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Halbzeit für Rot-Grün in Hamburg: Regieren im Krisenmodus

Stand: 07.08.2022 13:00 Uhr

Im August ist Halbzeit für den rot-grünen Senat in Hamburg und es ist Zeit für eine Zwischenbilanz. Doch während der Koalitionsvertrag noch auf 200 Seiten Aufbruch signalisieren sollte, blieb thematisch kaum Raum für Profilierung.

von Telsche Zuleger

Bei der Bürgerschaftswahl im Februar 2020 erringen die Grünen mit 24,2 Prozent ein historisch hohes Wahlergebnis. Sie verfehlen aber ihr Ziel, den Bürgermeister oder die Bürgermeisterin zu stellen. Das macht mit 39,2 Prozent Wählerstimmen weiterhin die SPD. Nachdem die Koalition besiegelt ist, verfügt Rot-Grün über eine Zweidrittelmehrheit mit der es sich souverän regieren ließe. Aber dann kommt eine Herausforderung, die alles andere in den Schatten stellt, sagt Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne): "Corona fing kurz vor der Wahl an, wir haben schon Koalitionsverhandlungen im Coronamodus geführt, und so setzte sich das fort. Das ist wirklich regieren im Ausnahmezustand".

Regieren im Lockdown

Hamburg und die ganze Republik im Lockdown. Schulen, Geschäfte, Restaurants - alles geschlossen. Die Stadt wie ausgestorben. Bilder und Erfahrungen, die für alle neu sind - auch für die Politiker, meint Finanzsenator Andreas Dressel (SPD): "Das war für uns alle die erste Pandemie-Situation mit den ganzen absurden Situationen, wo wir Hilfsprogramme innerhalb von wenigen Tagen auf die Beine gestellt haben. Durch eine ganz leere Stadt zu fahren, das war eine ganz merkwürdige Situation".

Hausgemachte Probleme bei Grote und Gallina

Doch Rot-Grün strauchelt weniger über Corona als über das eigene Personal: SPD-Innensenator Andy Grote feiert trotz Corona-Zeiten und es zerreißt ihn fast beim "Pimmel"-Schlagabtausch zwischen seinen Behörden und der linken Szene: Gute PR sieht anders aus. Und die neue Grüne Justizsenatorin Anna Gallina streitet sich als Fachfremde mit der erfahrenen grünen Staatsrätin Katja Günther gleich zu Beginn ihrer Amtszeit und ersetzt diese. Zuletzt zeigen sich auch andere Senatsmitglieder streitbar: Umweltsenator Kerstan bleibt das Lachen im Hals stecken, als der Bürgermeister darüber nachdenkt, Windkrafträder in Naturschutzgebieten aufzustellen. Und Wirtschaftssenator Westhagemann denkt im Alleingang nach, das Kohlekraftwerk Moorburg wieder anzuschalten.

CDU: Senat ist zerrissen

Für den CDU-Oppositionsführer Dennis Thering ist die Uneinigkeit im Senat zum Problem für die Stadt geworden: "Tagtäglich merken wir, wie zerrissen dieser Senat ist, dass man sich auf persönlicher Ebene nicht versteht, aber auch inhaltlich große Differenzen hat. Ich erwarte vom Bürgermeister, dass er jetzt diese Halbzeit nutzt und auch einen anderen Gang einschaltet zum Wohle unserer Stadt". Es könne nicht sein, dass jede Senatorin, jeder Senator sein eigenes Ding mache, so Thering.

Viel Aufmerksamkeit für Tjarks

Viel Aufmerksamkeit trotz Krise bekommt Verkehrssenator Anjes Tjarks, für die er auch gern selbst sorgt. Offenbar so viel, dass sich der Bürgermeister gerne mit in die Pressekonferenzen beim grünen Herzensthema Mobilitätswende setzt. Tschentscher spielte in Corona-Zeiten sogar auf Bundesebene eine entscheidende Rolle. Aber auf Corona folgt schon die nächste Krise: der Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen. Dazu sagt die Grüne Fegebank: "Und deshalb weiß ich, dass es erstmal unruhig und für viele auch belastend weiter gehen wird. Aber das darf uns nicht entmutigen. Wir wollen Optimismus und Zuversicht ausstrahlen, dass wir das gemeinsam hinkriegen". Und Sozialdemokrat Dressel fügt hinzu: "Wir alle sehnen uns nach einer Zeit, in der ein Stück Normalzustand ist, wo wir die großen Zukunftsthemen der Stadt in den Mittelpunkt stellen können."

Rot-Grün will Optimismus als Botschaft in Krisenzeiten senden und hofft auf die Rückkehr zur Normalität: Denn auf ihrer Agenda stehen Themen, die eigentlich nicht in den Hintergrund treten sollten: ambitionierte Klimaziele, die Verkehrswende und ein extrem angespannter Wohnungsmarkt. Alles schon so ziemlich dicke Bretter - auch ohne Krise.

Dieses Thema im Programm:

Hamburg Journal | 06.08.2022 | 19:30 Uhr

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