Nach Schwartz-Aus: Hansa Rostock auf der Suche nach "Mr. Perfect"

Stand: 14.12.2023 19:05 Uhr

Die Ära von Coach Alois Schwartz beim Fußball-Zweitligisten FC Hansa Rostock ist nach lediglich 27 Pflichtspielen zu Ende, obwohl sein Vertrag erst im Sommer bis 2025 verlängert worden war. Eine Kurzschlussreaktion war die Entlassung des beim Team beliebten Trainers jedoch nicht. Denn so gut Schwartz als "Feuerwehrmann" funktioniert hatte, so schwer tat er sich damit, die Mannschaft weiterzuentwickeln.

Mächtig angefressen war "Alu", wie der 56-Jährige eigentlich überall gerufen wird, nach dem Heimspiel am vergangenen Sonntag gegen den FC Schalke 04. Wieder einmal richtete sich der Zorn des Übungsleiters nach der 0:2-Pleite gegen den Videoassistenten. Denn auf Hinweis aus dem Kölner Keller hatte Schiedsrichter Nicolas Winter Angreifer Junior Brumado wegen groben Foulspiels die Rote Karte gezeigt.

Eine Woche zuvor war Hansa in der Partie beim Karlsruher SC (2:2) der Treffer zum vermeintlichen 3:1 aberkannt worden, weil Vorlagengeber Svante Ingelsson vor seinem Pass auf Brumado ein Foul begangen haben soll.

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Trainer Alois Schwartz vom FC Hansa Rostock © IMAGO / Fotostand

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Schwartz wetterte jeweils gegen den VAR und suchte damit zumindest indirekt die Schuld an der Niederlage (Schalke) und dem Punktverlust (KSC) auch bei ihm. Zur Wahrheit gehörte aber eben auch - und das fiel in den Verantwortungsbereich des Coaches -, dass die Rostocker gegen erschreckend schwache Karlsruher eine 2:0-Führung leichtfertig herschenkten und gegen ebenfalls keinesfalls überragende Gelsenkirchener keine einzige Torchance in 90 Minuten besaßen.

Und überhaupt sprechen nur 17 erzielte Treffer nach 16 Partien eine deutliche Sprache: Hansa fehlte es unter dem nun entlassenen Trainer fußballerisch an Lösungsansätzen. Nach dem guten Saisonstart mit neun Punkten aus vier Spielen war keine spielerische Entwicklung mehr zu sehen. Die danach noch folgenden beiden Siege gegen Eintracht Braunschweig (1:0) und beim 1. FC Magdeburg (2:1) fielen in die Rubrik "glücklich".

Schwartz-Entlassung für Verantwortliche wohl alternativlos

Obwohl Schmalhans bei Hansa seit vielen Wochen Küchenmeister ist, wäre es Schwartz ob seines Erfahrungsschatzes natürlich zuzutrauen gewesen, die Mannschaft dennoch erneut zum Klassenerhalt zu führen. Das Band zwischen dem Trainer und dem Team soll eng gewesen sein. Vorstandschef Robert Marien erklärte, dass Schwartz eine "intakte Mannschaft" hinterlassen habe.

Dennoch war die Demission des 56-Jährigen für ihn, den Aufsichtsrat und Sportdirektor Kristian Walter alternativlos. Marien begründete diesen Schritt damit, dass die Versetzung, sprich: der Klassenerhalt, "gefährdet" sei.

So weit, so nachvollziehbar. Bei ihrer Entscheidung, Schwartz den Laufpass zu geben, hatten die Clubverantwortlichen aber nicht nur das kurzfristige Ziel Ligaverbleib im Blick, sondern fällten sie auch mit Blick auf die mittelfristige Zukunft des Vereins.

Hansa sucht "fleißigen und bodenständigen Menschen"

Auch wenn das weder Marien noch Walter bei der Pressekonferenz am Mittwoch so artikulierten, war es insbesondere aus den Statements den Sportdirektors deutlich herauszuhören. "Wir wollen einen Fußball und eine Trainingsarbeit sehen, die rau wie die Küste ist. Und wir wollen auch zu einer Entwicklung von Talenten kommen, immer mehr Schritte gehen, ohne uns dabei selbst zu überholen", sagte der 39-Jährige. Es gehe um "Entwicklungsfähigkeit, aktiven Fußball sowie gute Vorbereitung auf alle möglichen Spielphasen", ergänzte der Manager.

Vom neuen Coach wird also nicht weniger erwartet, als die Mannschaft weiterzuentwickeln und perspektivisch Spieler aus der eigenen Nachwuchsabteilung ins Profiteam zu integrieren. Hansa habe ein klares Anforderungsprofil an einen Schwartz-Nachfolger. Walter sprach diesbezüglich zunächst etwas kryptisch von "Soft Skills und Hard Skills", um dann etwas konkreter zu formulieren: "Wir wollen einen fleißigen, bodenständigen Menschen, der auch die Werte von Hansa Rostock verkörpert."

