Zielfahnder schildert erstmals detailliert Daniela Klettes Festnahme
Vor dem Landgericht Verden hat am Dienstag der Mann ausgesagt, der Daniela Klette 2024 in Berlin aufspürte und festnahm. Der Polizist berichtete auch von dem Moment, in dem die mutmaßliche Ex-RAF-Terroristin wohl Burkhard Garweg warnte.
Diese Festnahme gehört vermutlich zu den Einsätzen, die der Beamte des Landeskriminalamtes (LKA) Niedersachsen nie vergessen wird. Am 26. Februar 2024 ist er es, der an der Wohnung der mutmaßlichen Ex-RAF-Terroristin klingelt. Eigentlich sei er davon ausgegangen, dass es sich bei diesem Hinweis erneut um eine falsche Spur handelte, sagte er am Dienstag im Prozess vor dem Landgericht Verden, der aus Sicherheitsgründen im Staatsschutzsaal des Oberlandesgerichts in Celle stattfindet. Immerhin seien bis zu jenem Tag schon mehr 2.000 Tipps bei der Polizei eingegangen - große Erfolge gab es allerdings keine.
"Ich habe die Chance beim Schopf gepackt"
Anders an dem Montag im Februar vor einem Jahr: Die Hinweise führten den niedersächsischen Polizeibeamten und einen Kollegen nach Kreuzberg in die Sebastianstraße. Dort sollte eine Claudia wohnen, wie sich Daniela Klette im Untergrund nannte. Die Beamten suchten dort intensiv mit einem Bild nach der mutmaßlichen Ex-RAF-Terroristin. Zwei junge Frauen hätten den beiden Zielfahndern dann verraten, in welchem Haus Klette wohnte. Vor dem Landgericht sagte der Polizist: "Ich habe die Chance dann beim Schopf gepackt."
Tür fiel bei Festnahme ins Schloss
Als die niedersächsischen Ermittler gemeinsam mit Berliner Streifenpolizisten an der Wohnungstür klopften, habe ein Hund gebellt. Claudia, alias Daniela Klette, habe dann die Tür geöffnet. Auf die Frage, ob sie die Beamten zur Wache begleiten könne, um die Personalien festzustellen, habe sie fast routiniert reagiert, erinnert er sich. Allerdings sei die Tür noch mal ins Schloss gefallen - und zwar dann, als der Polizist Klette bat, den bellenden Hund wegzusperren. Anschließend sei sie außerdem noch vor der Fahrt zur Dienststelle zur Toilette gegangen. Heute wissen die Ermittler: Das war der Zeitpunkt, an dem die mutmaßliche Ex-RAF-Frau Burkhard Garweg per SMS warnte. Für den Beamten aus Niedersachsen sei es allerdings auch da noch vollkommen unklar gewesen, dass es sich bei der Frau tatsächlich um die seit 30 Jahren gesuchte Klette handelte.
Vermutung: Klettes Fingerkuppen wurden bewusst manipuliert
Gemeinsam mit den Berliner Kolleginnen und Kollegen habe er Klette dann auf eine nahegelegene Dienststelle gebracht. Dort sollte ihre Identität mittels Fingerabdruck festgestellt werden. Doch was sonst schnell gehe, dauerte diesmal lange. Seine Vermutung: "Die Fingerkuppen waren bewusst so manipuliert, dass das Ablesen erschwert wurde", mutmaßte der Beamte am Dienstag vor dem Landgericht Verden. Nach einer Dreiviertelstunde sei dann aber endlich Klettes altes Fahndungsfoto auf dem Polizeicomputer erschienen.
Klette fragt sofort nach Mutter und Schwester
Von da an habe der Polizist sie mit dem Namen "Klette" angesprochen und habe außerdem zu ihr gesagt, "ich denke, Sie freut es, nach 30 Jahren mal wieder ihren richtigen Nachnamen zu hören". Der Beamte berichtet von einer "sonderbaren" Situation. Bei Klette sei daraufhin buchstäblich ein Schalter umgelegt worden, zuerst habe sie nach ihrer Mutter gefragt und dann nach ihrer Schwester. Denn von dem Tod ihrer Mutter vor neun Jahren hatte Klette im Untergrund wohl aus der Zeitung erfahren. Nachdem ihre Identität festgestellt worden war, habe man Klette in eine Gefangenensammelstelle bringen wollen. Beim Verlassen der Polizeidienststelle in Berlin habe sie sinngemäß gerufen: "Ich bin Daniela Klette von der RAF und wurde festgenommen", erinnert sich der Zielfahnder.
ARD-Podcast bringt Ermittler zurück auf die richtige Spur
Der Polizist aus Niedersachsen war der Spur in Berlin Kreuzberg nicht zum ersten Mal nachgegangen. Bereits im November 2023 habe er dort nach einer Claudia gesucht. Diese Spur hatte das LKA eigentlich schon aufgegeben, bis der Beamte den ARD-Podcast "Legion" hörte. Die Journalistinnen und Journalisten hatten darin Daniela Klette auf Fotos eines Carpoeira-Vereins in Berlin entdeckt. Daraufhin habe sich der Ermittler gedacht, "es könnte böse ausgehen, wenn hier nicht jeder Stein richtig umdreht wird", erinnerte er sich. Und verfolgte die Spur erneut. Am Ende war es dann der Carpoeira-Lehrer, der die Ermittler auf die Sebastianstraße in Berlin Kreuzberg hinwies.
Ermittler fanden Attrappe einer Panzerfaustgranate
In Klettes Wohnung entdeckten die Ermittlerinnen und Ermittler damals eine Kalaschnikow in ihrem Kleiderschrank. Außerdem stellten sie unter anderem eine Attrappe einer Panzerfaustgranate, Munition und 1,2 Kilogramm Gold sicher. Dass Klette ihren mutmaßlichen Komplizen, Burkhard Garweg, damals warnen konnte, sorgte nach der Festnahme für Kritik.
