Asbest-Gefahr: 1,2 Millionen Wohnhäuser in Niedersachsen betroffen

Stand: 10.08.2023 15:43 Uhr

Millionen Tonnen Asbest stecken in fast 1,2 Millionen niedersächsischen Altbauten. Betroffen sind vor allem Ein- oder Zweifamilienhäuser. Wer sein Heim energetisch sanieren möchte, kennt die Gefahren oft nicht.

von Oliver Jürgens

Laut der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt wird in den kommenden zwei Jahrzehnten immer mehr Wohnraum gebraucht. Dabei würden auch alte Gebäude saniert, in denen Asbest verbaut wurde. Zu finden ist das Material, das vor allem zwischen 1950 und 1990 verbaut wurde, an vielen Stellen, sagt Carsten Burckhardt vom Bundesvorstand der IG BAU. Zum Beispiel im Kleber für Fußbodenbelag wie Linoleum, aber auch im Spritzbeton von Fahrstuhlschächten. Gerade für handwerklich begabte Hausbesitzer wird das zum Problem, meint Matthias Günther vom Pestel-Institut in Hannover: "Wenn sie den Fußbodenkleber mit der Flex runterholen, dann produzieren sie Staub, gerade auch mit Asbestfasern - und dann wird es richtig gefährlich."

 

Krebs tritt erst nach Jahrzehnten auf

Die Asbestfasern setzten sich in den Lungenflügeln fest. Bis zu 30 Jahre kann es dauern, bis die Diagnose Asbestose, Lungen-, Bauchfell- oder Kehlkopfkrebs gestellt wird. In den vergangenen zehn Jahren sind nach Angaben der Bauberufsgenossenschaft bundesweit 3.400 Versicherte infolge einer asbestbedingten Berufskrankheit gestorben. 2022 waren es mehr als 300 Beschäftigte im Bausektor.

IG Bau legt "Asbest-Charta" vor

Carsten Burckhardt von der IG Bau fordert unter anderem einen Asbest-Gipfel von Bund, Ländern und Kommunen. Außerdem bedürfe es Förderzusagen: "Diejenigen, die heute eine Wohnung sanieren, dürfen nicht auf den Altlasten sitzen bleiben." Die IG Bau spricht von einer Abwrack-Prämie für Asbest-Häuser. Außerdem brauche es einen Schadstoff-Gebäudepass und Heimwerker sowie Firmen müssten über die Gefahren stärker aufgeklärt werden. Am Ende müssten auch Baustellen intensiver kontrolliert und dafür die Zahl der Kontrolleure aufgestockt werden.

Vor der Sanierung: Hausbesitzer sollten Hilfe suchen

Wer ein altes Haus hat und modernisieren will, sollte vor den Arbeiten prüfen, ob Asbest verbaut wurde. Um Prüfer zu finden, können sich Hausbesitzer zum Beispiel an das örtliche Bauamt oder das Gewerbeaufsichtsamt wenden. Dort sind geeignete Fachfirmen bekannt. In Rücksprache mit einem Labor können Proben mitunter auch selbst genommen werden. Dann erklärt das Labor, wie man selbst diese Proben selbst nehmen kann ohne sich einer gesundheitlichen Gefahr auszusetzen. Teurer wird es, wenn eine Fachfirma beauftragt wird, die dann auch einen Untersuchungsbericht schreibt. Je nach Haus- oder Wohnungsgröße kann das bis zu mehreren Tausend Euro kosten. Fachunternehmen warnen vor Internetseiten, die dazu aufrufen, selbst irgendwelche Proben zu nehmen und zu verschicken.

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | 10.08.2023 | 14:00 Uhr

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