Datenanalyse: So kann Braunschweig im Derby bei Hannover 96 bestehen

Stand: 02.11.2023 10:45 Uhr

Wenn Hannover am Sonntag Braunschweig zum Niedersachsenderby in der 2. Liga empfängt, ist 96 klarer Favorit. Die kriselnde Eintracht aber kann aus dem jüngsten Duell sowie dem bisher einzigen Saisonsieg Hoffnung schöpfen. Die Datenanalyse vor dem Derby zeigt, wo die 96-Stärken liegen und die "Löwen" ansetzen können.

von Tobias Knaack

"Ich glaube, dass man mit so einem Spiel einen Turnaround einleiten kann", sagte Trainer Michael Schiele am 19. März dieses Jahres. Seine Eintracht hatte gerade in letzter Minute das Derby gegen Hannover mit 1:0 gewonnen und im Abstiegskampf neue Hoffnung geschöpft. Und in der Tat: In den folgenden drei Partien holten die "Löwen" sieben weitere Zähler - der Derbysieg als Boost und Basis für den späteren Ligaverbleib.

Eintracht muss gegen 96 den Turnaround schaffen

Rund sieben Monate später brauchen die Braunschweiger erneut einen Turnaround. Schiele und auch sein Nachfolger Jens Härtel sind bei der Eintracht längst Geschichte, die Lage vor dem Niedersachsenderby gegen Hannover 96 am Sonntag (13.30 Uhr, im NDR Livecenter) aber ist fast noch prekärer als im Frühjahr: Mit fünf Punkten und nur einem Sieg aus elf Spielen steht das Team aktuell am Ende der Zweitliga-Tabelle - mit bereits fünf Zählern Rückstand auf den Relegationsrang und sieben auf einen Nichtabstiegsplatz.

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Wer gewinnt das Derby zwischen Hannover und Braunschweig?

"Vielleicht kommt so ein Derby gerade recht. Das ist dann noch einmal ein anderes Spiel, eine andere Vorbereitung", sagte Marc Pfitzner, Schieles Nach-Nachfolger, der nach Härtels Entlassung interimsweise übernommen hat, nach dem desillusionierenden 1:4 seines Teams gegen Düsseldorf.

Lehren aus den jüngsten Derbys ziehen

Wie aber soll diese Vorbereitung aussehen gegen einen Gegner, der am anderen Ende der Tabelle die Aufstiegsplätze im Blick hat und - anders als im März - nicht selbst mit einer Sieglos-Serie im Gepäck antritt?

Da wäre unter anderem eine Rückbesinnung auf die vergangene Saison, als die Eintracht beide Partien gegen 96 den GSN-Daten nach in fast allen entscheidenden Parametern mindestens ausgeglichen gestalten, beim Erfolg in der Rückrunde sogar klar dominieren konnte.

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Neben einer ausgeprägten Zweikampfstärke war hier vor allem die hohe Zahl der Abschlüsse des BTSV auffällig - eine Formel, die übrigens auch beim bisher einzigen Dreier in dieser Spielzeit gegen Schalke 04 zum Erfolg geführt hat.

Braunschweigs Probleme bei Abschlüssen und Ballsicherheit

Trotz der guten Leistung gegen die "Königsblauen": In weiten Teilen der bisherigen Saison liegt bei den Abschlüssen eines der Kernprobleme der Braunschweiger. Auf durchschnittlich sieben Schüsse im gegnerischen Sechzehner kommen die "Löwen", nur zwei davon finden überhaupt den Weg auf das Tor. Hinzu kommt, dass die durchschnittliche Entfernung der Torabschlüsse bei fast 17 Metern liegt. Alles Werte eines Abstiegskandidaten.

Nur sieben Saisontreffer sind das bittere Zeugnis einer zu geringen Effizienz, vor allem aber davon, dass die Eintracht sich zu selten überhaupt in gute Abschlusspositionen bringt - auch weil die Passquoten schlecht sind.

So liegt die durchschnittliche Passlänge der Eintracht bei knapp 21,5 Metern - die zweitlängsten der Liga. Die Schwierigkeit daran: Je länger die Pässe, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass diese ankommen. Kein Wunder, dass die Braunschweiger im Ligavergleich nur wenige Ballbesitzphasen haben, aus denen heraus sie Tore erzielen könnten.

