Frauke Reinig steht vorm Hamburger Rathaus © NDR Foto: screenshot

Kommentar: Dieser Krieg wird uns alle etwas kosten

Stand: 04.03.2022 18:00 Uhr

Über dem Hamburger Rathaus weht zurzeit die ukrainische Flagge. Zehntausende Menschen hier in der Stadt demonstrieren für den Frieden und engagieren sich. Zeichen der Solidarität gibt es viele - doch dieser Krieg verlangt mehr von uns, meint Frauke Reinig in ihrem Kommentar.

von Frauke Reinig

Viele Hamburgerinnen und Hamburger sind schon aktiv. Die Hilfsbereitschaft in der Stadt ist bemerkenswert. Laster werden hier mit Decken und Lebensmitteln beladen, die Ankunft von Geflüchteten vorbereitet. Viele packen spontan mit an, bei Organisationen wie Hanseatic Help oder dem ASB, die immer noch mehr Hände brauchen, um die Flut der Spenden und Hilfsangebote zu bewältigen.

Mit Transparenten ist es nicht getan

Das Bedürfnis, irgend etwas zu tun ist groß. Viele Hamburgerinnen und Hamburger stellen sich jetzt hier zum ersten Mal in ihrem Leben die Frage: Was würde ich tun, wenn meine Stadt auf einmal bombardiert wird? Dieses Gefühl, dass dieser Krieg auch uns betrifft, darf nicht verloren gehen, denn: Mit Friedens-Transparenten und angeleuchteten Gebäuden ist es nicht getan. Russland für die unentschuldbare Aggression empfindlich abzustrafen, wird uns alle etwas kosten.

Es wird teuer

Hier bei uns geht es zum Glück nicht um Leib und Leben. Aber um liebgewonnene Ideale - und um Geld. Pazifisten sprechen plötzlich über Aufrüstung, Umweltschützer von einer längeren Laufzeit für Kohlewerke. Solidarität mit der Ukraine heißt deshalb wohl auch: Höhere Energiepreise in Kauf nehmen, langfristig vielleicht sogar höhere Steuern. Die wirtschaftlichen Folgen der Russland-Sanktionen werden sich in der Staatskasse bemerkbar machen. In einer Handelsstadt wie Hamburg wohl sogar besonders schnell und deutlich.

Bitte keinen Streit um Flüchtlingsunterkünfte

Was sind uns also Sicherheit und Unabhängigkeit Wert? Was nehmen wir dafür in Kauf? Auch mit Blick auf die Fliehenden, von denen vermutlich Tausende nach Hamburg kommen. Und wahrscheinlich auch erst mal bleiben. Sie brauchen hier unsere Unterstützung - und auf keinen Fall Streit um Flüchtlingsunterkünfte in der Nachbarschaft.

Flaggen schwenken und Profilbilder in Blau-Gelb sind auch wichtige Zeichen der Solidarität. Dieser Krieg wird uns allen aber noch lange deutlich mehr abverlangen.

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