Ein Fußballer spielt den Ball auf einem Rasenplatz © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Chris Szagola Foto: Chris Szagola

USA: Leon Flach aus SH wird Vizemeister in der Major League Soccer

Stand: 06.11.2022 11:43 Uhr

Der 21-jährige Leon Flach ist in der Nähe von Lübeck aufgewachsen und spielte in seiner Jugend für den Sereetzer SV und den VfB Lübeck. Am Sonnabend stand er mit seinem neuen Club Philadelphia Union im Finale der Major League Soccer (MLS) - und verlor im Elfmeterschießen.

von Samir Chawki

Es war ein echter Krimi, den die knapp 23.000 Fußball-Begeisterten in Los Angeles am Sonnabend geboten bekamen. Zwei Mal ging der heimische Club, der vom früheren Hannover 96-Profi Steven Cherundolo trainiert wird, in Führung. Doch Flachs Team gelang stets der Ausgleich: es ging in die Verlängerung.

Nach einer Vorlage vom ebenfalls deutschen Union-Spieler Kai Wagner schoss Philadelphia-Stürmer Jack Elliot dann wenige Minuten vor Abpfiff das 3:2 - es sah so aus, als würde Flach tatsächlich zum MLS-Champion werden. Doch nur kurze Zeit später - in der 128. Spielminute - rettete Gareth Bale, einst teuerster Fußballer der Welt, L.A. ins Elfmeterschießen.

Philadelphia ohne Treffer im Elfmeterschießen

Die gesamten 129 Minuten stand Flach für seinen Verein auf dem Platz, doch einen Elfmeter durfte der 21-Jährige nicht schießen - sein Teamkollege Wagner dagegen schon. Der Baden-Württemberger war einer von drei Union-Spielern, die allesamt an Keeper John McCarthy scheiterten. Erneut konnte Los Angeles den Titel holen.

Über das bevorstehende Finale, seine WM-Hoffnungen, den Stellenwert des Fußballs in Philadelphia und sein großes Problem einen guten Dönerladen zu finden, hat Leon Flach vor dem Endspiel mit NDR Schleswig-Holstein gesprochen.

NDR Schleswig-Holstein: Leon, erste Saison Halbfinale, zweite Saison Finale - hilft die Erfahrung aus der vergangenen Saison in diesem Jahr?

Leon Flach: Die Erfahrung hilft natürlich. Das ist auch ein Entwicklungsprozess gerade in den Playoffs. Man weiß dann auch, worauf es ein bisschen mehr ankommt und worauf es ein bisschen weniger ankommt. Aber im Endeffekt geht es halt wirklich nur ums Gewinnen, egal wie man das dann erreicht. Und ich glaube, da haben wir als Mannschaft noch mal einen Schritt nach vorne gemacht. Und ich glaube, die Erfahrung hilft uns da auf jeden Fall.

Wie sehr freust du dich auf das Spiel gegen Los Angeles mit Coach Steven Cherundolo, mit Giorgio Chielini in der Abwehr und eventuell Gareth Bale vorne drin?

Flach: Das ist natürlich überragend! Die haben auch noch mit Carlos Vela einen wirklich überragenden Offensivspieler, der auch in Europa gezeigt hat, zu was er im Stande ist und dann gegen Giorgio Chiellini zu spielen ist irgendwie natürlich auch so eine Art Kindheitstraum. Den kennt man noch wirklich aus diversen Finalen auch aus der Europameisterschaft. Es ist einfach ein Traum. Und wenn Gareth Bale mitspielen sollte, ist es natürlich auch normal eine ganz schöne Wucht, die die dann haben. Aber ich glaube, wir sind gewappnet und können jedem wehtun und sind bereit.

Ihr steht im Finale, die Phillies stehen in der World Series (Baseball), bei den Eagles in der NFL läuft’s - wie groß ist mittlerweile die Aufmerksamkeit für euch und für Fußball?

Flach: Ich glaube, die Aufmerksamkeit nimmt auf jeden Fall zu. Generell ist Philadelphia momentan einfach in einem wirklich super Stimmungsmodus, was den Sport angeht. Alle sind bereit, den anderen zu unterstützen und das merkt man auch. Wir haben jetzt mittlerweile deutlich mehr Aufmerksamkeit bekommen als letztes Jahr, weil wir durch die Siege auf einmal auf einem anderen Bildschirm sind und ich glaube, das macht sich bemerkbar. Aber es läuft generell in Sachen Sport für die Stadt Philadelphia jetzt einfach super und das wirkt sich auf alles, was mit Sport zu tun hat, aus.

