Popmusik im Wandel: Warum wurde der Hip Hop zum Erfolg?
Woran liegt es, dass ein Hype im Pop nach kurzer Zeit wieder verschwindet, während ein anderer sich dauerhaft etabliert? Der Musiker und Podcast-Macher Goetz Steeger erklärt den Erfolg des Hip Hop.
Die Gruppe The Last Poets gründete sich Ende der 60er-Jahre in New York. Sie rappten ihre Texte zu Congabeats. Eine archaischere kulturelle Form lässt sich kaum vorstellen: das rhythmisch gesprochene Wort. Und damit ist man direkt bei den Anfängen des Hip Hop. Über diese Anfänge rappen The Last Poets. Es geht um reimende Geschichtenerzähler und Nachrichtenüberbringer, die es schon seit Jahrhunderten gibt: die westafrikanischen Griot. Damit waren die Last Poets den Anfängen des Hip Hop um ein gutes Jahrzehnt voraus.
Erfolg des Hip Hop begann in den späten 70er-Jahren

Als der Hip Hop in den späten 70er-Jahren die Welt eroberte, war mindestens zu erahnen, dass es sich hier nicht nur um einen schnellen Hype handelt. Dazu war das Ganze von vorne herein zu multidimensional: außer Rap gehörte auch Breakdance, Graffiti, oder DJing dazu. Aber naheliegend wäre gewesen, dass die schnell gelangweilte Popwelt bald das Interesse verliert und Hip Hop wieder nur dort eine Rolle spielen würde, wo er ursprünglich herkam: in der Bronx und andere sogenannten Brennpunkten.
Hip Hop griff immer popkulturelle Strömungen auf
Wie kam es also, dass Hip Hop zu einer der dauerhaft wichtigsten popkulturellen Strömungen wurde? Hip Hopper machten sich immer auch die aktuellen Sounds zu eigen, etwa Grandmaster Flash mit den typischen 80er-Synthesizern und Drumcomputern. Dazu kam eine regelrecht historische Anbindung durch DJs, die sich durch Soul-, Jazz- und Funk-Platten der vergangenen Jahrzehnte hörten, auf der Suche nach den coolsten Grooves, abgespielt von Samplern, und angereichert mit fetten Bässen und Bassdrums. Das prägte den Hip Hop der frühen 90er-Jahre.
Drastische Sprache und Gangkultur wird zum Verkaufsargument
Dazu kamen Raptexte über die eigene Realität, in authentisch drastischer Sprache, die zunächst verhinderte, dass Hip Hop im US-Radio stattfand. Im Laufe der Zeit wurde das Kokettieren mit Gangkultur, sexistischen Gewaltfantasien und Ressentiments für die Business-Seite zum Verkaufsargument, gerade auch beim Deutsch Rap, aber zum Glück eben nur teilweise.
Ein großer Gangsta-Hit war Puff Daddy's "I'll Be Missing You", bei dem der Police-Hit "Every Breath You Take" recycelt wurde. In den 90er-Jahren war das eine gängige und höchsteffektive Hip Hop-Praxis. Den Song erkannte man dadurch sofort wieder.
Produzent Timbaland und Vermischung mit R&B-Elementen
Eine große Veränderung im Hip Hop gab es Ende der 90er. R&B-Elemente kamen ins Spiel und damit eine neue Herangehensweise mit anderen Sounds und neuem Instrumentarium. Das war etwas, das wie immer an solchen Stellen, den Puristen zuwider war. Der Produzent Timbaland spielt in diesem Zusammenhang ein tragende Rolle, weiß der fachkundige DJ MAD, selbst Mitglied der legendären Hamburger Hip Hopper Beginner: "Timbaland hat angefangen ganz anders an diese Produktionen ranzugehen. Das war komplett neu. Die ganzen eingefahrenen Hip Hop-Heads waren so 'Hä, was ist das denn?'. Aber, um etwas am Leben zu erhalten muss es halt eben auch in gewissen Abständen Frischzellenkuren kriegen, damit es spannend bleibt."
Stetige Veränderung macht den Hip Hop langlebig
Missy Elliots "She's A Bitch" aus dem Jahr 1999 ist ein Song mit Breakbeat und R&B-artigen Keyboards, produziert von Timbaland. Dass neue Produktionstools den Hip Hop immer wieder verändern, sorgt dafür, dass keine starren Genre-Grenzen entstehen. Vor allem aber ist Hip Hop längst überall auf der Welt ein wichtiges Sprachrohr, das durchaus gesellschaftliche Veränderungen mit auf dem Weg bringen kann, etwa in punkto Frauenrechte, wie etwa heutzutage von der Rapperin Mina La Voilèe aus dem Senegal.
Der Beitrag ist Teil einer Reihe, die sich mit dem Wandel in unterschiedlichen kulturellen Bereichen auseinandersetzt und die Frage stellt "Was bleibt, was vergeht?".
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