Das Landtagsgebäude mit seinem gläsernen Parlamentssaal. © picture alliance/dpa Foto: Markus Scholz

Günther will Schleswig-Holstein "krisenfest aufstellen"

Stand: 31.08.2022 14:57 Uhr

Nach der parlamentarischen Sommerpause ist der Schleswig-Holsteinische Landtag heute erstmals wieder in Kiel zusammengekommen. Im Mittelpunkt der dreitägigen Plenartagung steht die Regierungserklärung von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU).

Günther sagte, er wisse, dass viele Menschen derzeit sorgenvoll in die Zukunft blickten. "Nach zwei Wintern mit Corona gehen wir nun erneut auf eine ungewisse kalte Jahreszeit zu. Doch ich versichere Ihnen, wir werden alles tun, um auch das gemeinsam durchzustehen." Die Regierung wolle sich nicht von Krise zu Krise hangeln, sondern Schleswig-Holstein langfristig krisenfest aufstellen. Seine Regierungserklärung stellte er unter das Motto: "Zusammenhalten – zusammen gestalten".

Wichtigstes Ziel ist Klimaneutralität

Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) steht am Rednerpult im Landtag. © dpa-Bildfunk Foto: Christian Charisius
Daniel Günther: "Wir wollen die Ersten sein, die Klimaneutralität schaffen"

Günther sagte gleich zu Beginn, die schwarz-grüne Regierung habe das Ziel, klimaneutral zu werden. "Wir haben uns vorgenommen, das so schnell wie möglich zu schaffen. Klimaneutralität bedeutet Unabhängigkeit. Wir wollen die Ersten sein, die das schaffen." Es sollen neue Flächen für Windkraft identifiziert werden. Der Klimaschutz soll in die Landesverfassung geschrieben werden. "Daran arbeiten wir in den kommenden fünf Jahren."

Günther: 20 Prozent Energie einsparen

Alle müssten sich anstrengen, Energie einzusparen. "20 Prozent müssen wir schaffen", sagte der Ministerpräsident. "Das wird uns alle fordern." Nicht nur Schwimmbäder, Außenbeleuchtungen, Büros, auch jeder einzelne müsse sich anstrengen in den eigenen vier Wänden. "Im privaten Bereich werden wir die Bürgerinnen und Bürger mit einem 50-Millionen-Euro-Programm bei ihrem persönlichen Klimaschutz-Engagement unterstützen." Auch Kommunen will die Landesregierung beim Thema Energiekosten nicht alleine lassen. In der kommenden Woche wird es ein Energie-Spitzengespräch geben - mit Vertretern unter anderem aus Kommunen, Wirtschaft, Kammern und Verbänden.

Mehr Kita-Plätze geplant

Der CDU-Politiker kündigte auch an, mehr Kita-Plätze zu schaffen und mehr Geld für das dortige Personal zur Verfügung zu stellen. Ganztagsangebote in Schulen sollen ausgebaut werden.

Eigenheimzulage für Geringverdiener

Für Menschen, die sich erstmals eine Wohnung oder ein Haus kaufen, wird es laut Günther eine Eigenheimzulage geben, sofern ihr Einkommen unter einem bestimmten Satz liegt. Bezahlbarer Wohnraum ist ebenfalls ein vorrangiges Ziel der Landesregierung. "Die Kommunen werden wir mit einem Baulücken-Kataster und einem Baulandfonds dabei unterstützen, mehr Grundstücke zu entwickeln."

SH soll Fahrradland werden

Mit Investitionen in die Infrastruktur soll Schleswig-Holstein mehr und mehr zum Fahrradland werden. Und Günther äußerte sich auch zur Fortsetzung des Neun-Euro-Tickets für die Bahn. Über ein Nachfolgemodell nachzudenken, sei wichtig, aber "auch der ÖPNV muss ausgebaut werden. Deswegen muss der Bund uns hier unterstützen."

Opposition: Regierungserklärung kommt spät

Oppositionsführer Thomas Losse-Müller (SPD) steht am Rednerpult im Landtag. © dpa-Bildfunk Foto: Christian Charisius
Oppositionsführer Thomas Losse-Müller (SPD) fragt angesichts der Energiekrise: ""Viele Menschen machen sich Sorgen - was ist denn jetzt die schwarz-grüne Antwort?"

Fast vier Monate liegt die Landtagswahl in SH mittlerweile zurück. Und auch das Zustandekommen einer schwarz-grünen Landesregierung ist bereits seit Ende Juni beschlossene Sache. So ist die Opposition der Meinung, dass die heutige Regierungserklärung reichlich spät komme, sagte Oppositionsführer Thomas Losse-Müller (SPD). Er sparte nach der Rede von Günther nicht mit Kritik: "Viele Menschen machen sich Sorgen mit Blick auf den Winter, aber was ist denn jetzt die schwarz-grüne Antwort?"

