Vier Beamten der der Fahrradstaffel der Polizei sind mit ihren Fahrrädern an der Kiellinie unterwegs. © NDR Foto: Friedericke Schneider

Sicherheit auf der Kieler Woche: Unterwegs mit der Fahrradstaffel

Stand: 22.06.2022 12:29 Uhr

Die Fahrradstaffel der Kieler Polizei ist erstmals auch auf der Kieler Woche unterwegs - unterstützt von Beamten aus Berlin. Die sind überrascht, wie friedlich es im Norden zugeht.

von Friederike Schneider

Mit ihren neongelben Uniformen fallen die Fahrradpolizistinnen und Polizisten unter den Feiernden auf der Kieler Woche definitiv auf. Immer wieder sind Rufe zu hören wie "Guck mal, die Polizei!" oder "Wenn die Polizei mitfeiert, ist ja alles in Ordnung!" Auch, dass die Einsatzkräfte mit dem Fahrrad unterwegs sind, erregt Aufmerksamkeit und sorgt mal für Belustigung, dann wieder für Bewunderung oder einfach nur Erstaunen.

Von Erfahrungen aus Berlin profitieren

Nachdem in Kiel im Februar die erste Fahrradstaffel in Schleswig-Holstein als Pilotprojekt gestartet ist, sind die Einsatzkräfte auf zwei Rädern nun erstmals auf der Kieler Woche unterwegs. "Wir wollen ausprobieren, ob und wie die Fahrradstaffel bei so einem Event sinnvoll eingesetzt werden kann", erklärt Hauptkommissarin Nina Stuhlmüller. Dafür werden die Kieler Beamten von Kolleginnen und Kollegen aus Berlin unterstützt, wo es die Fahrradstaffel bereits seit 2014 gibt.

Erste Kontrolle nach wenigen Minuten

An diesem Dienstag wird Nina Stuhlmüller von drei Polizisten aus Berlin begleitet. Die Teams sind den mobilen Wachen auf der Kieler Woche angegliedert und vor allem in den Abendstunden unterwegs. Nur wenige Minuten nach dem Start am Ostseekai folgt schon die erste Kontrolle: Ein Taxifahrer steht an der Kreuzung vor der Reventlou-Brücke mitten auf der Fahrbahn. Die Beamten überprüfen seine Papiere und bitten ihn, wegzufahren.

Die Polizisten selbst kommen zunächst nicht weit, denn auf der anderen Seite der Kreuzung steht ein Auto mit eingeschalteter Warnblinkanlage auf dem Abbiegestreifen und dem Gehweg. Wenige Hundert Meter weiter parkt ein Transporter, ebenfalls mit eingeschalteter Warnblinkanlage, in zweiter Reihe. Nach dem neuen Bußgeldkatalog wird das teuer und bringt dem Fahrer einen Punkt in Flensburg.

Für die Fahrradpolizisten geht es weiter hinter der Fördebühne vorbei bis zum Marine-Stützpunkt. Dort wird es kurz aufregend: Über Funk kommt eine Personenfahndung, ein Jugendlicher wird vermisst. Wenig später Entwarnung, der Junge ist wieder aufgetaucht.

Zu zweit auf dem E-Roller - "brandgefährlich"

Auf dem Rückweg fällt den Beamten dann ein Standardvergehen auf: Ein junges Pärchen ist zu zweit auf einem E-Roller unterwegs. "Das kommt in Berlin jede Minute vor", sagt Stefanie Lütz. Und ist brandgefährlich, wie ihr Kollege Johannes Mehlert-Garms gerade dem Paar erklärt. Denn die Bremsen der E-Roller sind nicht für zwei Passagiere ausgelegt, es kann zu schlimmen Verletzungen kommen, wenn die zweite Person zwischen Fahrer und Lenker eingeklemmt wird oder sich bei ruckartigem Stoppen nicht festhalten kann. "Wir werden da auch nicht müde, das zu erklären - eben, weil es so gefährlich ist", sagt Mehlert-Garms. Tatsächlich halten die Polizisten nur wenig später wieder zwei junge Frauen an, die zu zweit auf einem E-Roller fahren, dann einen Vater, der seinen Sohn auf dem Gefährt mitnimmt.

An einer Ampelkreuzung am Schlossgarten stoppen die Fahrradpolizisten schließlich ein Auto - Handy am Steuer. Das haben die Beamten beim Vorbeifahren aus der Gegenrichtung erkannt. "Es ist irre, was die Kollegen alles sehen", sagt die Kieler Polizistin Nina Stuhlmüller.

