Donald Trump, ehemaliger US-Präsident, bei einer Rede auf einem Podium. © dpa bildfunk/AP Foto: Andrew Harnik

NachGedacht: Donald Trump und sein unbedingter Wille zur Macht

Sendedatum: 18.11.2022 10:20 Uhr

Donald Trump hat auf seinem Anwesen in Florida ein "very big announcement" abgegeben. Sein Timing hätte sehr viel besser sein können. Claudia Christophersen denkt über politische Konstellationen in den USA nach.

von Claudia Christophersen

Florida ist ein Sonnenstaat: Wenn hierzulande im grauen, feuchtnassen Winter über frostige, ungemütliche Temperaturen gejammert wird, ist es in Florida hell und angenehm warm. Sonnenschein, keine erfreuliche Ausnahme, sondern Dauerzustand. Beflügelt das Wetter die wagemutigen Dinge, die dort in diesen Tagen passieren?

Donald Trumps Ankündigung: Viel Superlativ

Der Mond ist ein Traumziel der Menschheit. Also ist in dieser Woche die "Artemis 1" zu einem ersten Teststart aufgebrochen. Die Rakete startete vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral in Florida. Künftig soll das Reisen auf den Mond keine ferne Utopie mehr sein. Nur wenige Stunden versetzt schritt ein Mann in Florida ebenfalls zu einer wichtigen Tat: Donald Trump machte ein "very big announcement". Sein Timing hätte sehr viel besser sein können.

Claudia Christophersen © NDR Foto: Christian Spielmann
Claudia Christophersen sieht Probleme auf Donald Trump zukommen.

Während die Welt mit dem Raketen-Zwischenfall an der polnisch-ukrainischen Grenze befasst war, hochalarmiert, besorgt darum, wie dieser Zwischenfall zu deuten ist und von wem er überhaupt ausgegangen ist, erklärt Donald Trump, er wolle wieder Präsident werden und für die Wahl 2024 kandidieren. Da stand er also in seinem Refugium Mar-a-Lago in Florida, Palm Beach. Vor einer Kulisse von zig US-Flaggen, redete und zeichnete das Bild von einem Land, das unter ihm erneut aufblühen würde: Er wolle Amerika wieder groß und glorreich machen. Viel Superlativ war in diesen Minuten zu hören, weniger wäre wohl angemessener gewesen. Was aber hilft Sinn für Realität, wenn zur Schau gestelltes Eigeninteresse, der unbedingte Wille zur Macht alles andere übertünchen?

Donald Trump ist verletzt, er ist beleidigt, weil sein Selbstbild nicht mit dem übereinstimmt, was ihm die Außenwelt spiegelt. Die Niederlage seiner Partei bei den jüngsten Zwischenwahlen hatte er am wenigsten erwartet. Und die Republikaner selbst, sie gehen auf Sündenbocksuche: Wer ist für dieses Wahldebakel verantwortlich? Verpatzt sind die Midterms, verpatzt ist, das meinen nicht wenige, die ganze Ära Donald Trump. Je klarer sich das abzeichnet, Trump den Gegenwind seiner eigenen Leute spürt, desto mehr schäumt er vor Wut, auch gegen Mitstreiter, die bis vor Kurzem noch unter seinem Patronat standen, sich aber inzwischen zu handfesten Konkurrenten etablieren.

Wer kann den amerikanischen Traum neu auszudeuten?

So einer lebt ebenfalls im sonnigen Florida, ist Gouverneur und könnte zum echten Problemfall für Donald Trump werden. Ron DeSantis. Schon jetzt nennt man ihn den "Mini-Trump" oder den "Trump mit Hirn", denn DeSantis wurde von Trump gecoacht, protegiert, er ist jung, 44, hat in Yale studiert und einen Harvard-Abschluss. Und Mike Pence, Ex-Vizepräsident kommt aus der Deckung, distanziert sich von seinem ehemaligen Chef und zieht eine Kandidatur in Erwägung. Während sich also die republikanischen Kandidaten in Stellung bringen, sind die Demokraten erst einmal erleichtert, auch wenn jetzt, so die jüngsten Zahlen, die Mehrheit im Repräsentantenhaus an die Republikaner ging.

Trotzdem: Joe Biden hat einen guten Lauf: Er präsentiert sich mit bester strategischer Diplomatie: Handschlag mit Chinas Staats- und Parteichef beim G20-Gipfel in Bali. Um die "korrekte Richtung" ist man bemüht, geht es um die gegenwärtigen Konflikte, ob Klimawandel, Krieg oder Krisen. Seine Worte sind ruhig und besonnen, wenn andere flattern und kläffen. Und vielleicht können sich in so einem Gefüge ganz andere Wahl-Konstellationen entwickeln. Vielleicht wird man sich in Washington, nicht nur im gemütlichen Florida, etwas trauen, das die Welt überraschen könnte. Mit einer Figur, die ebenfalls ruhig, besonnen und jünger ist. An wen ich denke? An eine Frau, die Michelle Obama heißt. Wäre sie nicht die Richtige, um den amerikanischen Traum neu auszudeuten?

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Ulrich Kühn, Claudia Christophersen und Alexander Solloch. © NDR Foto: Christian Spielmann

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | NachGedacht | 18.11.2022 | 10:20 Uhr

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Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

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