Torjubel bei den Fußballerinnen des VfL Wolfsburg © IMAGO / Revierfoto

Wolfsburgs Frauen - Eine Ära endet: Wie geht es weiter?

Stand: 07.06.2021 11:33 Uhr

Neben Trainer Stephan Lerch verlassen wichtige Spielerinnen die erfolgsverwöhnten Fußball-Frauen des VfL Wolfsburg. Der Club steht vor einer Herausforderung, denn der neue Meister Bayern München will eine Wachablösung von Dauer.

von Christian Görtzen

Nun stand sie da, mit der Erinnerung an all die großen Erfolge mit den "Wölfinnen", und wurde darum gebeten, mal ein wenig Rückschau zu halten. Lena Goeßling hätte in jenem Moment über ihre sechs deutschen Meisterschaften mit dem VfL, ihre acht Gewinne des DFB-Pokals und die Triumphe in der Champions-League 2013 und 2014 sprechen können. Doch die 35-Jährige, die am Sonntag beim 8:0 gegen Werder Bremen ihr letztes Spiel für den Club bestritt, richtete ihren Blick lieber auf das große Ganze. "Die Entwicklung im Frauenfußball beim VfL ist cool, ist sehr professionell", sagte sie im Interview mit dem NDR.

2011 war sie vom SC 07 Bad Neuenahr nach Wolfsburg gewechselt. "Ich kann mich erinnern, wie es war, als ich hierhergekommen bin. Da haben wir uns quasi in einer Garage umgezogen, das war unsere Kabine. Jetzt gibt es hier einen eigenen Trakt, in dem wir einen Fitnessbereich haben. Daran sieht man einfach, welche Sprünge es gegeben hat in den vergangenen zehn Jahren", sagte die ehemalige deutsche Nationalspielerin.

Beim VfL Wolfsburg steht eine Zäsur an

Getragen wurde diese Verbesserung der Infrastruktur sicherlich vom sportlichen Erfolg, 16 große Titel heimste der Club in jenem Zeitraum ein. Bleibt nur die Frage, ob es auch so weitergehen wird? Nach einer anstrengenden Saison, in welcher der DFB-Pokal gewonnen, die Meisterschaft als Zweiter hinter Bayern München aber verpasst wurde, steht eine Zäsur an beim erfolgsverwöhnten niedersächsischen Club - eine Ära endet.

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Lena Goeßling vom Frauefußball-Bundesligisten VfL Wolfsburg im Spiel gegen Werder Bremen © IMAGO / Hübner

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Cheftrainer Stephan Lerch verlässt nach insgesamt acht Jahren den Verein Richtung TSG 1899 Hoffenheim, er wird dort die U17-Junioren betreuen. Goeßlings Vertrag wurde nicht verlängert. Sie hat sich noch nicht entschieden, wie es bei ihr weitergeht. Lara Dickenmann und Zsanett Jakabfi haben beide ihre Karriere beendet. Und für Ingrid Engen, Fridolina Rolfö und Friederike Abt, die jeweils nur kurze Zeit bei den "Wölfinnen" waren, war es gegen Bremen ebenfalls ihre Abschiedsvorstellung.

Goeßling: "Wird immer schwieriger, Titel zu gewinnen"

Schon im September hatte Pernille Harder den Verein wenige Tage vor dem Saisonstart in der Bundesliga Richtung FC Chelsea verlassen. "Der Weggang von Spielerinnen, dann viele Verletzungen und die kurze Vorbereitung - das war schon sehr herausfordernd", sagte Lerch dem NDR über die vergangene Saison. Goeßling sieht bei der Titeljagd ohnehin schon längst keinen Automatismus mehr zugunsten des VfL. "Mancher denkt ja, dass Wolfsburg die Titel sowieso holt. Aber es wird immer schwieriger, diese zu gewinnen."

Vor allem, weil der FC Bayern München den Frauenfußball längst als wichtigen Beitrag zur Herausbildung einer großen, umfassenden, erfolgreichen Marke entdeckt hat - ebenso wie den Basketball bei den Männern. Von einer Wachablösung im Frauenfußball will Wolfsburgs Kapitänin Alexandra Popp aber nichts wissen. Das machte sie schon im Schlussspurt der Saison im "sportbuzzer" deutlich." Das habe sie "richtig genervt und auch sauer gemacht", erklärte Popp. Von einer Wachablösung könne man erst sprechen, wenn "die Bayern in den nächsten sieben oder acht Jahren genau die Erfolge erzielt haben, die wir vorweisen können".

Kellermann: "Machen beim Wettrüsten nicht mit"

VfL-Sportchef Ralf Kellermann sieht das ähnlich. Der VfL Wolfsburg habe "in den vergangenen Jahren vom Pokal bis zur Champions League konstant nationale Titel geholt und international darum gespielt", sagte der 52-Jährige und ergänzte: "Wir wissen genau, dass der FC Bayern seit Jahren aufrüstet und große Ziele hat. Es ist gut für den Frauenfußball, wenn man sich in München vornimmt, Wolfsburg als Seriensieger abzulösen."

Der FC Bayern habe national und international beste Voraussetzungen bei Infrastruktur und Finanzen. "Wir machen beim internationalen Wettrüsten nicht mit und gehen einen anderen Weg, der zu uns passt", sagte Kellermann auch mit Blick auf die Clubs in England und Spanien.

Drei neue niederländische Spielerinnen

Der VfL-Kader für die kommende Saison steht bereits, sechs neue Spielerinnen wurden verpflichtet. Neben den beiden Hoffenheimerinnen Tabea Waßmuth und Lena Lattwein sowie Sandra Starke (SC Freiburg) setzt der Club unter dem neuen niederländischen Trainer Tommy Stroot stark auf die Karte "Oranje". In Lynn Wilms (Twente Enscheide), Joelle Smits (PSV Eindhoven) und Jill Roord (FC Arsenal) kommen gleich drei niederländische Nationalspielerinnen. Auch mit dem neuen Team sollten die "Wölfinnen" in der kommenden Saison - trotz großer Konkurrenz - im Wettstreit um den Gewinn von Trophäen wieder ein gewichtiges Wort mitsprechen können.

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Wolfsburgs Spielerinnen bejubeln den Sieg im DFB-Pokal. © IMAGO / Mika Volkmann

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Sport aktuell | 06.06.2021 | 16:25 Uhr

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