Weltfriedenstreffen: Schluss mit schönen Worten!
Nordkorea, der Nahost-Konflikt, der Krieg in Syrien - es sind unruhige und bewegte Zeiten. Am Wochenende beginnt in Münster das Internationale Weltfriedenstreffen. Rund 5.000 Besucher werden erwartet, unter ihnen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ahmad Muhammad Al-Tayyeb, der Großimam der Al-Azhar-Universität in Ägypten. Die Veranstalter wünschen sich positive Signale. Mouhanad Khorchide hofft auf mehr.
Ein Kommentar von Mouhanad Khorchide
Das Internationale Weltfriedenstreffen in Münster und Osnabrück ist ein wichtiger Anlass, um ein Zeichen für den Frieden in der Welt zu setzen. Dass hochrangige Politiker und Vertreter der verschiedenen Weltreligionen daran teilnehmen, ist auch ein Signal an die Weltgemeinschaft: für einen starken gemeinsamen Willen zum Frieden.
Den Worten müssen Taten folgen
Allerdings reicht der Wille allein nicht aus, um wirklich Frieden in der Welt zu schaffen. Dieser Wille muss sich durch praktische Schritte bewahrheiten. Ansonsten bleibt es bei frommen Wünschen und vielen schönen Worten. Davon gibt es schon genug. Solange zum Beispiel Politiker westlicher Länder Waffenexporte an Staaten wie Saudi-Arabien genehmigen und so für militärische Spannungen sorgen, sind all die Reden vom gemeinsamen Interesse am Frieden nicht glaubwürdig. Gerade die Konflikte im Nahen Osten zeigen, dass viel zu oft politische und wirtschaftliche Machtinteressen und keineswegs Werte wie Nächstenliebe und Barmherzigkeit das letzte Wort haben.

Was nützen Friedenstreffen, an denen auch wichtige muslimische Vertreter teilnehmen, wenn zugleich in vielen islamischen Ländern die Rahmenbedingungen für ein friedliches Miteinander nicht wirklich vorhanden sind? Religiöse Minderheiten genießen in diesen Ländern keine gleichberechtigte Behandlung. Die jahrhundertealten Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten, die fehlende Meinungsfreiheit, fehlende Menschenrechte und fehlende demokratische Teilhabe - all das sind real existierende Herausforderungen.
Das Ziel: eine gemeinsame Identität
Kommen wir aber nach Deutschland zurück, wo in diesem Jahr das Internationale Weltfriedenstreffen der christlichen Gemeinschaft Sant'Egidio stattfindet. Frieden bedeutet vor allem auch die Bereitschaft, sich auf den "Anderen" einzulassen und diesem mit Anerkennung und Wertschätzung zu begegnen. Ein "Wir-Gefühl als Deutsche", zu dem natürlich auch die Muslime gehören, ist allerdings immer noch keine Selbstverständlichkeit. Denn im Bewusstsein vieler sind es noch immer "die Deutschen" auf der einen Seite und "die Muslime" auf der anderen. Beziehungsweise "Wir Muslime" auf der einen und "die Deutschen" auf der anderen Seite.
In den meisten Moscheen kommen die Imame immer noch aus Ländern, die die Geistlichen auch als politische Gesandte verstehen. Besser wäre: mehr Imame an deutschen Hochschulen auszubilden und ihnen in den Gemeinden eine Perspektive zu bieten. Hinzu kommt, dass einige Politiker in Deutschland Ängste vor dem Islam schüren, um die Bevölkerung zu verunsichern. Dadurch wird eines deutlich: Wir haben noch viel Arbeit vor uns, bis wir eine gemeinsame Identität geschaffen haben, die Platz für uns alle hat und somit für Frieden im eigenen Haus sorgt.
Frieden fällt nicht vom Himmel
Bei dem Weltfriedenstreffen in Münster und Osnabrück werden die Vertreter der Religionen auch einen Friedensappell unterzeichnen. Es wird spannend, inwieweit sie auch bereit sind, diesen umzusetzen.
Frieden fällt nicht vom Himmel, Frieden bedeutet Toleranz und Anerkennung einzuüben. Hier muss jeder bei sich anfangen. Denn die Akteure sind nicht nur die Politiker und die religiösen Institutionen. Akteure des Friedens sind Sie und ich, jeder in seinem eigenen Alltag.
