Hannovers Profis Genki Haraguchi (l.) und Simon Stehle gehen enttäuscht vom Platz. © picture alliance / dpa Foto: Swen Pförtner

Hannover 96: So ist der Abstieg näher als der Aufstieg

Stand: 30.11.2020 10:39 Uhr

Fußball-Zweitligist Hannover 96 befindet sich in der Krise. Tabellarisch ist der Abstieg deutlich näher als die ersehnte Rückkehr in die Bundesliga. Noch bewahren die Verantwortlichen Ruhe.

von Johannes Freytag

Gemeinhin sind Äußerungen wie "Die Trainerfrage stellt sich bei uns nicht" bei kriselnden Clubs erste Anzeichen dafür, dass der Trainer kurz vor der Entlassung steht. Insofern dürften bei Hannovers Kocak vergangene Woche die Alarmglocken geschrillt haben, als sich Clubchef Martin Kind nach dem 1:2 in Würzburg demonstrativ hinter ihn gestellt hatte ("Ich stütze Kocak, er hat mein vollstes Vertrauen"). Nach dem jüngsten 0:3 gegen Kiel ist nun die Frage: Wie groß ist das Vertrauen der Vereinsführung tatsächlich?

Kocak: "Kann der Mannschaft keinen Vorwurf machen"

Offenbar noch groß genug, denn bislang hat der wortgewaltige Clubchef öffentlich nicht nachgelegt. Die Partie gegen Kiel bot aber auch wenig Anlass, noch mehr draufzuhauen. Denn die Brandrede vorab von Kocak ("Nicht 96-würdig") hatte Wirkung gezeigt. Gegenüber dem blutleeren Auftritt in Würzburg zeigten sich die Niedersachsen couragierter, engagierter und stark verbessert. "Heute kann ich der Mannschaft keinen Vorwurf machen. Sie hat eine gute Einstellung an den Tag gelegt", sagte Kocak. "Die Jungs tun mir wahnsinnig leid, weil wir sehr viel investiert haben."

Auch Sportchef Gerhard Zuber sah das so: "Man sieht eindeutig, dass die Mannschaft intakt ist und macht, was der Trainer wollte, auch mit der notwendigen Mentalität. Wir glauben an unseren Trainer. Er macht einen tollen Job", erklärte der 45-Jährige.

Neuverpflichtungen zünden noch nicht

Gegen Kiel kosteten haarsträubende individuelle Fehler ein Spiel, das Hannover eigentlich im Griff hatte. Marvin Ducksch ließ zwei Hochkaräter liegen und zementierte seinen Ruf als "Chancentod". 35 Torschüsse gab der 26-Jährige bislang in dieser Saison ab - und hat erst drei Tore erzielt. Deutlich effektiver ist beispielsweise Heidenheims Christian Kühlwetter, der für seine acht Treffer lediglich 22 Torschüsse benötigte.

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Hannovers Kingsley Schindler ist enttäuscht, während Kiels Spieler im Hintergrund einen Treffer bejubeln. © picture alliance/Swen Pförtner/dpa Foto: Swen Pförtner

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Simon Falette, aus Frankfurt geholter Wunschspieler von Kocak und von Eintracht-Manager Fredi Bobic als "eigentlich zu gut für die Zweite Liga" tituliert, verursachte plump einen Handelfmeter und flog später binnen weniger Sekunden mit zweimal Gelb vom Platz.

Überhaupt zeigt sich, dass die Neuverpflichtungen die Niedersachsen bislang kaum vorangebracht haben: Sei Muroya, Kingsley Schindler, Jaka Bijol, Patrick Twumasi - allenfalls Mitläufer in einem Team, das noch keine Struktur hat. Einzig Niklas Hult zeigt in der Defensive stabile Leistungen.

Bilanz schlechter als vor einem Jahr

Kocak weiß, dass 96 den Erwartungen weit hinterherhinkt: "Ich tue mich immer schwer mit dem Wort Krise, aber wir können es auch nicht schönreden." Punktemäßig stehen die Roten nach neun Spieltagen mit zehn Punkten schlechter da als vor einem Jahr (elf).

Clubchef Kind will "den Dezember noch abwarten", um zu beurteilen, ob sich die sportliche Lage verbessert oder weiter verschlechtert. Die kommenden Partien "werden eine Indikation geben, wo es hingeht", hatte der 76-Jährige vor einer Woche gesagt. Angesichts von Gegnern wie dem HSV, Heidenheim und Bochum sowie im Pokal Bundesligist Werder Bremen muss man kein Prophet sein, um Hannover schwere Zeiten vorherzusagen.

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Eine Fußballtabelle vor eine Fußballmotiv © Colourbox Foto: Pressmaster

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Dieses Thema im Programm:

Sport aktuell | 30.11.2020 | 09:25 Uhr

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