Tim Klüssendorf aus Lübeck soll neuer SPD-Generalsekretär werden
Der Parteilinke Tim Klüssendorf aus Lübeck soll neuer SPD-Generalsekretär werden. Das SPD-Präsidium hat den 33-Jährigen einstimmig vorgeschlagen. Er muss noch im Juni vom Parteitag gewählt werden.
Ein Leben zwischen Anzug und Fußballtrikot - zwischen Berlin und Lübeck - im Blick das Team. Für Tim Klüssendorf stand schon sehr früh fest, dass er sich politisch engagieren möchte. Im Interview mit NDR Schleswig-Holstein beschreibt er, dass es dafür zwei Anlässe gab. Der eine waren Neonazi-Demos, die in Lübeck stattfanden. Klüssendorf beschreibt, dass er in einem Umfeld aufgewachsen ist beim Fußball und in der Schule, in dem viele seiner Bekannten einen Migrationshintergrund hatten. Diese hätten sich sehr angegriffen gefühlt von den Demos. "Und wir hatten eine große Solidarisierung, sind auf die Gegendemos gegangen. Die SPD war einfach die stärkste politische Partei, die dort präsent war." Schon früh habe er sich für Politik interessiert. "Und die Anknüpfungspunkte im Kampf gegen rechts, das war etwas, was ich sehr beeindruckend fand und was mich motiviert hat."
Anmeldung bei der SPD vom Konfirmationslaptop aus
Zum anderen hätte ihn die Kommunalpolitik interessiert und die ganz praktische Frage als jahrelanger Fußballer: "Warum kriegt eigentlich mein Verein keinen Kunstrasenplatz? Und alle anderen sind weiter und bekommen die nach und nach…" Und dann habe er irgendwann nachts am Laptop, den er von meinen Eltern zur Konfirmation bekommen habe, sich zur SPD bewegt. 2007 war das - zunächst war Klüssendorf vor allem bei den Jusos sehr aktiv, von 2010 bis 2012 Vorsitzender der Lübecker Jungsozialisten. Von 2013 bis 2018 konnte er sich dann kommunalpolitisch in der Lübecker Bürgerschaft einbringen. Schwerpunkt: Jugendpolitik.
Gerechtigkeit im Mittelpunkt seiner Politik

Antriebsmotor seines politischen Engagements sind die Fragen nach sozialer Gerechtigkeit und die Erkenntnis, dass die Chancen ungleich verteilt sind. "Das Menschen sich nicht mehr aus ihren sozialen Feldern weiterentwickeln, sondern, dass vieles, was man im Leben erlebt oder einem an Chancen gegeben ist, schon vorprogrammiert ist." In der fünften Klasse, so beschreibt es Klüssendorf, hätten ein Schulfreund und er sich gefragt, wo denn all ihre Freunde aus der Grundschulzeit geblieben seien. "Und es war ganz klar, dass alle Kinder mit Migrationshintergrund offensichtlich nicht die Unterstützung bekommen haben, die sie gebraucht hätten, um den Weg mit aufs Gymnasium zu gehen." 2011 machte Klüssendorf in Lübeck sein Abitur, studierte nach einem Jahr Bundesfreiwilligendienst beim Lübecker Jugendring in Hamburg Volks- und Betriebswirtschaftslehre. Im Herbst 2021 zog er erstmals in den Deutschen Bundestag ein und gewann bei der Wahl im Februar dieses Jahres für die SPD den einzigen Wahlkreis in Schleswig-Holstein. Er, so sagt er es selbst, wolle frischen Wind in den Bundestag bringen und einen neuen und zeitgemäßen und transparenten Politikstil mitprägen und leben.
Bruch der Ampel fast herbeigesehnt
Bereits in der letzten Legislaturperiode fiel Klüssendorf als Abgeordneter im Deutschen Bundestag auf, unter anderem, als er auch öffentlich Kritik an den Auseinandersetzungen der Ampelkoalition übte. Das Ende, so sagt er, habe er fast herbeigesehnt. "Einfach, weil die Streitereien und Konflikte das zu sehr belastet haben." Man habe nicht mehr das Zeug dazu gehabt, sich zu einigen. Die Schäden für die Demokratie seien nicht mehr zu übersehen gewesen. Wichtig sei es, klar zu verabreden, wie man nach außen kommuniziert. Eine weitere Lehre sei es, dass, wenn von außen externe Sondersituationen eintreten, "dass man die Kraft und den Mut haben muss, einen Koalitionsvertrag nochmal neu zu verhandeln."
Fußballer aus Leidenschaft
Klüssendorf spielt aktiv Fußball seit er sechs Jahre alt ist und ist großer Fan des VfB Lübeck und regelmäßig auf der Lübecker Lohmühle. In Berlin ist er für den FC Bundestag am Ball. Und er verbindet damit seine Leidenschaften aus Sport und Politik. Als Generalsekretär der Partei wird die Aufgabe sein, viele interne Prozesse zu koordinieren, die Partei nach Außen zu vertreten und dem Parteichef den Rücken freizuhalten. Zudem ist ein Generalsekretär für die Strategie und die Organisation von Wahlkämpfen zuständig. Damit bleibt das Amt des Generalsekretärs mit einem SPD-Linken besetzt.
