Bei Bier und Currywurst: Gottesdienst feiern in der Kneipe
In Zeiten, in denen die Kirchen immer mehr Mitglieder verlieren, hat der evangelische Pastor Michael Wendel eine Vision: Kirche muss sich verändern. Deshalb predigt der 53-jährige nun in der Kneipe.
Die Kneipe "Zum Schwarzen Ross" liegt genau in der Mitte zwischen der Kirche und dem Pfarrhaus in der Kleinstadt Sulingen im Landkreis Diepholz. Jeden zweiten Sonntag im Monat verwandelt sich die Wirtschaft von Inhaberin Ute Meyer, die von den Gästen nur "Ute, die Gute" genannt wird, in eine Kirche. Der Gottesdienst in der Kneipe folgt einem festen Ablauf: eröffnet wird mit der "Ute Hymne", Pastor Wendel begleitet am Keyboard. Seine Predigt orientiert sich an den Liedtexten von weltlichen, modernen Liedern rund um Sehnsucht, Glück und Liebe. Den Abschluss des rund 30-minütigen Gottesdienstes bildet ein Segenslied. Ruhe herrscht während der Predigt nicht: "Ute, mach mir bitte noch ein Pils", sind ganz normale Nebengeräusche. Es gab sogar schon die erste Taufe in der Kneipenkirche: die Enkelin der Kellnerin.
"In Deine Kirche komm ich nicht – komm Du doch zu uns"
Den Anstoß zu seinem außergewöhnlichen Gottesdienst in der Kneipe bekam Pastor Michael Wendel beim Biertrinken. Er selbst ist Stammgast "bei Ute". Im Gespräch fiel der Satz: "In Deine Kirche komm ich nicht - komm Du doch zu uns". Das nahm der aus dem Ruhrgebiet stammende Theologe ernst und entwickelte den "gUtesdienst", angelehnt an den Namen der Inhaberin Ute Meyer. Seit November vergangenen Jahres kommen regelmäßig etwa 70 Gäste zwischen 25 und über 80 Jahren auf ein Bier und ein Wort Gottes in die Schenke. Der Ortswechsel tue dem Image der evangelischen Kirche gut, sagte Theologe Wendel: "Wir erreichen vielleicht noch drei Prozent unserer Mitglieder, die wir noch haben. Ich glaube, dass Kirche sich verändern muss. Kirche muss zu den Leuten hingehen.“ Und deshalb predigt der Pastor weiter in der Kneipe, ganz nach seinem Motto: "Gott ist auch dein Bier".