Anteilseigner entziehen HSV-Chef Jansen das Vertrauen
Auf dem Platz läuft es gut beim HSV - in der Clubführung hingegen brodelt es zusehends. Dabei gerät Präsident und Aufsichtsratschef Marcell Jansen immer mehr unter Druck. In einer E-Mail haben ihm nun drei von sieben Anteilseignern der HSV Fußball AG das Vertrauen entzogen. Am Mittwoch soll es ein Krisengespräch geben.
Image-Schaden für den Verein, schlechte Besetzung des Aufsichtsrates, finanzielle Schieflage - das lasten die Aktionäre Jansen nach Informationen von NDR 90,3 an. Auch Investor Klaus-Michael Kühne hatte unlängst öffentlich die Absetzung des Ex-Profis gefordert. Am Mittwoch soll nun ein Gespräch der AG-Anteilseigner mit dem HSV-Präsidium stattfinden.
Verhältnis mit Boldt zerrüttet
Jansen scheint beim HSV zunehmend isoliert. Der Umgang mit dem inzwischen zurückgetretenen Ex-Vorstand Thomas Wüstefeld, der aber noch Anteilseigner ist, irritierte viele Mitglieder, es gab sogar einen Abwahlantrag. Auch das Verhältnis zu Allein-Vorstand Jonas Boldt gilt als zerrüttet.
In ihrer Mail kritisierten die drei Aktionäre nun unter anderem Jansens Entscheidung, Detlef Dinsel in den Aufsichtsrat zu holen, ohne zuvor die Gesellschafter informiert zu haben. Dass der Präsident das Kontrollgremium offenbar umbesetzen und seine Hauptkritiker Lena Schrum und Hans-Walter Peters loswerden will, gießt zusätzliches Öl ins Feuer - die Aktionäre hatte Jansen um Kontinuität im Aufsichtsrat gebeten.
Kühnes Bruch mit Jansen
Gegenwind bekam der ehemalige Nationalspieler zudem vor wenigen Tagen erneut von Investor Kühne, der ihn öffentlich anzählte: "Für das personelle Hickhack ist er verantwortlich, was sich auf den Verein negativ auswirkt. Ich wünsche mir neue Leute, die von außen kommen. Wir brauchen einen Neubeginn", sagte der 85-Jährige dem "Hamburger Abenblatt".
"Der HSV verdient endlich einen Rahmen, in dem der Verein nicht ständig Finanzsorgen und personelle Querelen hat." Klaus-Michael Kühne
Neben der Ablösung Jansens brachte Kühne auch die Einsetzung von zwei neuen Vorstandsmitgliedern ins Gespräch. "Der HSV benötigt einen führungsstarken Vorstandsvorsitzenden, der für Marketing und Außendarstellung verantwortlich ist, sowie einen Finanzchef. Bei der Bedeutung des Vereins wünsche ich mir eine Art Triumvirat", sagte der Unternehmer, der 15,21 Prozent der HSV-Anteile hält und nach dem HSV e.V. (75,10 Prozent) damit zweitgrößter Gesellschafter ist.
Was wird aus dem 120-Millionen-Euro-Angebot?
Im Kern geht es beim HSV-Führungsstreit aber auch um die Frage, ob der Club Kühnes 120-Millionen-Euro-Angebot annimmt. Jansen möchte das nicht. Allerdings: Wirtschaftlich steht der HSV einmal mehr am Abgrund - und kann die notwendige Stadion-Sanierung kaum aus eigener Kraft stemmen.
Das Kühne-Angebot bleibt wohl nur ohne Jansen auf dem Tisch - ein Rücktritt des 37-Jährigen scheint im Moment aber ausgeschlossen. Dass es ihm gelingt, die Wogen vor der Anfang Dezember anstehenden Hauptversammlung der Gesellschafter zu glätten, auf der die Zusammensetzung des neuen Aufsichtsrates bekannt gegeben werden soll, ist allerdings ebenfalls unwahrscheinlich.
Als Präsident des e.V., der mit 75,1 Prozent der größte Gesellschafter ist, hat Jansen zumindest einen Platz in dem Kontrollgremium sicher. Seinen Posten als Club-Präsident kann ihm allerdings nur die auf 90.000 Personen angewachsene Mitgliederschar bei einer regulären oder außerordentlichen Hauptversammlung durch Abwahl nehmen.