Zwei Jahre bist du jetzt in den USA - wie viele Nachrichten und wie viel Feedback bekommst du noch aus Deutschland und vor allem aus Schleswig-Holstein?

Leon Flach im Trikot des FC St. Pauli II © IMAGO / Claus Bergmann Foto: Claus Bergmann
2021 wechselte Leon Flach vom FC St.Pauli zu Philadelphia Union in die amerikanische Profiliga.

Flach: Ja, ich bekomme immer noch superviele Nachrichten. Es wird sogar mehr. Immer mehr Leute verfolgen die Liga und auch meinen Werdegang individuell. Und da freue ich mich wirklich immer über jede Nachricht und verfolge natürlich auch was zu Hause passiert. Aber ja, ich bekomme immer noch viele Nachrichten und freue mich auch wirklich über jede.

Und andersrum - auf welchen Nordclub guckst du noch am Meisten, welche Ergebnisse checkst du als erstes, wenn du morgens aufwachst?

Flach: Ja ganz klar! Ich gucke wirklich auch noch viele St. Pauli-Spiele und check' da immer noch die Ergebnisse und beim HSV natürlich auch. Bei St. Pauli versuche ich auch so viele Spiele wie möglich zu gucken. Man hat halt immer noch ein bisschen Kontakt und einfach diese Verbundenheit zum Club. Die bleibt natürlich auch, wenn man da so lange gespielt hat (2016-2021). Deswegen gucke ich immer noch viele Spiele an und guck da auch immer direkt, wie sie gespielt haben, wenn ich es nicht schauen konnte.

Unabhängig davon wie es am Samstag läuft - willst du auf jeden Fall in den USA bleiben oder sehen wir dich vielleicht auch noch mal in Deutschland wieder?

Flach: Beim Fußball weiß man natürlich nie, wie es abläuft. Ich kann mir natürlich vorstellen, irgendwann zurückzugehen. Jetzt gefällt es mir hier wirklich aber auch sehr gut. Wir wollen jetzt erst mal das Finale am Samstag spielen und dann schaut man natürlich, wie es weitergeht. Das mache ich dann mit meinen Eltern und meinem Berater zusammen. Ich bin da jetzt wirklich ganz entspannt. Wir haben so eine super Saison gespielt, das lasse ich jetzt alles auf mich zukommen, genieße einfach gerade den Moment und dann schauen wir mal.

Die WM steht ja auch noch bevor - was machst du denn nächsten Monat so? Haben sich Hansi Flick oder Gregg Berhalter (US-Nationaltrainer) vielleicht schon gemeldet?

Flach: (lacht) Da hat sich keiner gemeldet, was ich jetzt aber auch nicht schlimm finde. Ich habe hier meinen Werdegang im Verein. Da liegt mein ganzer Fokus drauf. Aber klar würde ich da auch nicht Nein sagen, aber man muss auch mal realistisch bleiben. Für die Zukunft würde ich mir das natürlich wünschen, da egal wo irgendwie reinzurutschen. Das ist ja das große Ziel für jeden Fußballer. Aber das lasse ich alles auf mich zukommen.

Wie guckst du und wie gucken die Amerikaner eigentlich auf die WM in Katar?

Flach: Die Amerikaner sind superheiß auf die WM. Die wollen jedem zeigen, dass sie halt doch mittlerweile auch eine Fußballnation sind. Die sind wirklich sehr anspruchsvoll, auch was die Qualifikation damals anging. Ich glaube, dass sie eine gute Mannschaft haben, aber eine WM ist halt auch einfach ein Turnier, was irgendwie immer Ergebnisse hervorbringt, die man nicht so erwartet hätte. Das US-Team hat jetzt natürlich auch nicht mehr die Riesenerfahrung, weil viele Spieler einfach neu sind im Kader. Deswegen schauen wir mal, aber die sind auf jeden Fall superheiß und wünschen sich da ein gutes Abschneiden.

Wichtigste Frage zum Schluss: Hast du mittlerweile einen guten Dönerladen in der Nähe gefunden?

Flach: Leider immer noch nicht. Aber ich freue mich, wenn ich dann wieder zu Hause bin auf meinen guten Döner, wo ich immer hingegangen bin. Da freue ich mich jetzt schon sehr lange drauf!

Das Interview führte Samir Chawki, NDR Schleswig-Holstein

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Leon Flach im Trikot des FC St. Pauli II © IMAGO / Claus Bergmann Foto: Claus Bergmann

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Moin! Der Tag in Schleswig-Holstein | 04.11.2022 | 15:15 Uhr

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