Stand: 03.11.2021 11:47 Uhr

Wöhler und Wiederspiel: Hochzeit in der Mittagspause

von Daniel Kaiser

Schauspieler Gustav-Peter Wöhler und der Chef des Filmfestes Hamburg, Albert Wiederspiel sind seit 16 Jahren ein Paar. Im NDR Podcast "Feel Hamburg" erzählen sie von ihrer Heirat in der Mittagspause.

Der Schauspieler Gustav-Peter Wöhler (links) und der Chef des Hamburger Filmfests, Albert Wiederspiel (rechts) mit Moderator Daniel Kaiser.
Der Schauspieler Gustav-Peter Wöhler (links) und der Chef des Hamburger Filmfests, Albert Wiederspiel (rechts) mit Moderator Daniel Kaiser.

In der Küche ist die Rollenverteilung klar: Albert kocht. Gustav sieht sich eher als Sous-Chef. Als im Podcast-Studio Schokokekse auf dem Tisch stehen und Wiederspiel beherzt zugreift, bringt Wöhler den Teller in Sicherheit - in Sorge um die Gesundheit seines Mannes. Händchenhalten ist allerdings nicht so ihr Ding. "Wenn wir spazieren gehen, hakt er sich bei mir ein. Das finde ich ganz toll", schwärmt der 65-jährige Wöhler.

In der Mittagspause geheiratet

Das Kennenlernen der beiden im Jahr 2005 verlief ziemlich romantisch: Rockstar trifft Manager! "Ich bin mit meiner Band auf seinem Filmfest aufgetreten", erinnert sich Wöhler. "Da hörte ich ihn reden und habe mich stante pede in diesen Mann verknallt. Er war so eloquent und so klug und so witzig." Schon 2008 entschieden sie sich für eine eingetragene Partnerschaft mit einer kleinen Feier. Als dann die "Ehe für alle" kam und sie 2018 noch einmal zum Standesamt mussten, war das für die beiden nur noch ein bürokratischer Akt. "Ich habe das in der Mittagspause erledigt. Um 14 Uhr war ich wieder am Schreibtisch", lacht der 60-jährige Wiederspiel und fügt hinzu: "Wir machen wieder eine Feier, wenn wir uns scheiden lassen. Oft ist eine Scheidung auch ein Grund zum Feiern." Wöhler scherzt zurück: "Das kann schneller gehen, als Du denkst."

Zwei Kulturmenschen von der Pike auf

Die beiden bereichern das Kulturleben mit Film, Theater und Musik. Albert Wiederspiel hat für sein langjähriges Engagement als Chef des Hamburger Filmfestes gerade die Senator Biermann-Rathjen-Medaille erhalten. Wöhler, der durch viele Fernsehrollen einem Millionenpublikum bekannt ist, stand zuletzt beim Salzburger "Jedermann" auf der Bühne und spielt immer wieder auch in Hamburg Theater. Eigentlich wollte er einen sozialen Beruf ergreifen, doch der Religionslehrer erlebte einen seiner Auftritte mit seiner Band und nötigte ihn, auf eine Schauspielschule zu gehen. Auf der Bühne gilt Wöhler als "Rampensau", privat ist er eher ein ruhiger Typ. "Wenn ich zu Hause so wäre wie auf der Bühne, wäre es langweilig und Albert hätte mich schon längst rausgeschmissen", sagt Wöhler.

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Eine Frau isst ein Brötchen im Hamburger Hafen. © Getty Images | iStockphoto Foto: Jens Rother

"Feel Hamburg"

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Aus Polen vertrieben

Wiederspiel verbrachte die ersten acht Jahre seines Lebens in Polen. Das kommunistische Regime vertrieb aber 1968 die meisten Holocaust-Überlebenden und ihre Familien aus dem Land: 20.000 Jüdinnen und Juden mussten damals Polen verlassen - ein Vorgang, der heute fast vergessen ist. Wiederspiels Familie wanderte nach Dänemark aus. Er studierte in Paris und begann danach, in Frankfurt und Hamburg zu arbeiten. "In meiner Familie war meine Homosexualität überhaupt kein Thema. Es wurde einfach akzeptiert", erinnert er sich. Ganz anders bei Gustav-Peter Wöhler, der in einem kleinen Ort bei Herford aufgewachsen ist. Seine Eltern hatten dort eine Kneipe. "Das wäre gar nicht gegangen. Wenn die gehört hätten, dass ich schwul bin, dann wären die Leute nicht mehr in unsere Kneipe gekommen", erinnert sich Wöhler und vermutet, dass er von seiner Familie abgelehnt worden wäre. "Ich habe meinen Vater mal in einem Gespräch über Schwule sagen hören: 'Alle an die Wand!'"

Kein Verständnis für Amazon-Vorstoß

Dass die Gesellschaft heute erkennbar diverser und toleranter geworden ist, freut die beiden. Den Vorstoß, dass in Filmen und Serien Schwule nur von Schwulen gespielt werden sollen, wie es dem Streaming-Anbieter "Amazon" vorschwebt, lehnen die beiden aber klar ab. "Dann müssten wir auch Schwulen sagen, dass sie keine Heterosexuellen mehr spielen dürfen. Dann ist es vorbei mit unserem Beruf", schimpft Wöhler. Und Wiederspiel fügt hinzu: "Schauspieler sein heißt, etwas zu spielen, was man nicht ist." Er rechnet nicht, dass diese Regel von Dauer sein wird.

Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | Kulturjournal | 02.11.2021 | 19:00 Uhr

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