Bischof Wilmer: "Der Papst rief mich auf dem Handy an"

Gerade erst hat er das Besteck weg gelegt. Für Pater Heiner Wilmer sieht an diesem Montagmorgen zunächst alles nach einem völlig normalen Amtsbesuch bei seinen Ordenskollegen der Herz-Jesu-Brüder im englischen Manchester aus. Noch am Abend zuvor hatte er sich mit ihnen über Friedrich Engels unterhalten und das Elend der englischen Fabrikarbeiter - um ein bisschen Fußball ging es dabei auch. Jetzt, Anfang März, sitzt er am Frühstückstisch und denkt bereits an die Predigt, die er gleich halten soll. Ausgerechnet vom Gott der Überraschungen will er erzählen - als er selbst plötzlich überrumpelt wird.
Nummer mit komischem Namen
"Auf meinen Schreibtisch lag eine fremde Nummer aus Deutschland mit einem kryptischen Namen", schreibt Wilmer später auf der Seite des Bistums Hildesheim. "Signore Heinz-Guntr bittet um Rückruf" habe darauf gestanden - in halbem Italienisch und halbem Deutsch. Und etwas verwurschelter englischer Lautsprache. Kein vernünftiger Name jedenfalls, denkt der Geistliche und will deswegen eigentlich nicht zurückrufen. Schon aus Prinzip. Dann ringt er sich doch durch - so sei die Sache wenigstens erledigt. Am anderen Ende der Leitung ist der Hildesheimer Weihbischof Heinz-Günter Bongartz: "Lieber Pater Wilmer! Das Domkapitel von Hildesheim hat Sie zum neuen Bischof gewählt. Der Heilige Vater hat Sie uns in einer Dreierliste vorgeschlagen. Wir bitten Sie herzlich, die Wahl anzunehmen.“ Wilmer ist perplex.
"Ich verstehe das alles garnicht"
"Wie bitte? Moment mal. Das kann so gar nicht sein", habe er gedacht, schreibt Wilmer weiter. Schließlich sei er ein Ordensmann. Vor drei Jahren erst war er zum Generaloberen der Herz-Jesu-Brüder gewählt worden. Sein bestes wollte er in den folgenden sechs Jahren geben. Es war ein Versprechen. Dem Weihbischof sagt er also, dass er noch Zeit brauche. Noch verstehe er das alles gar nicht. "Dann habe ich den Montag verstreichen lassen, den Dienstag auch", so Wilmer. Für den Konflikt ihn ihm sieht er nur eine Lösung: Am Mittwoch schreibt er Papst Franziskus einen Brief, in dem er um väterlichen Rat bittet. Das Vertrauen des Bistums Hildesheim bewege ihn, offenbart er sich darin. Dennoch sei da das schlecht Gewissen, seine Mitbrüder während der Amtszeit zu verlassen.
Wenn der Papst durchklingelt
Wilmer wird ausgerichtet, dass ein Kardinal seinen Brief in drei Tagen persönlich dem Heiligen Vater übergeben werde. Mit einer Antwort könne er in fünf bis sieben Tagen rechnen. Doch wieder wird der Pater überrascht. Nur wenige Stunden später klingelt sein Handy - der Papst ist persönlich dran. Der zeigt Verständnis: "Ich kenne Deine Gemeinschaft. Ich mache Dir keinen Druck." Er rät Wilmer zum Gebet. Und dazu an jene Brüder seines Ordens zu denken, die in der Vergangenheit unerschrocken und mit Courage vorangegangen waren. "Ich verstand", sagt Wilmer. Noch am späten Abend ruft er Weihbischof Bongartz an: Er nehme das Amt an.
Vatikan und das Bistum Hildesheim hatten am Freitag zeitgleich bekanntgeben, dass der aus dem Emsland stammende Wilmer neuer Bischof des Bistums Hildesheim wird. Damit endete eine knapp siebenmonatige Suche nach einem Nachfolger für Bischof Norbert Trelle, der seinen altersbedingten Rücktritt eingereicht hatte. Seit September 2017 war der Posten vakant.
