Todesschuss in Hannover: Elf Jahre Haft für 23-Jährigen

Stand: 27.10.2023 21:10 Uhr

Das Landgericht Hannover hat einen 23-Jährigen wegen Totschlags und verbotenem Waffenbesitzes zu elf Jahren Gefängnis verurteilt. Er hatte Ende Februar im Stadtteil Döhren einen 34-Jährigen getötet.

Der 23-Jährige hatte zugegeben, an einer Haltestelle dem Mann in den Bauch geschossen zu haben. Der 34-Jährige starb infolge der Schussverletzungen. Nach Angaben des Angeklagten war zuvor auf ihn eingeschlagen und an seinen Haaren gezogen worden, als er aus der Stadtbahn ausstieg. Weil er von einem Überfall ausgegangen sei, habe er seine Pistole gezogen und zunächst zwei Warnschüsse in die Luft abgefeuert. Das spätere Opfer habe ein Messer gezogen, so der Angeklagte. Daraufhin habe er zuerst auf eine Glaswand geschossen und dann zwei Schüsse auf den 34-Jährigen und dessen Bruder abgegeben.

Staatsanwalt fordert dreieinhalb Jahre Haft

Die Staatsanwaltschaft hatte wegen unerlaubten Waffenbesitzes dreieinhalb Jahre Haft gefordert. Für den Totschlag beantragte die Staatsanwaltschaft Freispruch, weil der Angeklagte möglicherweise aus Notwehr gehandelt haben könnte, sagte die Staatsanwältin am Freitag in ihrem Plädoyer. Es sei nicht zweifelsfrei geklärt, was geschehen sei. In der Frage der möglichen Notwehr ging es um die Frage, ob das Opfer oder dessen Bruder ein Messer gezückt haben könnten. Allerdings wollten das Messer lediglich ein Zeuge sowie der Verurteilte gesehen haben.

VIDEO: Tödliche Schüsse in Hannover: Mutmaßlicher Täter gefasst (09.03.2023) (1 Min)

Gericht folgt den Anklagevertretern nicht

Das Gericht folgte den Ausführungen der Anklage nicht - im Gegenteil. Der vorbestrafte junge Mann habe sich zu "krimineller Lebensführung entschlossen", sagte der Vorsitzende Richter Joachim Lotz in seiner Urteilsbegründung. Auch sei er ungeheuer fasziniert von Schusswaffen. Zur einer möglichen Notwehr-Situation sagte Lotz: "Es gab kein Messer." Der 23-Jährige verfolgte die Urteilsverkündung des Richters ohne sichtbare Emotionen.

Verletzter Stolz das Hauptmotiv des Täters

Nach Überzeugung des Gerichts hat der Verurteilte am 28. Februar an einer Stadtbahn-Haltestelle im hannoverschen Stadtteil Döhren auf einen 34-Jährigen geschossen. Ein Schuss traf das Opfer in den Bauch, der Mann starb wenig später. Zuvor habe der Bruder des Opfers den Verurteilten angegriffen. Der 34-Jährige sei dazwischen gegangen, im Handgemenge habe der 23-Jährige eine automatische Waffe gezogen und den Rivalen gezielt erschossen. Verletzter Stolz sei nach Meinung des Gerichts das Hauptmotiv des Täter gewesen. "Er will nicht als Verlierer den Platz verlassen", sagte der Richter über den 23-Jährigen.

Der 23-Jährige zeigt keine Reue

Auch nach der Tat habe der Todesschütze nach Auffassung des Gerichts keine Reue gezeigt. Im Untersuchungsgefängnis habe er ein Handy-Video produziert, dass er anschließend im Internet hochgeladen habe. In diesem Video sei zu sehen, wie der Häftling sich über die Umstände seiner Haft lustig mache, sagte eine Gerichtssprecherin am Freitag. Richter Lotz fragte den Angeklagten, wie man so etwas in die Welt hinaus schicken könne, "ohne sich Gedanken darüber zu machen, dass ein Mensch sein Leben verloren hat?".

Verteidiger kündigt Revision an

Vertreter der Nebenklage hatten in ihrem Plädoyer eine Gesamtstrafe von 13 Jahren Haft gefordert. "Er war dazu bereit, einen Menschen zu töten", war sich ein Nebenkläger sicher. Auch habe er im Prozess geschwiegen und keine Verantwortung übernommen, er mache zudem den Eindruck, dass er die Tat "als eine Art Ritterschlag begreift". Bekannte des Täters verließen den Schwurgerichtssaal des Landgerichts nach dem Urteilsspruch Hannover laut fluchend. Angehörige des Getöteten reagierten auf das Urteil dagegen erleichtert, einige weinten. Der Verteidiger des 23-Jährigen, der in seinem Plädoyer auf eine Strafforderung verzichtet hatte, kündigte im Gerichtssaal an, in Revision gehen zu wollen.

Weitere Informationen
Der Angeklagte (l) sitzt bei Prozessauftakt in einem Saal im Landgericht Hannover neben seinem Rechtsanwalt Mario Prigge. © dpa-Bildfunk Foto: Moritz Frankenberg

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