Hannovers Kingsley Schindler ist enttäuscht, während Kiels Spieler im Hintergrund einen Treffer bejubeln. © picture alliance/Swen Pförtner/dpa Foto: Swen Pförtner

3:0 - Holstein atmet auf, Hannover 96 tief in der Krise

Stand: 29.11.2020 17:24 Uhr

Holstein Kiel hat durch einen 3:0 (0:0)-Erfolg bei Hannover 96 nach zuvor vier sieglosen Spielen in die Erfolgsspur zurückgefunden. Bei den Niedersachsen gibt es nach dem Desaster Redebedarf.

von Hanno Bode

Dabei hatte der zweimalige deutsche Meister im ersten Abschnitt eine gute Reaktion auf die 1:2-Pleite in der Vorwoche beim Schlusslicht Würzburger Kickers gezeigt. Doch eine Melange aus Pleiten, Pech und Pannen sorgte dafür, dass es zur Pause 0:0 stand. Und dann nahm das Schicksal aus 96-Sicht seinen Lauf: Binnen vier Minuten erzielten die Gäste drei Tore.

Zuber gibt Kocak Job-Garantie

Hannovers Kingsley Schindler ist enttäuscht, während Kiels Spieler im Hintergrund einen Treffer bejubeln. © picture alliance/Swen Pförtner/dpa Foto: Swen Pförtner
Hannovers Kingsley Schindler ist enttäuscht, Kiels Spieler jubeln.

"Die Situation ist natürlich nicht schönzureden, aber ich tue mich schwer mit dem Wort Krise. Wir wissen, dass wir momentan den Erwartungen hinterher hinken. Aber wir werden weiter kämpfen und arbeiten und uns hoffentlich in den nächsten Wochen dann mit Punkten für unseren Aufwand belohnen", sagte Hannovers Coach Kenan Kocak. Angst um seinen Job muss der 39-Jährige trotz der bis dato enttäuschenden Saison laut 96-Sportdirektor Gerhard Zuber nicht haben.

"Man sieht eindeutig, dass die Mannschaft intakt ist und macht, was der Trainer wollte, auch mit der notwendigen Mentalität. Von daher stellt sich die Frage jetzt überhaupt nicht. Wir glauben an unseren Trainer. Er macht einen tollen Job. Ich sehe ihn jeden Tag, er arbeitet richtig gut", erklärte der 45-Jährige.

Ducksch Hannovers tragischer Held

Der erste Abschnitt des Nordduells hatte in Marvin Ducksch eine tragische Figur, deren glückloses Wirken das übrige Geschehen überlagerte. Hannovers Torjäger, dessen Stern im Profifußball einst bei Holstein aufgegangen war, schob bereits früh Frust, als ihm nach einem Foul von Aleksandar Ignjovski im Kieler Strafraum von Referee Markus Schmidt (Stuttgart) ein Elfmeter verwehrt worden war (9.). Dass der Unparteiische die "Sense" des Verteidigers übersah, mag noch an seiner Position zum Zeitpunkt des Einsteigens gelegen haben.

Warum jedoch der Kölner Keller dem Spielleiter kein Signal gab, obwohl auf den Fernsehbildern deutlich zu erkennen ist, dass Ignjovski alles traf, außer den Ball - blieb ein Geheimnis.

Angreifer vergibt zwei Großchancen

Ducksch war dementsprechend mächtig angesäuert. Und die Laune des 26-Jährigen verschlechterte sich noch, nachdem er seine erste Großchance vergeben hatte. Nach feinem Pass von Sturmpartner Hendrik Weydandt war er allein auf KSV-Keeper Ioannis Gelios zugelaufen, hatte diesen umspielt und dann am verwaisten Gehäuse vorbeigezielt (21.). Dass der Ball unmittelbar vor seinem Abschluss versprungen war, Ducksch machte es fassungslos.

