An einer Hauswand in der Hamburger Osterstraße findet sich Kunst von verschiedenen Street-Art-Künstlern. © NDR/Katharina Preuth Foto: Katharina Preuth

Hamburger Streetart: fraujules* Sprüche-Teller

Stand: 13.06.2024 06:00 Uhr

Ihre Kunst klebt die Hamburgerin an Häuserfassaden - vor allem in den Stadtteilen Eimsbüttel und St. Pauli. Auf den Tellern der Hamburger Streetart-Künstlerin fraujule* geht es häufig um Liebe.

von Katharina Preuth

Bei einem Spaziergang durch die Hamburger Viertel St. Pauli oder Eimsbüttel fällt dem aufmerksamen Beobachter eine ganze Menge Kunst ins Auge. Streetart überall - an Fassaden, Straßenlaternen, Ampeln oder Hauseingängen. Darunter finden sich auch Porzellan-Teller mit Botschaften: "Liebe ist ein Tuwort" ist dabei eine beliebte Message der Hamburger Künstlerin fraujule*. "Durch die Witterung platzt manchmal die Schrift auf", erklärt sie bei einem Rundgang durch Eimsbüttel und zeigt dabei auf einen Teller, der auf einer roten Backsteinmauer klebt. Entweder setzt das Wetter ihrer Kunst zu oder es sind Menschen, die ihre Teller beschädigen. "Das passiert vor allem, wenn versucht wird, die Teller zu klauen, vermute ich. Sie hängen sehr fest", erklärt sie.

fraujule* geht ausschließlich nachts kleben

Ein Teller hängt an einer Wand, auf dem steht: "Liebe ist ein Tuwort" © NDR/Katharina Preuth Foto: Katharina Preuth
Witterungsbedingt kann schon mal die Schrift von den Tellern platzen.

Was Details zu ihrer Person betrifft, hält sie sich sehr bedeckt. Das hängt zu einem damit zusammen, dass ihre Streetart per Gesetz als Vandalismus definiert wird und es Geldstrafen geben könnte, sollte sie erwischt werden. Ein Grund, warum sie ausschließlich nachts kleben geht. Aber viel wichtiger für sie ist, dass die Kunst im Vordergrund stehen soll und nicht der kunstschaffende Mensch. Somit werde dem Betrachtenden ein viel breiteres Spektrum zur Interpretation eröffnet, erklärt fraujule*.

"Meine Botschaft ist Liebe"

Drei Teller der Künstlerin fraujule* liegen auf einem Tisch © Katharina Preuth Foto: Katharina Preuth
Die Teller von fraujule* können auch sehr politisch sein.

Was wir verraten dürfen: Sie ist um die 40 Jahre alt und hängt seit 2019 ihre Teller auf. Das Porzellan, das sie verziert, hat sie aus Tauschläden oder Haushaltsauflösungen. Irgendwann stapelte sich das Porzellan in ihrer Wohnung und sie brauchte eine Verwendung dafür. So kam sie auf die Idee, die Stadt mit ihren Tellern zu dekorieren. Das ist seitdem ihre Leidenschaft - verbunden mit einer Aussage. "Meine Botschaft ist Liebe - aber universell. Lass uns freundlich miteinander umgehen, nachsichtig sein, füreinander da sein - und das verbunden mit einer politischen Message", sagt die Künstlerin.

Politische Kunst in Hamburgs Straßen

Die Künstlerin fraujule* mit einem zerstörten Teller, auf dem "fight like a girl" steht. © Katharina Preuth Foto: Katharina Preuth
Gelegentlich werden die Teller auch geklaut oder beschädigt.

Die Kunstszene, in der sie sich bewegt, sei schon vom Grundgedanken her politisch, erklärt fraujule*: "Die Frage ist, wem gehört die Stadt? Denjenigen, die die Immobilien besitzen oder denjenigen, die darin wohnen und damit tagtäglich umgehen müssen. Jede Streetart ist politisch. Wir eignen uns den Raum an, wir gestalten ihn, wie wir ihn schön finden."

