Beamte der Landespolizei in Schleswig-Holstein demonstrieren den Einsatz eines "Taser 7". © picture alliance/dpa Foto: Axel Heimken
Beamte der Landespolizei in Schleswig-Holstein demonstrieren den Einsatz eines "Taser 7". © picture alliance/dpa Foto: Axel Heimken
Beamte der Landespolizei in Schleswig-Holstein demonstrieren den Einsatz eines "Taser 7". © picture alliance/dpa Foto: Axel Heimken
AUDIO: Polizei in Kiel-Gaarden erhält Taser (1 Min)

Mit 50.000 Volt gegen Angreifer: Kieler Polizei bekommt Taser

Stand: 14.12.2023 14:06 Uhr

Laut Plan des Innenministeriums wird das 4. Polizeirevier in Kiel-Gaarden im Laufe des kommenden Jahres mit Elektroschockern ausgestattet. Das Revier ist damit das erste landesweit, auf dem die Waffen eingesetzt werden. Der Einsatz von Tasern ist allerdings nicht unumstritten.

Er ist gelb und schon von weitem an der Uniform zu erkennen: der neue Taser der Polizei Kiel-Gaarden. Im Notfall sollen die Beamten zwei Elektroden auf mögliche Angreifer abfeuern können. Durch einen Stromimpuls, der rund fünf Sekunden dauert, soll der Gegner dann außer Gefecht gesetzt werden. Im Laufe des kommenden Jahres könnten in Kiel-Gaarden diese Distanz-Elektroimpulsgeräten (DEIG) zum Einsatz kommen.

Zuvor wurde der Einsatz im Rahmen eines Pilotprojektes in Neumünster und Ahrensburg (Kreis Stormarn) getestet. Die Polizei erhofft sich von den Tasern eine abschreckende und deeskalierende Wirkung, so Kai Teichmann von der Polizeidirektion Kiel. Warum Kiel-Gaarden das erste Revier ist, in dem die Taser eingesetzt werden, erklärt Staatssekretärin Magdalena Finke: "Wir wollen eine stufenweise Einführung, insbesondere bei den Städtischen Revieren mit besonderen Kriminalitätsschwerpunkten. Und dazu gehört auch Gaarden mit der Drogenkriminalität, mit der Gewalt und Straßenkriminalität."

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"Das bloße Mitführen schüchtert ein"

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Der Einsatz des Tasers wurde im Rahmen eines Pilotprojektes in Neumünster und Ahrensburg (Kreis Stormarn) getestet. Die Polizei erhofft sich eine abschreckende und deeskalierende Wirkung.

Kai Teichmann argumentiert, dass Polizistinnen und Polizisten "im Kampf gegen die organisierte Rauschgiftkriminalität, wie auch bei der Bekämpfung des Straßendeals" oftmals "hoch emotionalisierten Menschen" begegnen würden. Diese Menschen würden den Beamtinnen und Beamten teils mit einer "eingeschränkten Impulskontrolle" entgegentreten, schildert Teichmann. Der Taser könne eine Lücke zur Schusswaffe schließen. Testphasen hätten zudem gezeigt, dass das bloße Mitführen des Distanzelektroimpulsgerätes "eine deutliche Einschüchterung des polizeilichen Gegenübers bewirken" könne.

Somit hat laut Teichmann die Ausstattung mit Elektroschockern auch eine deeskalierende Wirkung. "Häufig kommt es bei unserer Arbeit im öffentlichen Verkehrsraum zu Solidarisierungseffekten beim Einschreiten der Kolleginnen und Kollegen. Was für alle Beteiligten eine gefährliche Situation darstellt." Im Vergleich zur Schusswaffe sei der Taser darüber hinaus das deutlich ungefährlicheres Einsatzmittel, so Teichmann.

Kritik am Einsatz von Elektroschockern

Amnesty International hatte in der Vergangenheit häufig die Einführung von Distanz-Elektroimpulsgeräten kritisiert. Nur ausgebildete Beamtinnen sollten diese Waffen verwenden, nicht auch Streifenbeamte, argumentieren sie. Zwischen 2001 und 2017 habe die amerikanische Sektion von Amnesty International über 700 Todesfälle im Zusammenhang mit dem Einsatz des Tasers gezählt.

Die Risiken von DEIG seien "trotz und wegen ihrer Einordnung als "nicht-tödliche" Waffe sehr hoch" und würden unterschätzt werden. "Der Einsatz von Distanzelektroimpulsgeräten kann zu schweren Verletzungen bis hin zum Tod führen, insbesondere wenn bestimmte Risikofaktoren wie Herz-Kreislauf-Probleme oder Drogen-Intoxikation hinzukommen, die für Einsatzkräfte nur schwer erkennbar sind", heißt es in einem Positionspapier.

Auch der innen- und rechtspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Jan Kürschner, äußerte sich kritisch. "Der Taser ist selbstverständlich kein Mittel zur Bekämpfung von Dingen wie Drogenkriminalität oder den organisierten Drogenhandel. Gedacht ist der Taser nur für Situationen, in denen die Polizei bei gewalttätigen Personen mit einfacher körperlicher Gewalt oder Pfefferspray nicht weiterkommt."

Reform des Polizeirechts hatte Taser ermöglicht

Der Landtag hatte Ende Februar 2021 eine Reform des Polizeirechts beschlossen. Darin war unter anderem festgelegt worden, dass Beamte mehr Ressourcen zur Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus zur Verfügung gestellt werden. Während der Landtagsberatungen betonte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU), dass Polizisten mit dem Taser ein Mittel erhalten könnten, das effektiver als ein Schlagstock sei, aber dennoch milder als eine Schusswaffe.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 14.12.2023 | 11:41 Uhr

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