Aber der Torjäger kam ja noch in den Genuss einer weiteren Großchance. "Genuss" deshalb, weil sie in Jannik Dehm ebenso unfreiwillig wie formidabel von einem Kieler vorbereitet wurde. Der Querpass des Verteidigers genau in die Füße des 96-Stürmers führte aber auch nicht zur zu diesem Zeitpunkt längst verdienten Führung der "Roten". Ducksch scheiterte am herausstürzenden Gelios (37.).

Kiel vor der Pause weitgehend harmlos

Bitter für die Niedersachsen, denen so der Lohn für eine sehr couragierte Vorstellung verwehrt blieb. Die Hausherren waren im ersten Abschnitt das aktivere und fußballerisch bessere Team. Holstein ließ nur sehr vereinzelt seine spielerischen Qualitäten aufblitzen. Die einzige nennenswerte Möglichkeit vor der Halbzeit besaß Fabian Reese, der in Keeper Michael Esser seinen Meister fand (32.). Ansonsten waren die Schleswig-Holsteiner primär mit Abwehr-Aufgaben beschäftigt.

"Wir sind schlecht ins Spiel gekommen, haben uns dann aber im Laufe der ersten Halbzeit gesteigert und uns reingebissen", sagte Gäste-Coach Ole Werner.

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Holstein erzielt drei Tore in vier Minuten

Nach der Pause entdeckte die KSV recht rasch die Lust am Offensivspiel für sich. Und mit freundlicher Unterstützung von 96 klappte es dann auch schnell mit dem Toreschießen. Zunächst wehrte Simon Falette einen Schuss von Fin Bartels im eigenen Strafraum mit dem Oberarm ab - Schiedsrichter Schmidt zeigte auf den Elfmeterpunkt. Alexander Mühling verwandelte den Strafstoß sicher zum 1:0 (56.).

Danach ging es Schlag auf Schlag. Zunächst fälschte Hannovers Kapitän Dominik Kaiser einen Reese-Schuss unhaltbar für Esser ins eigene Tor ab (57.), dann traf Janni Serra sehr, sehr freistehend per Kopf zum 3:0 (60.). Vier Minuten genügten den Gästen, um das Spielgeschehen komplett auf den Kopf zu stellen. In dieser Phase habe für seine Mannschaft "ziemlich alles gepasst", fasste Werner später zusammen.

"Diese drei Punkte tun richtig, richtig gut. Sowohl für die Tabelle als auch für den Kopf." Holstein-Coach Ole Werner

Was macht 96-Boss Kind?

Die Fassungslosigkeit darüber stand den 96-Profis und ihrem Trainer ins Gesicht geschrieben. Und oben auf der Tribüne des WM-Stadions am Maschsee verdunkelte sich die Miene eines Mannes, der beim Zweitligisten ziemlich viel, um nicht zu sagen alles, entscheidet: Martin Kind. Der Mehrheitsgesellschafter dürfte in Anbetracht der dürftigen Punkteausbeute und nun dieses Desasters ein paar Fragen an Kocak und das kickende Personal haben.

Beispielsweise an Falette, der sich binnen weniger Sekunden zwei Gelbe Karten abholte. Machte in der Summe Gelb-Rot und ein vorzeitiges Ende des misslungenen Arbeitstages (71.).

9.Spieltag, 29.11.2020 13:30 Uhr

Hannover 96

0

Holstein Kiel

3

Tore:

  • 0:1 Mühling (56., Handelfmeter)
  • 0:2 Do. Kaiser (57., Eigentor)
  • 0:3 Serra (60.)

Hannover 96: M. Esser - Basdas (67. Muroya), M. Franke (46. Elez), Falette - Bijol, Do. Kaiser - Ochs (56. K. Schindler), Haraguchi, Hult - Weydandt (73. Sulejmani), Ducksch (67. Stehle)
Holstein Kiel: Gelios - Ignjovski, Wahl, Thesker, Dehm - Meffert, Mühling (66. Hauptmann), J. Lee (85. Arslan), Reese (66. Mees), Bartels (84. Porath) - Serra (85. Lauberbach)
Zuschauer:

Weitere Daten zum Spiel

Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 29.11.2020 | 22:50 Uhr

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