Högel-Prozess: Klinikchef bestreitet Vorwürfe
Am Mittwoch ist vor dem Landgericht Oldenburg der Prozess gegen den Ex-Krankenpfleger Niels Högel fortgesetzt worden. Der Richter befragte ehemalige Kollegen des Serienmörders. Zudem trat Dirk Tenzer, derzeitiger Geschäftsführer des Klinikums Oldenburg, in den Zeugenstand. Er stritt dabei Vorwürfe ab, Einfluss auf Zeugen genommen zu haben. Tenzer war erst 2013 nach Oldenburg gekommen und hatte im Jahr darauf weitere Ermittlungen durch Polizei und Staatsanwaltschaft ins Laufen gebracht. Högel, der 2008 zu siebeneinhalb Jahren Haft wegen versuchten Totschlags in Delmenhorst verurteilt worden war, hatte bis zu diesem Zeitpunkt Tötungsdelikte in Oldenburg abgestritten.
Firmen-Anwalt als "Aufpasser"?
Dem Richter ging es in der Befragung Tenzers vor allem um dessen Rolle bei der Aufklärung der 35 Oldenburger Fälle, die aktuell mit verhandelt werden. So soll er vorgeladenen Mitarbeitern der Klinik einen Firmen-Anwalt an die Seite gestellt haben. Zeugen hatten berichtet, diesen Beistand als "Aufpasser" zu empfinden. Ermittler hatten zudem von einem Klima des Schweigens berichtet. Der Richter erklärte, ein solches Vorgehen eines Unternehmens in einem Strafprozess sei höchst ungewöhnlich und lege eine versuchte Einflussnahme nahe. Tenzer verteidigte das Vorgehen der Klinik. Es sei eine Frage der Fürsorge gewesen, den Mitarbeitenden einen Beistand anzubieten. Er habe nie Anweisungen gegeben, auf die Aussagen der Mitarbeitenden Einfluss zu nehmen, gab der Vorstand an. Er habe sie im Gegenteil dazu aufgefordert, offen und eng mit den Ermittlern zusammenzuarbeiten.
Zeugin: Sechs Reanimationen in einer Nacht
Eine frühere Krankenpflegerin des Oldenburger Klinikums gab bei ihrer Befragung an, dass sie den Angeklagten als freundlichen und sehr hilfsbereiten Kollegen in Erinnerung habe. Doch habe eine gemeinsame Nachtschicht im Chaos geendet. "Wir hatten in dieser Nacht sechs Reanimationen, es war grauenvoll", sagte die 54-Jährige. "Wir mussten fast von einem Zimmer zum anderen rennen." Sie gab an, dass Högel als "reanimationsgeil" bekannt gewesen sei und Kollegen ihn "Sensen-Högel" genannt hätten.
Aussage von Pflegerin erwartet, die Högel auffliegen ließ
Heute sollen eine Krankenschwester und vier weitere Pflegekräfte aus dem Klinikum Delmenhorst aussagen. Die Schwester hatte Högel am 22. Juni 2005 bei der Manipulation einer Spritzenpumpe ertappt. Danach ermittelte die Polizei erstmals. Laut Anklageschrift soll Högel in den Jahren 2000 bis 2005 in den Kliniken Oldenburg und Delmenhorst 100 Patienten mit Medikamenten ermordet haben. Der frühere Krankenpfleger hat im Verlauf dieses Prozesses, der Ende Oktober begann, 43 Morde eingeräumt. Für fünf Fälle wies er die Anschuldigung zurück. An die weiteren Patienten könne er sich nicht erinnern, sagte er. Er ist bereits wegen mehrfachen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.
