Moschee der Zukunft produziert Strom
Für die Moscheegemeinde in Norderstedt ensteht ein Begegnungszentrum, dessen Architektur wegweisend ist. In den Minaretten drehen sich Windkraftanlagen, das Energiekonzept der Moschee setzt auf alternative Energiequellen. 3,5 Millionen Euro soll das Projekt kosten.
Selcuk Ünyilmaz ist der verantwortliche Architekt für das Projekt. Er kam als kleines Kind nach Deutschland und beschäftigte sich bereits während seines Studiums mit dem ökologischen Bauen. Heute lebt und arbeitet er in Hamburg. Ünyilmaz stellte der Gemeinde seine Vorstellungen einer zeitgenössischen Moscheearchitektur vor und konnte sie schließlich davon überzeugen, einen innovativen Weg einzuschlagen.
Architekt Selcuk Ünyilmaz meint: "Wenn wir heute wieder über das Thema Sakralbauten nachdenken, dann können wir uns vielleicht in den Grundzügen oder in Nutzungskonzepten an traditionellen Werten oder Konzepten orientieren, aber nicht in der Architektur. Heute wird sowohl in islamischen Ländern als auch bei in Europa lebenden Muslimen häufig eine billige Kopie gebaut. Und mit dieser billigen Kopie sollten gerade wir als Architekten uns gar nicht erst ernsthaft auseinandersetzen, sondern das Thema neu angehen und zeigen, welche Möglichkeiten wir haben und wie eine Moschee heute aussehen kann."
Innovatives Energiekonzept
Die Gemeinde hatte den Wunsch, dass die Minarette auch als solche erkennbar sein sollten. Dazu gehört auch eine Kanzel, von der der Muezzin zum Gebet ruft - auch wenn dies in Norderstedt nicht praktiziert werden soll. Ünyilmaz integrierte zudem von Anfang an ein innovatives Energiekonzept in seine Moscheearchitektur: "Wir wollten grundsätzlich im Konzept Windkraftanlagen einsetzen, um Strom zu generieren. Nach langen, intensiven Auseinandersetzungen haben wir dort an dieser Stelle mit vertikalstehenden Rotorblättern aus Glas die Kanzel im Minarett optisch hervorgehoben und ihr gleichzeitig eine Funktion gegeben, nämlich dass an dieser Stelle aus der Kraft der Natur Energie erzeugt wird."
Den Muslimen seien Nachhaltigkeit und Umweltschutz aus dem Koran keineswegs fremd, so Ünyilmaz. Dazu gehören etwa Begriffe wie Fitra, die Schöpfung, als ursprüngliche natürliche Ordnung oder Tawhid, die Einheit der Schöpfung, wonach alle Dinge der Welt miteinander in Beziehung stehen, weil sie alle gleichermaßen Zeichen Gottes sind. Und Mizan, die Balance, also der Zustand einer wohl geregelten Schöpfung, den es zu erhalten gilt. Auch die Gemeinde in Norderstedt musste sich diesen Zusammenhang von Religion und Umweltschutz erst bewusst machen.
Die Windkraftanlage und Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach werden einen Teil des Energiebedarfs der Gemeinde decken. Offenheit, Durchlässigkeit und die Bereitschaft zur Begegnung sollen in der Architektur widergespiegelt werden, denn, so der Architekt, die Moschee in Norderstedt soll viel mehr sein als ein reines Gebetshaus. Sie soll ein Ort der Begegnung werden. Und dies müsse man auch architektonisch umsetzen.