US-Präsident Joe Biden und Bundeskanzler Olaf Scholz sprechen vor dem G7-Treffen in Elmenau miteinander. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS Foto: Leonhard Foeger
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US-Präsident Joe Biden und Bundeskanzler Olaf Scholz sprechen vor dem G7-Treffen in Elmenau miteinander. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS Foto: Leonhard Foeger
AUDIO: Kommentar: Bei der K-Frage kommt es auf das Timing an (5 Min)

Kommentar: Bei der K-Frage kommt es auf das Timing an

Stand: 29.04.2023 10:08 Uhr

Joe Biden wird in den USA ein zweites Mal für das Amt des Präsidenten kandidieren. Seine Chancen als Amtsinhaber stehen nicht schlecht - trotz seines hohen Alters. In Deutschland ist die nächste Bundestagswahl noch weit weg. Wie weit sind die Parteien in Sachen Kanzler-Kandidatur?

Der NDR Info Wochenkommentar "Die Meinung" von Lars Haider ("Hamburger Abendblatt")

Was haben Olaf Scholz und Joe Biden gemeinsam? Sie wissen jetzt schon, lange vor der nächsten Wahl in ihren Ländern, dass sie noch einmal antreten werden. Grundsätzlich bleibt Inhabern wichtiger Regierungsämter auch nicht viel anderes übrig, selbst wenn sie wie der amerikanische Präsident über 80 Jahre alt sind. Der Amtsbonus ist bei Wahlen allein deswegen ein gewaltiger Faktor, weil viele Menschen auf den setzen, den sie kennen und der den Job schon mal gemacht hat. Das kann soweit gehen wie bei Angela Merkel, die von Wiederwahl zu Wiederwahl nicht mehr tun musste, als Angela Merkel zu sein. Motto, genau: Sie kennen mich.

SPD: Projekt Wiederwahl mit Scholz läuft

Lars Haider, Chefredakteur des "Hamburger Abendblatts". © picture alliance/dpa Foto: Georg Wendt
Wie weit sind die Parteien in Sachen Kanzler-Kandidatur für die Bundestagswahl 2025?, fragt Lars Haider.

Olaf Scholz hat relativ unbemerkt und noch früher als Biden auf die Frage in einem Interview, ob er 2025 (!) erneut als Kanzlerkandidat bereitstünde, mit ja geantwortet (Man stelle sich übrigens vor, was passiert wäre, wenn er Nein gesagt hatte, aber das nur am Rande). Tatsächlich ist das Projekt Wiederwahl bei der SPD bereits wenige Wochen nach dem Sieg bei der Bundestagswahl 2021 angelaufen, diesmal unter der Leitung von Kevin Kühnert. Der Generalsekretär hofft, dass die SPD erneut von der langen Vorbereitungsphase profitieren wird, von der Zeit, die sie hat, den Wahlkampf zu planen und zu inszenieren. Die frühe Nominierung des Kanzlerkandidaten vor der Wahl 2021 war einer der Gründe für den Überraschungserfolg von Olaf Scholz.

CDU: Warum hält sich Merz zurück?

Das hat man auch bei der CDU/CSU registriert. Nicht von ungefähr gibt es in der Union Stimmen, die auf eine möglichst schnelle Festlegung des Kandidaten drängen, um so etwas wie den Machtkampf zwischen Armin Laschet und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder vor zwei Jahren zu verhindern. Im Zweifel hat nämlich auch der die entscheidenden Prozentpunkte gekostet, die der CDU/CSU bei der Bundestagswahl zu Platz eins fehlten.

Und man fragt sich: Warum sagt Friedrich Merz nicht einfach, wie Joe Biden und Olaf Scholz, dass er antreten wird? Merz hat selbst betont, dass jemand, der Vorsitzender der CDU ist, bereit und in der Lage sein muss, Bundeskanzler zu werden. Er ist nicht nur dieser Vorsitzende, er hat den Posten so sehr gewollt, dass er sich drei (!) Mal darum beworben und zwei Niederlagen weggesteckt hat.

Es wäre allein deshalb extrem unglaubwürdig, und das endgültige Ende seiner politischen Karriere, wenn Merz seine Position nicht nutzen würde, um die nächste Bundesregierung anzuführen. Schon, dass er das jetzt nicht klar formuliert, wird Söder als Zeichen der Schwäche erkennen und im Zweifel zu seinen Gunsten nutzen wollen. Spätestens nach der Landtagswahl in Bayern könnte sich, ein gutes Ergebnis für die CSU vorausgesetzt, dazu die Gelegenheit ergeben - und die Union sich in den kommenden Monaten vor den gleichen Problemen sehen wie vor der Bundestagswahl 2021.

Oder Söder? Wüst? Günther?

Wird Merz Kanzler-Kandidat oder Söder? Was ist mit Hendrik Wüst, der mit Nordrhein-Westfalen das größte Bundesland als Ministerpräsident führt, was mit Schleswig-Holsteins Daniel Günther, der laut einer aktuellen Umfrage der beliebteste aller CDU-Politiker ist? Die Diskussion wird weitergehen, wenn Friedrich Merz sie nicht beendet. Er unterschätzt, wie wichtig dieses Signal der Stärke und Führung wäre und wie sehr die Wählerinnen und Wähler (und die Planer einer Kampagne) Klarheit schätzen, auch und gerade in personellen Fragen.

Und bei den Grünen: Baerbock oder Habeck?

Womit wir bei den Grünen wären, bei denen sich in der K-Frage die Geschichte tatsächlich zu wiederholen scheint. Das parteiinterne Duell zwischen Vizekanzler Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock steht auf der Suche nach einem Kanzler-Kandidaten abermals an, und es ist alles andere als ausgemacht, dass Habeck diesmal zum Zug kommt, nur weil Baerbock ihre Chance 2021 hatte. Das Argument, eine Kandidatin statt eines Kandidaten zu haben, verfängt bei den Grünen immer noch, insbesondere angesichts des Personalangebots der Wettbewerber, das rein männlich sein dürfte, siehe oben.

Kommt hinzu, dass Baerbock in ihrem Amt, zumindest in den Augen grüner Wählerinnen und Wähler, an Kontur gewonnen hat, während Habeck mit seiner Popularität gern Achterbahn fährt und derjenige Minister in Scholz‘ Kabinett ist, der den Bürgern in den Jahren bis zur Bundestagswahl am meisten zumuten wird. Stichwort: Heizungen. Dass er dabei aufs Tempo dringt, hat mit den Dringlichkeiten des Klimawandels zu tun - aber eben auch mit dem Herannahen der nächsten Legislaturperiode, die die Auswahl eines Kanzlerkandidaten spätestens heute in einem Jahr nötig macht.

Anmerkung der Redaktion: Liebe Leserin, lieber Leser, die Trennung von Meinung und Information ist uns besonders wichtig. Meinungsbeiträge wie dieser Kommentar geben die persönliche Sicht der Autorin / des Autors wieder. Kommentare können und sollen eine klare Position beziehen. Sie können Zustimmung oder Widerspruch auslösen und auf diese Weise zur Diskussion anregen. Damit unterscheiden sich Kommentare bewusst von Berichten, die über einen Sachverhalt informieren und unterschiedliche Blickwinkel möglichst ausgewogen darstellen sollen.

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NDR Info | Kommentar | 30.04.2023 | 09:25 Uhr