Losse-Müller: Keine Antwort auf Fachkräftemangel

Sozialer Zusammenhalt, bezahlbarer Wohnraum, neue Fachkräfte im Land - all dies fehle im Land, kritisierte Losse-Müller. "Eines der wichtigsten Themen ist der Fachkräftemangel. Leider habe ich nicht mal im Ansatz eine konkrete Maßnahme gehört. Welche Fachkräfte brauchen wir? Wo sollen die wohnen?" Auch über das Thema Energie sprach die SPD. Losse-Müller forderte Wärmenetze, die vom Land unterstützt werden. "Es reicht nicht, die Kommunen zu verpflichten, einen Wärmeplan zu machen. Wie sollen die die Finanzierung hinkriegen?"

Losse-Müller warf der Regierung auch vor, das Land zu spalten und Politik nur für Besserverdiener zu machen. Günther nehme ganze Teile der Gesellschaft nicht in den Blick, beklagte Losse Müller. "Mein Eindruck ist, dass wir in zwei unterschiedlichen Ländern leben. Es gibt zwei Schleswig-Holsteins." Es gebe eines für Schwarz-Grün und in dem Schwarz-Grün Politik mache, sagte er. "Das ist das Land, in dem Sie und ihre Freunde und Bekannten leben. Und es gibt ein anderes Land, das kennen Sie kaum."

FDP: Nichts Konkretes - Regierung zu passiv

Christopher Vogt, Fraktionsvorsitzender der FDP in Schleswig-Holstein, spricht bei einer Sitzung des Landtags im Landeshaus. © dpa Foto: Christian Charisius
Kritisierte die Passivität der Landesregierung: FDP-Fraktionschef Christopher Vogt,

Der Fraktionsvorsitzende der FDP, Christopher Vogt, sprach von einem "Abtauchen der Regierung" in den ersten zwei Monaten. "Ich finde Sie erstaunlich passiv in den ersten zwei Monaten", wandte sich Vogt an Günther. Die Regierungserklärung jetzt sei im Wesentlichen das, was im schwarz-grünen Koalitionsvertrag bereits stehe. "Wir hatten erwartet, dass Sie konkrete Lösungen präsentieren." Unter anderem kritisierte der FDP-Politiker, dass die Kita-Gebühren weiterhin zu hoch seien. Er forderte ein "klares Entlastungssignal für junge Familien".

SSW: Es fehlt die Mietpreisbremse

Lars Harms, Fraktionsvorsitzender der SSW in Schleswig-Holstein, spricht bei einer Sitzung des Landtags im Landeshaus. © Landtag
Vermisst Entlastungspakete: SSW-Fraktionschef Lars Harms.

Lars Harms vom SSW zeigte sich ebenfalls enttäuscht von der Regierungserklärung. Etliche wichtige Dinge fehlten, unter anderem die Mietpreisbremse. Viele könnten sich die teuren Wohnungen einfach nicht mehr leisten. "Die Kostenbelastung der Menschen da draußen, die ist enorm. Was macht die Landesregierung, um die Not der Menschen zu lindern", fragte Harms, der häufig seine Stimme hob und sehr emotional sprach. Der SSW vermisst ebenso die Entlastung bei Kindertagesstätte-Preisen. "Und das Mobilitätsticket: Ich finde, das muss kommen."

Tobias Koch, Fraktionsvorsitzender der CDU in Schleswig-Holstein, spricht bei einer Sitzung des Landtags im Landeshaus. © dpa Foto: Christian Charisius
Wies die Vorwürfe der Opposition empört zurück: CDU-Fraktionschef Tobias Koch.

CDU-Fraktionschef Tobias Koch wies den Vorwurfe, das Land zu spalten, empört zurück. Nicht die Koalition spalte die Gesellschaft, sondern der Oppositionsführer. Die Landtagswahl und die Bildung der neuen Regierung hätten die Weichen für alle Schleswig-Holsteiner gestellt. Auch Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter widersprach Losse-Müller. "Der Krieg spaltet die Gesellschaft», sagte er. "Die Regierung startet fokussiert und geschlossen in eine schwierige Zeit." Petersdotter warf der FDP vor, sie springe im Bund anders als SPD und Grüne nicht über ihren Schatten. Sie verhindere und blockiere medienwirksam wichtige Projekte.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 31.08.2022 | 12:00 Uhr

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