Streit um Totenkopf-Tattoo: Mitarbeiter kündigt Job in Kita

Stand: 16.04.2023 12:40 Uhr

Weil er seine Totenkopf-Tätowierung am Hals nicht bedecken wollte, hat ein Sozialassistent an einer Kindertagesstätte des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Geestland (Landkreis Cuxhaven) gekündigt.

von Christina Gerlach

Lars Freiknecht steht auf Tattoos, aber der Totenkopf gut sichtbar direkt vorn am Hals war seinem Arbeitgeber, dem DRK-Kreisverband Wesermünde, dann doch zuviel. "Wir haben nichts gegen Tätowierungen", sagt DRK-Kreisgeschäftsführer Henning Dageförde, "aber mit dem Motiv war eine Grenze überschritten". Aus Rücksicht auf die Kinder. Eltern haben sich zwar bislang nicht beschwert, trotzdem wies er Freiknecht an, künftig den Hals während der Arbeitszeit zu bedecken. Der 41-Jährige wollte sich nicht fügen, sagt, er lasse sich nicht verbiegen und hat zum 1. Juni gekündigt.

Sozialassistent hat verschiedene Tattoos

Ein Totenkop ist auf einen Hals tätowiert. © NDR
Das Totenkopf-Tattoo am Hals sollte Lars Freiknecht mit einem Halstuch verdecken.

Der Sozialassistent jobbt nebenbei bei einer Sicherheitsfirma, arbeitet als Security beim Fußball, auf Festivals und anderen Events. Also einer, der am Wochenende Hooligans bei Hochrisikospielen in Schach hält und am nächsten Tag geduldig mit Kleinkindern bastelt. Das erste Tattoo hat er sich mit 19 Jahren stechen lassen, im Laufe der Zeit kamen einige andere dazu: Eine Spinne, die an einem Faden baumelt, das Netz spannt sich über dem rechten Knie. Ein Schriftzug quer über die Brust, am rechten Arm prangt "C`est la vie", auf einer Wade großflächig die Erinnerung an seinen Großvater. Der Totenkopf kam im Dezember dazu. Eine spontane Aktion, wie er sagt, die neun Stunden gedauert habe.

Keine vertraglich festgelegte Kleiderordnung beim DRK

Aber wo ist die Grenze, wer bestimmt, welches Motiv zumutbar ist und welches nicht? Gibt es einen Ermessensspielraum? Muss jedes Motiv eine Einzelfallentscheidung sein? Der DRK-Kreisverband Wesermünde beschäftigt rund 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Viele sind tätowiert, das war nie ein Problem - bis Freiknecht mit dem Totenkopf auftauchte. Eine vertraglich festgelegte Kleiderordnung gibt es dort nicht. In anderen Branchen schon: Banken legen zum Beispiel Wert auf gepflegte Kleidung und sehen auch Tattoos nicht gern. Das Bundesbeamtengesetz erlaubt den obersten Dienstbehörden, Tätowierungen im sichtbaren Bereich zu verbieten - wie etwa bei der Polizei.

Umfrage: Ein Drittel der 25- bis 34-Jährigen haben Tattoos

Waren es früher vor allem Häftlinge und Matrosen, später Punks und Rocker, so ist inzwischen laut einer Yougov-Umfrage von 2021 ein Drittel der 25- bis 34-Jährigen in Deutschland tätowiert. Arme, Beine und Rücken sind dabei die beliebtesten Körperstellen, ein Schriftzug das beliebteste Motiv. Tattoos sind längst auch im Fußball eine feste Größe. Kaum ein Super-Kicker ohne lebenslangen Körperschmuck. Bis auf einen: Cristiano Ronaldo. Er begründet das damit, dass er Blutspender ist.

Suche nach einem neuen Job

Freiknecht sucht jetzt einen neuen Job. Mit Totenkopf-Tattoo, aber ohne Halstuch. Bei dem gegenwärtigen Fachkräftemangel ist er sich sicher, rasch etwas zu finden. In den Oldenburger Kitas der Evangelisch-lutherischen Kirche wäre er willkommen. Auf Nachfrage heißt es von dort: "Der Mensch hinter dem Tattoo ist uns wichtig. Wir machen unseren Mitarbeitenden diesbezüglich keine Vorschriften."

Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 13.04.2023 | 19:30 Uhr

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