Staatsoper Hannover: Otello als Kriegsheimkehrer
Die Staatsoper Hannover schickt am Wochenende Otello auf die Bühne. Regisseur Immo Karaman beschäftigt sich in seiner Inszenierung mit dem Thema "traumatisierte Kriegsheimkehrer".
Die Bühne in der Staatsoper Hannover ist eine karge Stube. Links ein bulliger Kühlschrank, rechts ein Feldlager auf dem Boden, durch eine herabgelassene Jalousie fällt fahles Licht von der Seite. Feldherr Otello ist aus dem Krieg zurück. Doch dieser Sieger strahlt nicht, trägt nicht stolz seine Uniform. Als Kriegsveteran im Bademantel wandelt er durch sein Leben - mit wirrem Haar und stierem Blick.
Der vergebliche Versuch einer Resozialisierung ist für Regisseur Immo Karaman das Hauptthema der Oper: "Ich glaube, dass wir die Verantwortung verkennen, die wir als Gesellschaft tragen für Menschen, die wir zum Krieg ausbilden, in den Krieg entsenden und dann erwarten und erhoffen, dass diese Menschen - als ob nichts geschehen sei - quasi wieder eingegliedert werden können. Wir wissen das heute psychologisch zu benennen, wir haben eben den Begriff der posttraumatischen Belastungsstörung da gefunden. Aber das Bewusstsein - auch das gesellschaftliche - und das Verständnis für diese Menschen, das scheint mir heute noch zu fehlen"
Zögern beim Otello-Hauptdarsteller Martin Muehle
Otellos Vertrauen in die Menschen hat durch den Krieg stark gelitten. Seiner eigenen Frau Desdemona unterstellt er, einen anderen zu lieben. Am Ende führt es beide in die Katastrophe. Für Martin Muehle, der den Otello singt, kennzeichnet die Figur zudem eine gewisse Fragilität.
Lange habe er gezögert, die Rolle zu übernehmen, sagt der deutsch-brasilianische Tenor, zu dessen Repertoire Rollen wie der Don José in Carmen oder der Chevalier Renato des Grieux in Manon Lescaut gehören: "Es ist nicht eine Rolle, die man so zwischendurch oder nebenbei oder am Anfang einer Karriere singt. Das ist eine Rolle, die viel Reife braucht, aber es ist keine Rolle, die man am Ende von seiner Karriere singen darf, denn stimmlich wird sehr viel verlangt. Die ganze Partie ist eine große Herausforderung. Aber die Musik ist so unglaublich schön."
Otello ist mehr als ein Außenseiter
Otello ist Liebender und Traumatisierter zugleich. Der Schweizer Bühnenbildner Etienne Pluss zeigt diese Vielschichtigkeit, indem er den Raum durch mehrere, hintereinander liegende Abschnitte verlängert: Während vorn das intrigante Spiel eines Militärangehörigen tobt und hinten Inselbewohner stehen, kauert am Rand in der Mitte Otello.
In der Vorlage von Shakespeare symbolisiert die dunkle Hautfarbe Otellos den Außenseiter. Für Regisseur Immo Karaman gibt es für diese Zuschreibung andere Gründe: "Dieses Thema: 'Wie erschafft Krieg eigentlich seine eigenen Außenseiter?', das war für mich eigentlich erst mal der schlüssigste Zugang, unabhängig von jeder Hautfarbe. Ich glaube, diese Inszenierung kann jetzt im Grunde genommen wirklich jeder Sänger, der die Höhe hat für diese Partie, singen, egal, welche Hautfarbe er jetzt mitbringt." Nach Benjamin Brittens "The Turn of the screw" ist es Immo Karamans zweite Arbeit an der Staatsoper Hannover in diesem Jahr - endlich wieder in großer Besetzung.
Staatsoper Hannover: Otello als Kriegsheimkehrer
Regisseur Immo Karaman beschäftigt sich in seiner Otello-Inszenierung an der Staatsoper Hannover mit dem Thema "traumatisierte Kriegsheimkehrer".
- Datum:
- Ende:
- Ort:
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Staatsoper Hannover
Opernplatz 1
30159 Hannover - Preis:
- Ab 21 Euro
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Oper
