Kolumne: "Gehen oder bleiben?"
Die beiden großen Kirchen verzeichnen derzeit einen starken Mitgliederrückgang. Doch es gibt gute Gründe, der Kirche nicht den Rücken zu kehren. Eine persönliche Stellungnahme:
Ich bin einer von mehr als 21 Millionen in Deutschland, denn ich bin katholischer Christ. Ich arbeite sogar für diese Kirche. Als Angestellter im Erzbistum Hamburg mache ich Beiträge für die Radiokirche. Da erzähle ich von "Churches for Future", einem Fahrradkurs für Frauen aus Afghanistan, von der Arbeit der Hilfswerke fast überall auf der Erde oder einem Gottesdienst auf einem Wertstoffhof. Es geschieht sehr viel Gutes in der Kirche.
Privat gehe ich nicht jede Woche, aber doch regelmäßig in den Gottesdienst. Sonntags auf das Wort Gottes zu hören, ist wichtig für mich. Da werde ich zum Beispiel immer wieder erinnert, dass es meine christliche Pflicht ist, mich an irgendeiner Stelle für Arme einzusetzen. Alles gut? Nein, sicher will auch ich, dass sich die Kirche ändert. Ich kenne Männer und Frauen, die in einer für sie und die Mitmenschen guten Weise ehelos leben, halte aber wenig vom Pflichtzölibat. Ich würde gerne die Liebe von homo- wie heterosexuellen Paaren in der Kirche feiern. Ich bin dafür, dass Priester Macht abgeben, und freue mich, wenn ich mal in einem evangelischen Gottesdienst bin und eine Frau predigt.
Erzbistum Hamburg ist in Sachen Prävention gut aufgestellt
Und sicher: Auch ich bin entsetzt über die vielen tausend Verbrechen sexualisierter Gewalt. Wenn ich damit rechnen müsste, dass es bei diesen Verbrechen bis heute eine Kontinuität gäbe, müsste ich sofort austreten. Aber ich sehe, dass die katholische Kirche hier im Erzbistum Hamburg (und nicht nur hier) in Sachen Prävention gut aufgestellt ist. Da könnte sich der Sportverein, in dem ich engagiert bin, was abschauen.
Deshalb kann ich meine Kinder guten Gewissens zu Messdienerstunden, Jugendwochenenden und in den Firmunterricht fahren lassen. Wir als Eltern haben die beiden taufen lassen, weil wir die christlichen Werte teilen, in der Gemeinschaft der Glaubenden Freude und Freunde finden und erfahren haben, dass der Glaube einen auch durch schwere Zeiten tragen kann. Bis zum Ende.
Dienstag habe ich eine Traueranzeige erhalten. Da steht: Er starb in der Hoffnung auf die Auferstehung. Wenn die Kirchen diesen Glauben nicht durch die Jahrtausende getragen hätten, wäre er ohne diesen Trost gestorben. Deshalb heute einen Kreuz des Glaubens.
Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Jeden Donnerstag vergeben die Radiopastoren und Redakteure ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.