Fahrradstaffel arbeitet in Berlin und Kiel unterschiedlich

Das ist wohl auch dem geschulten Auge der Berliner zu verdanken. Denn in Berlin ist die Fahrradstaffel ausschließlich für Verkehrsdelikte zuständig, anders als in Kiel, wo die Fahrradpolizisten den normalen Streifendienst ergänzen und von Ladendiebstahl bis Körperverletzung zu allen Einsätzen gerufen werden können. Auch während des Dienstes auf der Kieler Woche zeigen sich Unterschiede zwischen den Regelungen der Länder. So können die Beamten der Fahrradstaffel in Berlin Bußgelder direkt vor Ort kassieren, haben sogar mobile Kartenlesegeräte dabei. Welche Daten und Angaben von den beschuldigten Radfahrern, Fußgänger oder Autofahrern aufgenommen werden müssen, ist in Berlin und Schleswig-Holstein ebenfalls unterschiedlich geregelt.

Norddeutsche Freundlichkeit fällt auf

Und noch etwas anderes ist den Polizisten aus Berlin aufgefallen: "Die Menschen sind hier sehr viel freundlicher gegenüber der Polizei", sagt Johannes Mehlert-Garms. Seine beiden Kolleginnen stimmen zu. In Berlin sei es an der Tagesordnung, dass Beamte beleidigt werden oder Menschen bei Vergehen unfreundlich und aggressiv reagieren. "Dass man wie hier angesprochen wird: 'Danke, dass ihr da seid' oder einen ruhigen Dienst gewünscht bekommt, das kommt in Berlin quasi nicht vor", so Mehlert-Garms. "Die norddeutsche Freundlichkeit ist uns hier schon des Öfteren zugutegekommen", ergänzt Stefanie Lütz.

Generell überrascht es die Berliner Beamten, dass bei einem so großen Event wie der Kieler Woche alles so friedlich abläuft. Während der Schicht am Dienstag gab es nicht eine größere Auseinandersetzung. "Wir hätten mit mehr gerechnet", sagt eine der Polizistinnen aus Berlin.

Halbzeitbilanz der Polizei: Kieler Woche verläuft friedlich

Die Erfahrung der Fahrradstaffel deckt sich mit der Einschätzung der Kieler Polizei. "Aus Sicht der Polizei verläuft die Kieler Woche 2022 weiterhin überwiegend friedlich", heißt es in der am Mittwoch veröffentlichten Halbzeitbilanz. Im Vergleich zur Kieler Woche 2019 sei die Zahl der Delikte deutlich zurückgegangen. Zwischen Freitagmittag und Mittwochmorgen zählte die Polizei insgesamt 68 Straftaten, vor drei Jahren waren es im gleichen Zeitraum 80. Dass es wenig Ausschreitungen gegenüber den Einsatzkräften gab, kann die Kieler Polizei ebenfalls bestätigen. Es gab bisher vier Anzeigen wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, 2019 waren es zur Halbzeit der Kieler Woche zehn Fälle.

Für die Fahrradstaffel sei der Dienst auf der Kieler Woche anders als der Alltag, sagt Nina Stuhlmüller, es gebe hauptsächlich Verkehrsvergehen. Das liege aber auch daran, dass die Fahrradstaffel zu Kieler Woche hauptsächlich rund um die Kiellinie und den Schlossgarten unterwegs sei und nicht im gesamten Stadtgebiet. Außerdem sei an den Wochenenden deutlich mehr los.

Evaluation soll zeigen, ob Fahrradstaffel sich lohnt

Direkt auf der Kiellinie können die Fahrradpolizisten ohnehin kaum unterwegs sein, mit den Rädern ist dort kein Durchkommen, außerdem würden diese dort die Polizisten eher am schnellen Eingreifen hindern.

Ob sich der Einsatz der Fahrradstaffel auf der Kieler Woche gelohnt hat, soll nach dem Event in einer Evaluation geklärt werden. Dafür werden unter anderem Statistiken ausgewertet, wie viele Einsätze die Beamten geführt haben, erklärt Nina Stuhlmüller. Es gehe vor allem darum, zu lernen, wie die Fahrradstaffel den Streifendienst unterstützen könne. Als erster Lerneffekt soll ab Mittwoch die Struktur geändert werden, die Fahrradstaffel ist dann nicht mehr den mobilen Wachen angegliedert, sondern bekommt ihre Einsätze über eine eigene Leitstelle.

Weitere Informationen
Zahlreiche Menschen sind an der Kiellinie am Tag der Eröffnung der Kielwer Woche 2022 unterwegs. © NDR

Kieler Woche: Polizei spricht von bisher friedlichem Verlauf

Seit Sonnabend läuft die Kieler Woche - insgesamt zählt die Polizei zur Halbzeitbilanz bisher weniger Straftaten als 2019. mehr

VIDEO: Einsatz auf zwei Rädern - Mit der Fahrradpolizei auf Streife (29 Min)

Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 22.06.2022 | 19:30 Uhr

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