Die mauen Werte resultieren auch aus einer zu geringen Ballsicherheit der Eintracht im Mittelfeld. Kapitän Jannis Nikolaou - Held des jüngsten Derbys -, Sebastian Griesbeck und Robin Krauße verlieren in der Zentrale zu viele Bälle - 33 pro Partie, der viertschlechteste Wert der Liga.

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Hannovers Stärke im Zentrum

Daraus erwächst vor dem Derby aus BTSV-Sicht ein Problem in doppelter Hinsicht. Denn die Mitte des Spielfelds ist genau die Zone, in der Hannover seine Stärken besitzt - und viele hohe Ballgewinne hat. Im Zentrum gelingen den "Roten" mit 38 Balleroberungen pro Partie so viele wie keinem anderen Team der Liga; in der gegnerischen Hälfte sind es 30 (Platz zwei).

Über die Achse Torwart Ron-Robert Zieler - Verteidiger Phil Neumann - Mittelfeldstratege Enzo Leopold - Stürmer Harvard Nielsen, die Spitzenwerte auf ihren jeweiligen Positionen erzielen, kombinieren sich die "Roten" gerne durch.

Der Faktor Halstenberg im 96-Spiel

Oder sie wählen den Weg über Marcel Halstenberg, der als Innenverteidiger mit seinen Pässen aus dem Abwehrzentrum heraus immer wieder Linien überspielt oder den Ball mit langen Schlägen direkt in den Sechzehner des Gegners bringt. Der ehemalige Nationalspieler verleiht dem 96-Spiel damit einerseits Struktur und andererseits eine zusätzliche Dimension.

Wenig überraschend daher, dass keine Mannschaft der Liga so häufig aus der Mitte heraus trifft wie 96. Dabei geht das sowohl über schnelles Konterspiel - bei Treffern aus Gegenangriffen liegt das Team von Trainer Stefan Leitl auf Rang drei -, als auch über längere Ballbesitzphasen: Die 33 Sekunden, die ein Angriff durchschnittlich dauert, bis er zum Torerfolg führt, sind ligaweit Platz zwei - und sprechen für die Hannoveraner Ballsicherheit.

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Systemumstellung könnte Braunschweig helfen

Die "Roten" agieren unter Leitl meist in einem 3-4-3-System, Braunschweig entweder in einem 4-2-3-1 oder einem 3-4-1-2. Mit Blick auf die Stärken Hannovers - und zur eigenen Stabilisierung und defensiven Sicherheit - könnte Braunschweigs Interimscoach Pfitzner auf ein 4-4-2 oder ein 4-5-1 umschwenken.

Das könnte helfen, das Mittelfeld zu dominieren, die eigene Abwehr gegen die drei 96-Stürmer Cedric Teuchert, Louis Schaub und Nielsen zu stärken und deren Räume einzuengen sowie nach vorne auf den Außenbahnen die sich bietenden Räume hinter der Mittelfeldreihe zu nutzen. Bei aller offensiver Geschwindigkeit bietet insbesondere Hannovers linke Seite mit Derrick Köhn und Bright Akwo Arrey-Mbi Angriffsfläche.

Um den Spielaufbau von 96 über Neumann und insbesondere Halstenberg zu stören, könnte zudem ein tiefer spielender Stürmer im Zentrum ein Ansatzpunkt für die Eintracht sein.

Alles reine Kopfsache?

Neben den taktischen Winkelzügen wird sich im Niedersachsenderby auf beiden Seiten viel in den Köpfen abspielen. Dort hatte Leitl das Hauptproblem für die jüngste Derby-Pleite seiner Elf ausgemacht: "Ich hätte mir gewünscht, dass sich mehr Spieler in eine mentale Verfassung bringen, um dieses Spiel anzunehmen", hatte der der 96-Coach nach der 0:1-Niederlage im vergangenen März gesagt und noch einen draufgesetzt: "Mit vier Spielern wird es in der Zweiten Bundesliga schwierig, ein Spiel zu gewinnen."

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