2024 17:12 Uhr

Das aktuelle Filmförderungsgesetz läuft Ende 2024 aus. Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) will die Filmförderung reformieren. In einem Brief an Roth haben acht Filmverbände ihre Forderungen zusammengestellt. Filmexperte Christian Berndt ordnet die Debattenvorschläge ein.

von Philipp Cavert

Im Frühjahr 2023 kündigte Claudia Roth an, eine Reform der Filmförderung auf den Weg zu bringen. Denn das aktuelle Filmförderungsgesetz läuft Ende 2024 aus. Doch bislang gibt es kaum konkrete Pläne, lediglich ein Eckpunktepapier. Acht Filmverbände haben nun einen Plan zur Reform der Filmförderung vorgelegt.

Das aktuelle Filmförderungsgesetz läuft Ende des Jahres aus. Schon im Februar letzten Jahres hatte Claudia Roth Vorschläge für die Zukunft des deutschen Films unterbreitet. Ist seitdem etwas Konkretes passiert?

Christian Berndt: Nach Meinung der Filmbranche viel zu wenig. Da wartet man schon lange auf Vorschläge aus dem Haus von Claudia Roth. Sie hatte bereits im Februar 2022 auf der Berlinale eine große Filmförderungsreform angekündigt - dann passierte lange nichts. Man sagte schon, Claudia Roth verschlampert die Reform. Dann kam sie letztes Jahr mit den Eckpunkten. Seitdem wartet man in der Filmbranche. So ist wohl dieser Brief zu verstehen, denn Ende Januar soll ein erster Entwurf aus dem Haus von Claudia Roth vorgelegt werden. Da wollte man wohl ein bisschen Druck machen.

Was genau steht drin, in diesem Brief der Produzentenverbände?

Berndt: Das ist eine lange Liste. Zentraler Punkt ist, dass man einen ganzheitlichen Ansatz will - also ein Förderungsmodell auf Bundesebene, bei dem Verleih, Kino und Produktionen zusammengedacht werden. Das Ziel ist, mehr Kinotickets für den deutschen Film zu verkaufen. Man will das Augenmerk auch auf die Kinos und den Verleih richten und nicht nur auf die Produktion setzen. Wenn die Filmförderung auf die Produktion deutscher Filme und Serien setzt, nützt das am Ende nicht unbedingt dem Kino, wenn dann einfach nur mehr Serien gedreht werden.

Einer der wichtigsten Punkte ist das steuerliche Anreizmodell. Das gibt es bereits in anderen europäischen Ländern und das hat Claudia Roth im Prinzip auch schon geplant. Man will in dem sogenannten Brandbrief auch Steueranreizmodelle für Kinos und die Verleiher ausweiten, weil die Verleihe für die Präsenz des deutschen Films sehr wichtig sind. Werbung gehört dazu, auch für den Weltvertrieb, um international die deutschen Filme besser in die Sichtbarkeit zu rücken.

Es hat sich gezeigt, dass Kinos, wenn sie saniert werden, ein Drittel mehr Publikum nach den Renovierungsarbeiten haben. Das ist nicht unwichtig. Insgesamt ist das ein Bedarf der Anreizförderung von 284 Millionen. Bisher waren es 190 Millionen, die dafür veranschlagt waren. Das ist einiges, was man haben will. Ob das so kommt, weiß man nicht. Aber immerhin: Es ist schon mal ein Konzept vorgestellt. Was natürlich auch drin ist - das hat Claudia Roth auch schon angekündigt: eine Investitionspflicht für Streamer. Die wird wahrscheinlich auch kommen.

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Filmproduktionen sind ein starker Wirtschaftsfaktor sind. Steueranreize sind wichtig - auch für große Hollywood-Produktionen: Damit die hierzulande produzieren. Und nicht zum Beispiel nach Tschechien gehen - wie es im Fall von "Im Westen nichts Neues" gewesen ist?

Berndt: Ja, das ist auch ein wichtiger Teil davon. Das war auch das Argument von Claudia Roth. Als sie die Eckpunkte verkündete, hat sie gesagt, dass "Im Westen nichts Neues" fast komplett in Tschechien gedreht wurde und nicht in Deutschland. Das ist natürlich schon problematisch. Vor allen Dingen ist das auch ein Film, der völlig außerhalb des deutschen Fördersystems gedreht wurde.

