Bahnstreik beendet: DB und GDL gehen optimistisch in Verhandlungen
Der Streik bei der Deutschen Bahn ist in der Nacht vorzeitig zu Ende gegangen. Hintergrund sind neue Verhandlungen zwischen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL. Beide Seiten zeigen sich optimistisch, nun zu einem Tarifabschluss zu kommen. Bis zum 3. März gilt eine Friedenspflicht.
Nach dem vorzeitigen Ende des Streiks der Lokführer fahren die Züge der Deutschen Bahn (DB) wieder nach dem regulären Fahrplan. "Die Fahrgäste im Fernverkehr konnten heute Morgen weitestgehend nach dem gewohnten Fahrplan wieder starten", sagte Bahn-Sprecherin Anja Bröker in Berlin. Vor allem in Bezug auf den Regionalverkehr könne es aber weiter zu Ausfällen und Änderungen kommen. Es sei organisatorisch nicht einfach, Dienstpläne so schnell umzustrukturieren, Schichten zu besetzen und Züge aus den Depots zu holen.
Fahrgäste sollten sich daher aktuell über die DB Navigator-App informieren und können sich noch bis Montagabend 18 Uhr bei der speziell für den Streik eingerichteten Hotline nach Störungen erkundigen. Aktuelle Informationen bietet die Deutsche Bahn auch auf der Internetseite bahn.de an.
Während sich der Bahnverkehr normalisiert, droht Reisenden erneut Ungemach: Für Freitag hat die Gewerkschaft ver.di bundesweit zu Warnstreiks im Nahverkehr aufgerufen. Davon betroffen sind alle Bundesländer bis auf Bayern.
GDL-Chef Weselsky: Keine Vorbedingungen der Bahn mehr
"Die Bahn stellt keine Vorbedingungen mehr", sagte GDL-Chef Claus Weselsky am Montag mit Blick auf die ab dem 5. Februar geplanten neuen Verhandlungen. "Ich halte das für einen großen Schritt in die richtige Richtung." Bis Anfang März wurde eine Friedenspflicht vereinbart, das heißt: Bis zum 3. März sind weitere Streiks ausgeschlossen. "Diese Pause tut beiden Seiten gut", sagte Weselsky.
Die GDL hat mit einer Reihe von kleineren Bahnunternehmen bereits einen Tarifabschluss erzielt, der jedoch unter Vorbehalt einer Einigung mit der DB steht. "Wir werden alles tun, um in den Verhandlungen vergleichbare Ergebnisse zu erzielen", sagte Weselsky. "Daher liegt die Latte hoch." Man habe mit den Unternehmen unter anderem einen Einstieg in die Arbeitszeitverkürzung vereinbart, die bis 2028 bei 35 Stunden liegen solle. Es würden daher anspruchsvolle Verhandlungen. "Ich bin auch der festen Überzeugung, dass wir beide gut beraten sind, wenn wir einen Kompromiss, ein Ergebnis erzeugen", sagte Weselsky.
Bahn will Modelle zur Arbeitszeitverkürzung diskutieren
Die Bahn hatte erklärt, sie sei bereit über Modelle zur Arbeitszeitverkürzung für alle Schichtarbeiter zu verhandeln. Im März zahle sie zudem vorab eine Inflationsausgleichsprämie von 1.500 Euro. "Wir sind sehr zuversichtlich, dass es dann auch am Ende zu einem Tarifabschluss kommen wird", sagte Bahn-Sprecherin Bröker.
Weselsky sagte, er sehe auch Bereitschaft, über einen Tarifvertrag für die Infrastruktursparte zu verhandeln. Die Bahn betonte, diese Frage bedürfe der weiteren Erörterung in den Verhandlungen. Beide Seiten wollen nach eigenen Angaben nun in den kommenden fünf Wochen unter Ausschluss der Öffentlichkeit Gespräche führen. Für den Fall, dass eine der beiden Seiten den Bedarf anmelde, würden zwei Moderatoren zur Unterstützung hinzugezogen, teilte die Bahn mit.
Positionen nähern sich an, liegen aber noch deutlich auseinander
Die Bahn hatte zuletzt angeboten, die Löhne ab August um 4,8 Prozent und ab April 2025 um 5,0 Prozent anzuheben. Außerdem könnten insgesamt 2.850 Euro Inflationsausgleichsprämie fließen. Auch eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit um eine Stunde sei möglich. Ein neuer Tarifvertrag soll für 32 Monate gelten.
Neben der Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden hatte die GDL 555 Euro monatlich mehr verlangt. Außerdem wird unter anderem einmalig eine steuerfreie Inflationsprämie von 3.000 Euro gefordert. Die Laufzeit des Tarifvertrags soll zwölf Monate betragen.
Wissing mahnt: Verantwortungsvoll an Lösung arbeiten
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) begrüßte die Wiederaufnahme der Tarifverhandlungen und das vorzeitige Ende des Streiks. "Ich fordere beide Tarifparteien auf, mit der gebotenen Ernsthaftigkeit in die Gespräche zu gehen und verantwortungsvoll an einer Lösung zu arbeiten", mahnte er. Die Streiks der vergangenen Tage seien eine enorme Belastung für die Bahnreisenden und die Unternehmen gewesen.
Zugbindung auch für heute noch aufgehoben
Durch den bundesweiten, fünf Tage dauernden Streik war der Bahnverkehr im Norden stark eingeschränkt. Das Angebot war stark begrenzt. Die Zugbindung ist heute noch aufgehoben: Bereits gekaufte Fahrscheine können auch später genutzt oder storniert werden. Das gelte für alle bis einschließlich heute geplanten Reisen, bekräftigte die Bahn.
Auch in Norddeutschland kommt es heute noch zu Fahrplanänderungen und einigen Ausfällen. Obwohl Züge wieder größtenteils nach dem regulären Fahrplan fahren würden, sollten Fahrgäste rechtzeitig online ihre Verbindungen überprüfen.
Güterverkehr am Sonntag wieder angelaufen - Rückstau "erheblich"
Auch der Streik im Güterverkehr endete früher als geplant - am Sonntagabend um 18 Uhr statt erst am Montagabend. Anders als im Personenverkehr fallen im Güterverkehr Zugfahrten in der Regel nicht aus. Stattdessen entsteht bei Streiks ein Stau, der nun abgearbeitet werden muss. "Erfahrungsgemäß dauert es aber mehrere Tage, bis die Güterverkehre wieder im Regelbetrieb unterwegs sind", teilte ein Bahnsprecher am Sonntagabend mit. Der aktuelle Rückstau sei "erheblich".
Vierter Streik im laufenden Tarifkonflikt
Der Streik der Lokführergewerkschaft war der vierte im laufenden Tarifkonflikt. Vor dem Jahreswechsel hatte die GDL bei zwei Warnstreiks große Teile des Personenverkehrs lahmgelegt, im Januar folgte dann ein dreitägiger Streik mit ähnlicher Wirkung.
Bahn: Jeder Streiktag kostete 25 Millionen Euro
Die Bahn kostete jeder Streiktag nach Konzernangaben 25 Millionen Euro. Die Kosten für die GDL lassen sich nicht genau beziffern. Die Gewerkschaft zahlt den Streikenden laut Weselsky zehn Euro Streikgeld pro Stunde und maximal 100 Euro pro Schicht. Die Streikbeteiligung wurde zuletzt aber nicht öffentlich gemacht. Etwa 10.000 DB-Beschäftigte werden derzeit nach Tarifverträgen bezahlt, die mit der GDL ausgehandelt wurden. Weitaus stärker im Konzern vertreten ist die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG).