Weiter Wirbel um unangekündigte Psychiatrie-Kontrolle
Nachdem die Hansestadt Rostock der Psychiatrischen Klinik in Rostock-Gehlsdorf unangemeldet Besuch abgestattet hat, schalten sich nun Behörden und Gremien ein. Noch ist unklar, was die Kontrolle ergeben hat.
Zwangsmaßnahmen in der geschlossenen Psychiatrie, ob Einweisungen, Fixierungen und Medikamentengaben, aber auch die Hygiene in einer Klinik sind sehr sensible Themen. Die Psychiatrische Klinik der Unimedizin in Rostock-Gehlsdorf wurde am 13. November unangekündigt kontrolliert von der Rostocker Stadtverwaltung mit Amtshilfe der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern. Bei dem Besuch ging es vor allem darum festzustellen, ob auf den sogenannten Geschützten Akut-Stationen P1 und P2 alles so zugeht, wie es das Gesetz vorschreibt.
Protokolle der Begehung angefordert
Nun beschäftigt das Thema unter anderem den Landesdatenschutzbeauftragten: Die Universitätsmedizin Rostock habe die unangemeldete Begehung bei der Behörde angezeigt, sagte die zuständige Bearbeiterin Lydia Kämpfe. Deshalb werde nun routinemäßig geprüft, ob bei der Kontrolle etwas rechtswidrig war beziehungsweise wie Hansestadt und Ärztekammer vor Ort in der Klinik welche Informationen und Daten erhoben haben. Dazu wurden die Protokolle der Begehung angefordert - mit dabei auch Beweismittel wie Fotos, die vor Ort gemacht wurden. Die Prüfung könne bis Januar dauern.
Thema im Gesundheitsausschuss
Das Gesundheitsministerium will von der Hansestadt Rostock umgehend eine Stellungnahme zur Aufklärung des Vorgangs. Außerdem hat die SPD-Landtagsfraktion die Begehung in den Gesundheitsausschuss des Landtages gebracht: Psychisch kranke Menschen sollten bestmöglich medizinisch versorgt und auch geschützt werden, so der gesundheitspolitische Fraktionssprecher Julian Barlen (SPD). Deshalb wolle man sich im Ausschuss genau berichten lassen, warum und wie die Klinik in Rostock besucht wurde und mit welchem Ergebnis.
Stadtsprecher: Es wurde Beschwerden nachgegangen
Allerdings wird es mit dem Ergebnis nach Recherchen des NDR noch etwas länger dauern. Momentan muss die Unimedizin noch einen Fragenkatalog der Stadt beantworten und die Antworten werden dann ausgewertet. Zudem wird - solange Behörden prüfen - nichts aus den Ergebnissen veröffentlicht. Ähnlich verhält es sich mit den konkreten Beschwerden. Auf Nachfrage von NDR 1 Radio MV verweist der Sprecher der Hansestadt, Ulrich Kunze, darauf, dass bei der Kontrolle Beschwerden nachgegangen werden sollte, die die Ärztekammer MV zuletzt gehäuft bekommen habe. Welche Beschwerden das aber genau sind, wird von keiner Stelle gesagt. Bestätigt wurde allerdings, dass Vorwürfe in puncto Fixierung von Patienten, Zwangsaufenthalte und hygienische Zustände der Klinik dabei eine Rolle spielten.
Weiter offenen Fragen rund um die Begehung
In der Stadtpolitik regen sich Fragen: Zum Beispiel, wer ist warum bei der unangekündigten Kontrolle mit dabei gewesen? Es waren vier Personen von der Ärztekammer MV als Amtshilfe und von Seiten der Stadt der Justitiar, eine Abteilungsleiterin des Gesundheitsamtes und ein fachkundiges Bürgerschaftsmitglied. Der Rostocker Gesundheitssenator Steffen Bockhahn (Die Linke) erfuhr von der Kontrolle überhaupt erst, als sie schon im Gange war. Das hat er NDR 1 Radio MV auf Nachfrage mitgeteilt. Laut Stadtsprecher wurde so vorgegangen, weil vor dem Besuch in der Klinik möglichst wenig Menschen Bescheid wissen sollten, das habe die Ärztekammer empfohlen.
Zudem gibt es zwischen der Universitätsmedizin und dem Präsidenten der Ärztekammer, Andreas Crusius, Unstimmigkeiten: Die Universitätsmedizin hat NDR 1 Radio MV mitgeteilt, Crusius habe laut Aussage von Mitarbeitern bei der Kontrolle einen Arzt mit Migrationshintergrund wegen seines Namens gezielt herausgegriffen und dessen Arzttitel in Zweifel gezogen. Das sei von Anwesenden als diskriminierend beziehungsweise rassistisch empfunden worden. Die Ärztekammer weist auf NDR Anfrage solche Vorwürfe zurück, es sei dabei ausschließlich um das Feststellen der Qualifikation gegangen.
Klar ist, so lange Behörden und Gremien prüfen und ermitteln, gibt es keine offiziellen Informationen darüber, was bei dem unangekündigten Besuch in der Psychiatrie in Gehlsdorf alles geschehen ist und was überhaupt festgestellt wurde.
