"Das Vermächtnis": Theaterstück über homosexuelle Community
Das preisgekrönte Theaterstück "Das Vermächtnis" des US-Amerikaners Matthew Lopez spannt den Bogen von den Tagen der Aids-Epidemie in den 80er-Jahren bis zur Wahl Donald Trumps 2016. Heute hat es am Schauspiel Hannover Premiere.
Was ist eine homosexuelle Community, welche Ziele verfolgt sie, was will sie erreichen, wie stehen ihre Mitglieder füreinander ein? Darum geht es in dem fünfstündigen Bühnenstück am Schauspiel Hannover.
Biografien erforschen und Erfahrungen weitergeben
Vier jüngere Männer in schwarzer Kleidung stehen eng beieinander, betrachten romantische Bilder eines homosexuellen Paares. Links, im Halbrund, ein Amphitheater mit goldenen Stufen. Statt originalgetreu eingerichteter Interieurs gibt es Projektionsfläche, die Raum für individuelle Ansichten und Erfahrungen bietet. "Eine Gruppe junger Autoren versucht, ihre Geschichte zu erzählen, von ihrem Leben zu erzählen, ihre Biografien und ihre Erfahrungen zu fixieren, um sie weitergeben zu können [...], um sie in ein Verhältnis zueinander zu setzen, zu unterschiedlichen Generationen", sagt Regisseur Ronny Jakubaschk. "Dadurch befinden wir uns am Anfang in so einer Art - man würde sagen - Writers Room oder Autoren-Studio, wo gemeinsam gesucht oder geforscht wird."
Männer auf der Suche nach Zugehörigkeit in einer Community
Es sind Männer auf der Suche nach dem Lebensglück, nach Geborgenheit in einer Gruppe, nach Zugehörigkeit in einer Community. Henry ist in den 1960er-Jahren geboren und hat seine Freunde an Aids sterben sehen. Eric ist Anfang 30, will in vollen Zügen leben und lieben. Doch werden die Homosexuellen Amerikas 2016 durch die Wahl Donald Trumps ihre mühsam erkämpften Rechte bald wieder verlieren? Sind die Erfahrungen der älteren Generationen hilfreich, das Errungene zu verteidigen?
Fabian Dott verkörpert den jungen Eric: " Es gibt einen guten Satz von Eric. Er sagt, wir müssen nach einer Verbindung suchen, auch wenn es sie erst mal auf den ersten Blick nicht gibt. Und ich finde, das stimmt. Ich glaube, dass jeder Mensch etwas in sich hat, das es zu verstehen gilt. Ansonsten funktioniert das Zusammenleben nicht."
"Mir fehlt das Gefühl, das ich hatte, als Schwulsein noch irgendwie so war als wäre man Mitglied in einem Geheimclub." Zitat aus dem Stück
"Das Vermächtnis": Panoptikum queerer Welten über mehrere Jahrzehnte
Das Private wird unter Donald Trump wieder zum Politischen. Die Protagonisten, die sich gerade noch über ihr persönliches Glück und ihre Freiheiten freuen konnten, müssen wieder politisch Stellung beziehen. Der US-amerikanische Autor Matthew Lopez, Jahrgang 1977, beleuchtet diesen Umstand, indem er das Lebensgefühl seiner Figuren aus verschiedenen Generationen, die Ereignisse verschiedener Jahrzehnte, verwebt. Ein Panoptikum queerer Welten, das sich auch in Europa finden ließe.
Analogien zu Unterdrückung in osteuropäischen Staaten
"Wir haben das Stück nicht bewusst aktualisiert oder in die Gegenwart gezogen. Die Wahl von Trump und alles, wofür er steht und was es für die queere Community bedeutet, das lässt sich nach Europa übertragen", meint Regisseur Jakubaschk. "Wir haben in osteuropäischen Staaten teilweise eine Politik, die queere oder homosexuelle Rechte einschränkt, zurückdrängt, sich dort nicht sozusagen auf einen Weg der Liberalisierung macht. Und das lässt sich, alles als Analogie lesen."
Im amerikanischen Original wird "Das Vermächtnis" in zwei Teilen erzählt. Ronny Jakubaschk, der in Hannover zuletzt bei Shakespeares Komödie "Was ihr wollt" fürs Hoftheater Regie führte, hat es für einen Abend eingerichtet. Mehr als fünf Stunden, zwei längere Pausen mit Zeit fürs Essen. Für Schauspieler Fabian Dott ist die Länge ein Segen: "Es ist sehr dicht, aber man hat verschiedene Richtungen, in die man gehen kann. Sich auch mal zu verrennen als Figur, um das dann wieder zu revidieren, das gibt es in anderen Stücken nicht."
"Das Vermächtnis": Theaterstück über homosexuelle Community
Das Stück feiert heute in Hannover Premiere und spannt den Bogen von der Aids-Epidemie in den 80er-Jahren bis zur Wahl Donald Trumps 2016.
- Art:
- Bühne
- Datum:
- Ende:
- Ort:
-
Schauspiel Hannover
Prinzenstraße 9
30159 Hannover - Telefon:
- (0511) 9999 1111
- E-Mail:
- kartenservice@staatstheater-hannover.de
- Preis:
- 22 bis 45 Euro (ermäßigt ab 6 Euro)
- Besonderheit:
- Premiere: 22. April 2022 18:30
- Hinweis:
- Dauer: ca. 5 Stunden, zwei Pausen
Regie: Ronny Jakubaschk
mit: Mohamed Achour, Fabian Dott, Nikolai Gemel, Lukas Holzhausen, Jörg Kunze, Wolf List, Alban Mondschein, Sabine Orléans, Nils Rovira-Muñoz