Sendedatum: 14.07.2017 | 15:20 Uhr
1 | 4 Cetin Gürer, Politikwissenschaftler und Stipendiat an der Universität Bremen, findet es nicht überraschend, dass innertürkische Konflikte nach Deutschland importiert werden: "Erdogan versucht bewusst, innertürkische Konflikte nach Deutschland zu übertragen. Das ist sein wichtigstes politisches Anliegen: Durch Konflikte an der Macht zu bleiben. Erdogan hat sich eine Machtstruktur aufgebaut, die auf gesellschaftliche Konflikte angewiesen ist. Er und die Regierungspartei AKP teilen die Gesellschaft in Freund und Feind. Feinde müssen damit rechnen, verfolgt zu werden. Wir als kritische Wissenschaftler gehören dazu."
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2 | 4 Hasan hat in der Türkei in einer Bildungseinrichtung gearbeitet. Er ist sicher: Die Stunde seiner Generation wird kommen: "Die Medien haben einen großen Einfluss in dieser Krise. Ein paar Mal war ich bei Verwandten hier in Deutschland, da lief die ganze Zeit nur türkisches Fernsehen, also Staatsfernsehen. Und da werden alle Länder als Unterstützer von Terroristen abgestempelt, die gegen Erdogan sind. Noch glaubt das Volk ihm und seinen Versprechungen. Bis eines Tages die Blase platzt. Und dann wird es unsere Aufgabe sein, die Leute zusammenzuhalten."
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3 | 4 Betül Yarar, Soziologin und Stipendiatin an der Universität Bremen, legt Wert darauf, sich klar von der Gülen-Bewegung zu distanzieren: "20 Jahre lang bin ich in meinem Job aufgegangen. Bis mir das Rektorat der Fakultät das Etikett „Gülenistin“ verpasst hat. Ich habe aber völlig andere politische Auffassungen. Und ich will nicht, dass die Regierung Zuschreibungen missbraucht, um Institutionen von all denen zu säubern, die andere politische Ansichten haben. Die Petition von Wissenschaftlern für Frieden in den kurdischen Gebieten, die ich unterstütze, war für Erdogan so etwas wie eine Schwarze Liste. Wer auch nur irgendwie Sympathie für die Kurden äußert, soll entfernt werden, aus jeder Form von Institution.."
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4 | 4 Ahmet war Lehrer in der Türkei. Kritisch sieht er die Haltung vieler Erdogan-Anhänger in Deutschland: "Viele Türken hier beten Erdogan praktisch an. Mein Eindruck ist, dass die Generation, die in den 70er, 80er Jahren hierher gekommen ist, sich nicht an Deutschland angepasst hat. Die wollten schon immer zurück in die Türkei. Mit denen will ich jedenfalls nichts zu tun haben. Ich habe hier Kontakte im Hizmet-Kreis. Aber ich lerne auch andere Leute kennen, über den Sprachkurs zum Beispiel. Ich will so schnell wie möglich Deutsch lernen, damit ich meinen Beruf weiter ausüben kann."
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