Schwartz und Walter wie Feuer und Wasser?

Nun beteuerten sowohl Marien als auch Walter noch einmal nachdrücklich, wie sehr sich Schwartz in seiner kurzen Amtszeit für den Verein aufgerieben und sich mit Hansa identifiziert habe. Dass dem 56-Jährige die Zukunftsgestaltung dennoch nicht zugetraut wurde, lag wohl auch an seinem unterkühlten Verhältnis zum Sportdirektor.

"Für mich persönlich, aber auch in der aktuellen Situation, ist es wichtig, dass alle im Club vom gemeinsamen Weg überzeugt sind. Wenn das gegenseitige Vertrauen schwindet, ist es besser, sich an einen Tisch zu setzen und eine Lösung zu finden. Denn am Ende geht es nicht um persönliche Eitelkeiten, sondern um Hansa Rostock", schrieb der Trainer in einem auf der Hansa-Website veröffentlichten Statement.

Auch wenn er keine Namen nannte, dürfte er damit insbesondere Walter angesprochen haben. Dass der Coach und Sportdirektor nicht viel mehr als eine Zweckgemeinschaft mit unterschiedlichen Ansichten bildeten, war an der Ostsee seit Wochen ein offenes Geheimnis.

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Sportdirektor ist auf Trainerwechsel vorbereitet

"Wir haben versucht, uns über die Wochen bis heute offen und ehrlich zu nähern. Dass das nicht vom ersten Tag an funktioniert, ist, glaube ich, sehr normal, wenn man so ganz neu aufeinandertrifft. Ich kannte den 'Alu' maximal vom Hallo sagen. Ich empfand das Verhältnis immer als zielführend", erklärte Walter. Sogleich gab der 39-Jährige freimütig zu, sich bereits seit Wochen mit möglichen Nachfolge-Kandidaten für Schwartz beschäftigt zu haben.

"Wir wollen uns frei von Eitelkeiten immer wieder mit dem Markt beschäftigen. Da waren wir auch im Austausch mit dem Trainer sehr, sehr offen. Das heißt aber nicht, dass man irgendwie sägt, sondern einfach die Marktlage checkt und versucht, vorbereitet zu sein. Das ist mein Job", erklärte Walter.

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Maaßen als Schwartz-Nachfolger "kein Thema"

Demnach dürfte der Sportdirektor eine Liste mit verfügbaren Trainernamen haben, die er nun abtelefonieren wird - wenn er denn nicht schon längst Kontakt zu einem Coach aufgenommen hat. Beispielsweise zu Enrico Maaßen. Ob Walter mit dem vormaligen Übungsleiter des FC Augsburg in den Vorwochen gesprochen hat, es bleibt sein Geheimnis. Er stellte aber klar: "Enrico Maaßen ist kein Thema."

So darf nun wild darüber spekuliert werden, welcher Coach den Mut haben wird, sich auf den Trainer-Schleudersitz beim FC Hansa zu setzen. Vielleicht ja Thomas Reis, dem nach seinem Engagement beim FC Schalke 04 so schnell nichts mehr erschrecken dürfte. Oder Dirk Schuster, der jüngst beim 1. FC Kaiserslautern allerdings aus ähnlichem Grund wie nun Schwartz in Rostock entlassen wurde.

Oder schaut sich Walter im Ausland um? Dann könnte eine Spur nach Indonesien führen. Dort coacht der frühere Hansa-Spieler Thomas Doll erfolgreich Persija Jakarta, wäre einem Deutschland-Comeback vielleicht aber dennoch nicht abgeneigt.

Interimscoach Speidel: "Werden uns nicht verstecken"

Am Freitagabend (18.30 Uhr, im Livecenter bei NDR.de) setzt Walter in jedem Fall auf eine interne Lösung. Uwe Speidel, Leiter der Rostocker Nachwuchsabteilung, wird für das Team verantwortlich zeichnen. "Wir werden den Fußball nicht neu erfinden und keine Experimente machen. Es gibt den einen oder anderen Punkt, an dem wir arbeiten werden und die eine oder andere Sache, die wir verändern werden", sagte der 52-Jährige und versprach: "Wir werden uns keinesfalls verstecken."

Mögliche Aufstellungen:

SC Paderborn: Boevink - Hoffmeier, D. Kinsombi, Musliu, Obermair, Klefisch, Hansen, Muslija - Ansah, Grimaldi, Klaas
Hansa Rostock: Kolke - Lang, Hüsing, Roßbach, Scherff - Rhein, Vasiliadis, Dressel, Ingelsson - Pröger, Perea

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Dieses Thema im Programm:

Nordmagazin | 13.12.2023 | 19:30 Uhr

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