Der Osnabrücker Dom mit seinen zwei Kirchtürmen ist eines der Wahrzeichen der Stadt Osnabrück. © Bistum Osnabrück Foto: Bistum Osnabrück

Missbrauchsstudie: Klappt die Aufarbeitung im Bistum Osnabrück?

Stand: 09.10.2024 11:49 Uhr

Mehr als 400 Personen sind laut der Missbrauchsstudie im Bistum Osnabrück Opfer sexualisierter Gewalt geworden. Die Kirche steht in der Verantwortung - doch was hat sie bisher für die Betroffenen getan?

von Anna Niere

Insgesamt 122 Priester und Diakone konnten als Täter identifiziert werden. Diese Zahlen sind deutlich höher als bisher angenommen. Das geht aus dem Abschlussbericht der Missbrauchsstudie der Universität Osnabrück hervor, der am vergangenen Mittwoch veröffentlicht wurde. Der Zwischenbericht aus 2022 hatte zunächst 35 Beschuldigte genannt.

Bistum Osnabrück nimmt Stellung

Genau eine Woche hatte sich das Bistum Zeit gelassen, um auf die Veröffentlichung des Abschlussberichts zu reagieren. Am Mittwoch hat das Bistum in einer Pressekonferenz im Dom offiziell Stellung genommen. Der seit Kurzem amtierende Bischof Dominicus Meier war "kurzfristig erkrankt" und sollte deshalb von Generalvikar Ulrich Beckwermert vertreten werden, wie das Bistum am Dienstag mitteilte. Dominicus Meier war noch nicht im Amt, als die Missbrauchsvorwürfe publik wurden. Er ist erst seit September dieses Jahres Osnabrücker Bischof und damit der Nachfolger von Franz-Josef Bode, der ein halbes Jahr nach Veröffentlichung des Zwischenberichts im März 2023 nach 28 Jahren als Bischof zurückgetreten war.

Kirche soll Betroffene besser entschädigen

Das Forscherteam der Universität Osnabrück geht in dem Abschlussbericht intensiv auf die Rolle des Bistums ein - und wie dieses mit den Missbrauchsvorwürfen umgegangen ist. Es gehe um Aufarbeitung und Entschädigung. In dem Kontext seien vor allem die Muster wichtig, nach denen sich die Übergriffe kategorisieren lassen. So wurden sexuelle Übergriffe zum Beispiel als fehlgeleitete Fürsorge, als sexuelle Aufklärung durch Kleriker oder Liebesbeziehungen dargestellt. Die Kleriker konnten sich laut Studie dadurch entlasten oder als Kirchenverantwortliche das eigene Schweigen rechtfertigen.

Ein Messdiener schwenkt Weihrauch. © picture alliance /dpa Foto: Rolf Vennenbernd
AUDIO: Welche Folgen hat die Missbrauchsstudie im Bistum Osnabrück? (8 Min)

Anerkennung der Taten lange versäumt

Für die Missbrauchsopfer sei aber gerade die Anerkennung wichtig, denn das habe ihnen zu lange gefehlt, so die Autoren der Studie. "Das, was in den Archiven und in den Akten steht, ist immer nur die Sichtweise der Institution. Viele Betroffene haben das, was damals geschehen ist, jahrelang mit sich herumgetragen, ohne darüber sprechen zu können", sagte Karl Haucke, Betroffener sexualisierter Gewalt, bei der Veröffentlichung des Berichts.

Es geht auch um die Amtszeit des zurückgetretenen Bischofs Bode

Franz-Josef Bode, Bischof des Bistums Osnabrück, spricht auf einer Pressekonferenz zum Umgang mit sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche. © dpa-Bildfunk Foto: Guido Kirchner
Hat persönliche Fehler in der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle eingeräumt: Der langjährige Bischof Franz-Josef Bode.

Der festgestellte Umgang mit Missbrauchsvorwürfen habe sich bis in die 2000er Jahre und damit bis in die Amtszeit von Bischof Franz-Josef Bode fortgesetzt. Nach Einschätzung der Forschenden sei das Bistum auch in dieser Zeit seiner Verantwortung gegenüber den Betroffenen nicht gerecht geworden und habe weitere Taten nicht verhindert. Vor allem, weil mutmaßliche Täter auch unter Bischof Bode ihr Amt behalten durften.

Bischof Meier kündigt Aufarbeitung an

Ein kurzes Statement gab es von Bischof Meier zur Missbrauchsstudie bereits am vergangenen Mittwoch: Er fühle sich beschämt, sehe jedoch den Aufruf nach Aufarbeitung als Auftrag für seine Arbeit als Bischof. Meier wolle "Schutzprozesse gegen sexualisierte Gewalt gemeinsam (...) weiter stärken".

Telefon-Hotline des Bistums für Betroffene

Betroffene können per Telefon mit einem Seelsorger sprechen. Das Bistum hat eine Telefon-Hotline zu dem Abschlussbericht unter der Telefonnummer (0541) 31 87 95 eingerichtet. Ziel sei es damit, Menschen eine Gesprächsmöglichkeit zu bieten, hieß es. Die Hotline ist am Mittwoch von 11 bis 19 Uhr und am Donnerstag von 9 bis 19 Uhr erreichbar.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 09.10.2024 | 12:00 Uhr

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