Stand: 07.01.2019 10:30 Uhr

Elternhaltestellen statt Verkehrschaos durch Elterntaxis

von Astrid Wulf

Vor vielen Schulen herrscht jeden Morgen absolutes Verkehrschaos. Grund dafür sind die sogenannten Elterntaxis - Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto zur Schule fahren. Wenn zu viele Eltern einfach vor den Schulen halten und ihre Kinder dort herauslassen, kann das richtig gefährlich werden. Eine Idee, um den Schulweg sicherer zu machen, sind sogenannte Elternhaltestellen - speziell gekennzeichnete Fahrstreifen in der Nähe von Schulen. Dort können Eltern ihre Kinder absetzen und wieder abholen. Ob das funktioniert, beobachten die "NDR Info Perspektiven" an einer Schule in Mölln im Süden Schleswig-Holsteins.

Es ist frühmorgens, dunkel und kalt. Auf der Berliner Straße in Mölln ist viel los. Die Straße grenzt an den Schulberg, ein Gelände mit insgesamt vier Schulen. Andrea Pfeifer hält auf einem Seitenstreifen und lässt ihren Sohn Tom heraus. Er geht dort aufs Gymnasium. Sie verabschieden sich und er springt aus dem Auto. Auch andere Autos halten dort, müde Schulkinder steigen aus, winken und schlagen Autotüren zu. Dort herrscht ein eingeschränktes Halteverbot, unter dem Verkehrsschild steht: "Haltebereich zum Ein- und Aussteigen". Vier solcher Elternhaltestellen gibt es rund um den Schulberg. Andrea Pfeifer findet sie gut. "Ich bin ganz froh, dass wir die hier haben, einfach weil an der Grundschule vorher das reine Chaos herrschte - die Eltern haben in drei Reihen geparkt. Die Kinder, die aus den Bussen kamen, wurden bei schlechten Wetterverhältnissen nicht gesehen. Von daher ist das gut. Sie könnte ein bisschen größer sein, aber das ist schon ein guter Anfang."

Eine Elternhaltestelle in Mölln. © NDR Foto: Astrid Wulf
AUDIO: Mölln: Elternhaltestellen nahe der Schulen (4 Min)

Kiss-and-Go-Zonen wirken entlastend

Eine Elternhaltestelle in Mölln. © NDR Foto: Astrid Wulf
Diese Haltestelle an der Landesstraße in Mölln ist schon frühmorgens gut frequentiert.

Eltern, die die Lehrerparkplätze dichtparken, und Schulbusse, die wegen der ganzen Elterntaxen nicht mehr zur Haltestelle durchkommen - das habe es auch hier gegeben, sagt Björn Hecht. Der Lehrer am Möllner Marion-Dönhoff-Gymnasium war an den Planungen der Elternhaltestellen beteiligt. "Wir hatten auch ein bis zwei leichte Unfälle, bevor das Ganze eingerichtet wurde. Bis jetzt ist zum Glück niemandem etwas passiert. Und ich hoffe und glaube daran, dass das auch ein bisschen was damit zu tun hat, dass wir eben diese Kiss-and-Go-Zonen, die Elternhaltestellen, eingerichtet haben."

Es gibt schon einige dieser Elternhaltestellen im Norden. Zum Beispiel in der Nähe der Albert-Schweitzer-Grundschule in Hannover - initiiert vom ADAC. Dem Verein zufolge machen diese Hol- und Bring-Zonen den Schulweg sicherer, weil die Eltern nicht mehr wild vor der Schule halten müssen. Ein anderer positiver Effekt: Indem die Kinder den letzten Teil des Schulwegs selber bestreiten, lernen sie, sich im Verkehr sicher zu bewegen - und es schult ihren Orientierungssinn.

Länger schlafen und dafür mit dem Auto fahren

Eine Elternhaltestelle in Mölln. © NDR Foto: Astrid Wulf
Das Schild und eine grüne Markierung weisen auf die Elternhaltezonen hin, von denen es insgesamt vier in Mölln gibt.

Heutzutage bringen dem ADAC zufolge mehr Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule als früher. Für viele der Eltern ist es einfach bequemer. Eine Mutter berichtet ganz ehrlich: "Wir waren heute Morgen sehr spät dran, weil uns der Kakao über die Sachen gekippt ist, und dann haben wir den Bus nicht mehr erreicht. Da ist das manchmal sehr zeitsparend. Gerade wenn man auf den Dörfern lebt. Die Kinder können dann so eine halbe Stunde länger schlafen. Und in gewissen Situationen machen wir das dann halt mal." Auch ein Vater findet es sehr praktisch und bringe seine Kinder gern mit dem Auto zu Schule, wenn sich die Gelegenheit ergebe. Schließlich sei ja auch der Schulranzen sehr schwer.

Verkehrserziehung nicht vergessen

Jan Ullrich, der Direktor des Möllner Marion-Dönhoff-Gymnasiums, sieht den Hol- und Bringverkehr vor seiner Schule, auch dank der Elternhaltestellen, mittlerweile entspannt. Seiner Einschätzung nach würden ohnehin die meisten Kinder mit dem Bus, mit dem Rad oder zu Fuß zur Schule kommen. Die Eltern, die ihre Kinder zur Schule fahren, können das seiner Ansicht nach tun, sollten aber zumindest auch mal darüber nachdenken. Schließlich sieht er auch den pädagogischen Aspekt des Themas: "Es gibt sicher gute Gründe, ein Kind zur Schule zu fahren, weil alles andere zu aufwendig ist. Aber Eltern sollten auch überlegen: Was lernt ein Kind, wenn es direkt vor die Schule gefahren wird?"

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Perspektiven - auf der Suche nach Lösungen | 07.01.2019 | 07:20 Uhr

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