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35 statt 12 Euro: Möblierte Wohnungen treiben Mietpreise

Stand: 19.03.2024 11:03 Uhr

Wenn man als Vermieter eine Wohnung möbliert, kann man sie teurer vermieten als ohne Möbel. Auch die Mietpreisbremse kann so umgangen werden. Hamburg und Bremen wollen dagegen mit einer Gesetzesinitiative vorgehen. Doch die scheint in Berlin zu versanden.

Eine Häuserzeile mit Balkonen © Kara Foto: Kara
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von Susanne Tappe

In den fünf größten Metropolen Deutschlands wird im Schnitt bereits jede dritte Wohnung möbliert vermietet. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Immobilienportals Immoscout24. In Frankfurt am Main ist der Anteil möblierter Wohnungen mit rund 40 Prozent am höchsten. In Berlin wird für ein paar Möbel am meisten draufgeschlagen: Möbliert kosten Wohnungen dort rund 18 Euro mehr pro Quadratmeter als unmöbliert.

Und noch etwas zeigt die wiederholte Auswertung der Wohnungsanzeigen: Bundesweit hat die Zahl möblierter Wohnungen seit der Verschärfung der Mietpreisbremse im Jahr 2020 zugenommen. Seit 2019 ist ihr Anteil am Gesamtangebot von acht auf elf Prozent gestiegen. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) sprach deshalb bereits von einem "Umgehungstatbestand" der Mietpreisbremse. Diese Beobachtung macht auch Rolf Bosse, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg: "Das hat zugenommen. Und es gibt auch professionelle Vermieter und Gesellschaften, die möbliert vermieten, wo dann durchaus 30 bis 35 Euro pro Quadratmeter aufgerufen werden für Wohnungen, die ganz ohne Möbel vielleicht so zwölf Euro pro Quadratmeter kosten dürfen."

Mietpreisbremse wird mit zwei Tricks ausgehebelt

Eigentlich fallen auch möblierte Wohnungen unter die Mietpreisbremse und dürfen somit maximal zehn Prozent mehr kosten als die ortsübliche Vergleichsmiete. Aber zum einen wird der Möblierungszuschlag laut Rolf Bosse quasi nie gesondert im Mietvertrag ausgewiesen. Und zum anderen bedienen sich die Vermieter häufig eines zusätzlichen Tricks: Sie befristen den Vertrag. Denn dann können sie sich darauf berufen, dass für Wohnungen, die nur "zum vorübergehenden Gebrauch" vermietet werden, die Mietpreisbremse nicht gilt. Das ist rechtlich ein schwer zu durchschauender Graubereich. Deswegen gingen nur sehr wenige Mieter dagegen vor, berichtet Bosse.

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Auch wenn in Hamburg laut Immoscout24 nur gut jede sechste Wohnung (15 Prozent) möbliert angeboten wird, ließen diese teuren Wohnungen tendenziell die Mieten in der ganzen Stadt steigen. Die Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen bemühe sich zwar, sie bei der Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete außen vor zu lassen, aber das gelinge nicht immer, sagt Bosse.

Hamburg und Bremen wollen Gesetz nachschärfen

Um den Mieterschutz zu erhöhen, haben Hamburg und Bremen deshalb eine Gesetzesinitiative in den Bundesrat eingebracht - mit zwei Kernpunkten, erläutert Maren Reder, Abteilungsleiterin Wohnen bei der Hamburger Stadtentwicklungsbehörde: "Es geht einmal darum, dafür zu sorgen, dass der Möblierungszuschlag gesondert ausgewiesen ist und diesen in seiner Höhe zu begrenzen. Und das Zweite ist, klarzustellen, dass bei einer Vermietung von mindestens sechs Monaten keine Vermietung zum vorübergehenden Gebrauch vorliegt."

Der Bundesrat hat dem Gesetzentwurf zugestimmt und ihn Ende Juli vergangenen Jahres an den Bundestag weitergeleitet. Doch seitdem herrscht Stille. Der Status des Verfahrens seit fast acht Monaten: "Noch nicht beraten." Laut der SPD-Fraktion liegt das daran, dass die Koalitionspartner sich nicht einig werden. Deswegen schafft es der Gesetzentwurf nicht auf die Tagesordnung.

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Justizministerium: Keine Indizien für Umwandlung von Leer- in möblierte Wohnungen

Das FDP-geführte Justizministerium verweist auf eine eigens in Auftrag gegebene Untersuchung: Die habe keine Indizien für eine systematische Umwandlung von Leerwohnungen in möblierte Mietwohnungen gefunden. Und die Anwendung der Mietpreisbremse auf möblierte Wohnungen stelle demnach auch weder außergerichtlich noch gerichtlich ein nennenswertes Streitthema dar. Dieses Argument lässt Maren Reder in Hamburg nicht gelten: "Denn ich kann als Mieterin oder Mieter ja nur klagen, wenn ich auch was in der Hand habe. Und daran fehlt es aus unserer Sicht gerade."

Justizminister Marco Buschmann (FDP) sieht das anders. Das hat er bereits im Dezember im Interview mit dem Immobilienmagazin "AIZ" deutlich gemacht. "Wir haben in Deutschland - gerade auch im internationalen Vergleich - einen sehr starken Mieterschutz. Ich erkenne derzeit zumindest keine dramatische Schieflage zugunsten der einen oder der anderen Seite." Wichtig sei, dass es zu einer solchen Schieflage auch künftig nicht komme. Man dürfe den Mieterschutz aber nicht so weit ausbauen, dass niemand mehr in Wohnungen investieren möchte. "Das liefe gerade auch dem Interesse von Mieterinnen und Mietern eklatant zuwider. Das Einzige, was wirklich gegen steigende Mieten hilft, ist mehr Neubau", so Buschmann.

Mieterverein: Nur Mietenstopp hilft Wohnungssuchenden

Rolf Bosse vom Hamburger Mieterverein würde sich über mehr Neubau natürlich freuen, die Aussage des Justizministers empört ihn trotzdem: "Das finde ich richtig unsäglich, weil wir eine ganz, ganz schwierige Situation im Augenblick auf dem Wohnungsmarkt haben." Bis der Wohnungsmarkt sich durch Neubau, durch Gemeinnützigkeit und andere Maßnahmen entspanne, bräuchte es einen stärkeren Mietenstopp für diejenigen, die im Augenblick Wohnungen suchen. Ob es dazu in dieser Legislaturperiode noch kommen wird, ist angesichts der Uneinigkeit zwischen den Koalitionspartnern allerdings fraglich.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Wirtschaft | 19.03.2024 | 07:40 Uhr

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