An einigen Orten in Hamburg tummelt sich Streetart mehr als an anderen. In St. Pauli finden sich die großen Namen der Stadt, wie Neil, Satisfied Guy, Marambolage oder Maens. Aber auch an anderen Stellen in der Stadt gibt es viel Kunst auf der Straße. In der Osterstraße zum Beispiel gibt es dieses Geschäft, in dem unter anderem Kinderkleidung verkauft wird. Das Schaufenster ist umrahmt mit Kunst, darunter auch fraujule*s Teller.

fraujule*s Teller sind - meistens - nicht verkäuflich

Ein Teller von fraujule* wurde von den Hausbesitzern eingemauert. © NDR/Katharina Preuth Foto: Katharina Preuth
Ein Teller von fraujule* wurde von den Hausbesitzern eingemauert.

In der Nähe, an einer anderen Stelle in Eimsbüttel hat die Künstlerin einen ihrer kleineren Teller angeklebt. Irgendwann haben die Hausbesitzer, die Fassaden neu verputzt. Statt dabei aber den Teller zu entfernen, haben sie ihn in die neue Fassade integriert, sodass er dort erstmal nicht geklaut oder beschädigt werden kann. "Das freut mich natürlich sehr", erklärt die Künstlerin.

Ihre Teller verkauft sie nur zu sehr seltenen Gelegenheiten und meistens geht ein Teil des Erlöses an einen guten Zweck, wie bei der Ausstellung im Teehaus in Planten un Blomen, die gerade stattgefunden hat. Dafür kann jeder Hamburg Spaziergänger fraujule*s Kunst entdecken und das ganz ohne dafür Eintritt zu bezahlen. Das einzige was es braucht, ist mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen - und ein kleines bisschen Glück.

 

Weitere Informationen
Ein schwarz-weiß-Bild einer Frau auf eine Wand gemalt © penguin randomhouse Verlagsgruppe

"Street Art is Female": Gegen die Unsichtbarkeit

Street Art gilt häufig als männlich dominiertes Genre. Der Bildband "Street Art is Female" zeigt die Werke von 24 Künstlerinnen. mehr

Graffiti an Häuserwand in Reykjavik © Mathias Heller/NDR.de Foto: Mathias Heller

Streetart in Island: Große Kunst auf kleinem Raum

Island hat nicht nur eine lebendige Musikszene, auch künstlerisch ist einiges geboten. Besonders an den Hauswänden und in den Straßen Reykjaviks gibt es jede Menge Kunst zu entdecken. mehr

In Bronze gegossener Hundekot. © Screenshot
2 Min

"Bremer Banksy" verteilt Hundehaufen aus Bronze in der Stadt

Die Aktion hat der Künstler in Walle gestartet. Zehn Haufen will er verstecken. Wer sie findet, darf sie behalten. 2 Min

. © Screenshot
3 Min

Auf Bildersuche in Mümmelmannsberg

Wohnungsunternehmen haben Street-Art-Künstler eingeladen, ihre Gebäude zu verschönern. Nun entstehen rund 70 neue Kunstwerke. 3 Min

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | 14.04.2024 | 16:20 Uhr

Nahaufnahme von Notenblättern mit lila und roter Beleuchtung. Darauf liegt der Schriftzug "CHOR MUSIK" in großen weißen und rosa Buchstaben. © NDR | istock/getty images

Chormusik - Klangwelten der Vokalmusik entdecken

Tallis Scholars bis Maybebop - Chormusik aus sechs Jahrhunderten von der Renaissance bis zur Gegenwart. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Eine Frau sitzt vor einem Buchregal und hält lächelnd einen Roman von Yoyo Moyes in eine Handykamera © Screenshot

Gefeiert wie Popstars - Influencer bei BookTok

BookToker wie die Wahlhamburgerin Ramona Nemec begeistern mit Buchtipps tausende von Followern. Verlage und Händler haben das Geschäftspotenzial längst erkannt. mehr