Letztes Jahr hatte Babelsberg keine einzige internationale Produktion. Das ist auch etwas, was in diesem Plan der acht Filmverbände vorkommt. Man will den Produktionsstandort Deutschland stärken. Mit den Milliardenbeiträgen, die der deutsche Film insgesamt leistet, ist das auch ein Faktor für die deutsche Wirtschaft. Das steht da natürlich auch, weil man bei den finanziellen Forderungen, die man erhebt, sagen will: Wir tun auch was für den Wirtschaftsstandort Deutschland.

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Hat Claudia Roth bereits auf diesen Brief reagiert?

Berndt: Ja, die "SZ" hat bei Claudia Roth angefragt und sie hat gesagt: Das sind Forderungen, die ganz in unserem Sinne sind. Ihre Forderungen, ihre Vorschläge, ihre Ideen liegen gar nicht weit auseinander von diesen Punkten der acht Filmverbände. Es sind wirklich Punkte drin, die Claudia Roth schon angekündigt hatte. Man war auch in der Branche nicht ganz glücklich über die Meldung in der "FAZ", die das überschrieben hatte mit "Brandbrief", weil man das nicht als Gegenentwurf zu Claudia Roths Ministerium versteht. Man will eigentlich die Vorschläge, die bisher geäußert wurden, erweitern. Insofern geht es da eher um Zusammenarbeit. Diese Konfrontation, die durch den Titel "Brandbrief" aufgebracht wurde, ist eigentlich gar nicht im Sinne der Kino- und Filmbranche.

Was bedeutet Filmförderung für mich als Kinogänger? Mehr Filme? Es gibt jetzt schon eine ganze Flut von Filmen. Ich glaube 550 ungefähr waren es in Deutschland allein im vorvergangenen Jahr.

Berndt: Das ist ein Punkt, der in diesem Papier der acht Filmverbände fehlt. Das ist eine wichtige Frage. Es gibt viel zu viele Filme, die ins Kino kommen, aber die mit Sicherheit kein Publikum finden - vom Dokumentarfilm bis zu sehr speziellen Thematiken. Das ist der Filmbranche durchaus bewusst. Darüber spricht man auch schon lange. Man will bei der Finanzierung der deutschen Filme eher eine Förderung, die das Geld auf bestimmte ambitionierte Filmprojekte verteilt - nicht mehr nach dem Gießkannenprinzip. Das wird auch Teil der Reform sein, dass man die Filmförderung vereinfacht. Das hat Claudia Roth auch schon angekündigt. Der deutsche Film soll insgesamt seine Kreativität stärker ausspielen. Es kommt nicht mehr alles ins Kino, was finanziert worden ist.

Was erwarten Sie als Branchen-Insider vom neuen Filmförderungsgesetz? Wird es echte Neuheiten geben? Oder bleibt alles doch mehr oder weniger beim Alten?

Berndt: Auf keinen Fall bleibt alles beim Alten, weil es viel zu sichtbar ist, dass im deutschen Film zu viel im Argen liegt - in der Filmproduktion als auch in der Kreativität. Die internationale Ausstrahlungskraft des deutschen Films lässt trotz dieser - im Jahr immerhin 600 Millionen - Fördermitteln, zu wünschen übrig. Die Subventionen sind hoch, aber der Ertrag ist zu niedrig. Dieses steuerliche Anreizmodell, die Investitionspflicht für Streamer und so weiter waren alles schon länger geplant. Das wird auch kommen.

Ich denke, dass allen bewusst ist, dass da nicht nur kleine Stellschrauben gedreht werden sollten, sondern dass es einer großen Reform bedarf. Die Pläne, die von den acht Filmverbänden vorgestellt worden sind, werden die Debatten um das Filmförderungsgesetz nicht leichter machen. Da wird vieles finanziell nicht durchsetzbar sein, gerade in Zeiten klammer Kassen. Auch die Filmproduktion steckt wirtschaftlich nach diesen Boomjahren in der Pandemie in der Krise. Da wird noch sehr viel debattiert werden. Was am Ende dabei rauskommt, ist noch sehr fraglich. Aber dass es anders aussehen wird als bisher, da kann man sicher davon ausgehen.

Das Gespräch führte Philipp Cavert.

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NDR Kultur | Journal | 04.01.2024 | 17:15 Uhr

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