Architekturwunder Alster-Schwimmhalle: Die "Schwimmoper" im Umbau
Sydney hat die Oper, London den Millennium Dome und Hamburg die Elbphilharmonie - aber nicht nur. Wer sich von Südosten der Innenstadt nähert, sieht sie sofort: die Alster-Schwimmhalle - derzeit eine riesige Baustelle.
Wie die gigantischen Flügel eines Albatros, wie ein stilisierter Schwimmer in Delfintechnik: Riesig ragt das hauchdünne, fast schwebende Dach der Alster-Schwimmhalle über der Straße Sechslingspforte auf. "Es ist bis heute so, dass ein Tragwerksplaner an Rechenmodellen nicht nachweisen kann, dass es hält, aber es hat gezeigt, dass es hält", schwärmt Ingo Schütz von der Hamburger Betreibergesellschaft "Bäderland". Er ist als Projektleiter für die Finanzen des Umbaus zuständig: "Ich vermute, dass es in Deutschland nicht viele ähnliche Bäder oder überhaupt Gebäude gibt", erzählt Schütz. "Meines Wissens ist es in Deutschland sogar die größte freitragende Schale dieser Art! Mag sein, dass es irgendwo auf der Welt noch etwas Größeres gibt, aber das ist mir nicht bekannt."
Mehr Tageslicht in der umgebauten Alster-Schwimmhalle
Dynamisch, ein futuristisches Raumschiff. Das Dach ist einmalig: In der Fläche gerade mal acht Zentimeter dünn, trägt es rein gar nichts und ist ein elegantes, scheinbar nutzloses Stück Baukunst. "Man sieht jetzt, was man vor 50 Jahren in der Bauphase gesehen hat. Da wurde auch zuerst die Schale gebaut - die stand so schön frei als Skulptur. Es war für uns klasse, als die Fassade abgebaut war, das mal so zu sehen, so nackt", freut sich Architekt Tim Leimbrock und Projektleiter vom Architekturbüro gmp. Bald wird die Glasfassade wieder eingesetzt. Das Besondere: Die Nordtribüne ist weg. "Dadurch haben wir eine Rundumbeleuchtung mit Tageslicht. Es wird also eine wirklich helle Angelegenheit", sagt Schütz.
Der Neubau wird sich optisch vom denkmalgeschützten Teil absetzen. Architekt und Projektleiter führen über das Gelände, wo täglich zwischen 60 und 100 Menschen arbeiten. "Hinter der Betonwand wird zukünftig der neue Eingang sein", erklärt der Architekt Leimbrock. "Dort sieht man das große Schwimmhallendach ohne Tribünen und Fassaden und vorweg der Neubau, der jetzt aus der Erde kommt."
Vier neue Becken und großes Potential für Schulklassen
Bisher läuft das 80 Millionen-Euro-Projekt nach Plan. Der Rohbau soll dieses Frühjahr fertig werden. Es entstehen vier neue Becken mit mehr als doppelt so viel Wasserfläche. "Wir haben die Möglichkeit, bis zu vier Schulklassen parallel schwimmen zu lassen", sagt Schütz. "Das war in Hamburg sonst nirgendwo möglich. Da schaffen wir deutlich größeres Potential!"
Die "Schwimmoper", wie sie bis heute im Volksmund wegen der Oper von Sydney heißt, wurde Ende der 60er-, Anfang der 70er-Jahre gebaut. Schneeweiß soll sie Ende 2023 wieder aufragen: Was für ein Hingucker, wenn man von Südosten kommt. Alt und Neu werden sich hier behutsam verbinden, verspricht Tim Leimbrock. Farblich wird es von innen eher an Jane Fonda und Pril-Blumen erinnern, sagt er: "Das Gebäude ist ein Kind der 70er und orange ist die damals gestaltprägende Farbe gewesen. Den Farbton wird man in Zukunft wiedersehen."
Ein wiederentdeckter Bunker als Zisterne
Und dann - eine besondere Überraschung - führt Ingo Schütz die Treppen hinunter, in ein dunkles Kellersystem unter der Halle: "Wir stehen hier in einem alten Bunker, der aus dem Zweiten Weltkrieg übriggeblieben ist und der bei uns nahezu in Vergessenheit geraten ist." Beim Umbau wurde er quasi wiederentdeckt, man stieß sogar auf einen Kinderwagen aus der Zeit. Die Frage stand im Raum: Auffüllen, Abbrechen, Erhalten? Jetzt wird der Bunker zu einer riesigen Zisterne für rund 800 Kubikmeter Regenwasser, das über das Dach geleitet wird, sagt Schütz.
Ingo Schütz ist überzeugt, dass die Menschen die neu-alte "Schwimmoper" schon sehnlichst erwarten: endlich wieder kraulen in einer Architektur voller Luft und Licht. Er und Tim Leimbrock freuen sich auf den ersten Wasserkontakt: "Wenn ich mein Bier zur Eröffnungsfeier trinke und sage: 'So, okay, hat geklappt' - da freue ich mich drauf. Irgendwann werde ich hier auch eine Bahn ziehen."
