Brunsbüttels Hafenchef Frank Schnabel: Der LNG-Pionier

Stand: 19.01.2023 17:36 Uhr

Am Freitag wird in Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen) das schwimmende LNG-Terminal eröffnet, feste Anlagen sind im Bau. Hafenchef Frank Schnabel hat lange für dieses Projekt geworben - auf allen Ebenen.

von Carsten Rauterberg

Die Energiekrise und der Krieg in der Ukraine haben die Entscheidung der Bundesregierung, mehrere LNG-Terminals in Norddeutschland zu bauen, maßgeblich beeinflusst. Aber ohne den Brunsbütteler Hafenchef Frank Schnabel würde es das LNG Terminal in Brunsbüttel wohl nicht geben.

Seit zehn Jahren Pläne für ein LNG-Terminal

Frank Schnabel ist seit 15 Jahren Geschäftsführer von Brunsbüttel Ports. Die private Hafengesellschaft betreibt allein in Brunsbüttel drei Häfen und in Norddeutschland und Schweden 14 weitere Logistik-Standorte mit 450 Mitarbeitenden. Die Zentrale der Firmengruppe ist im Brunsbütteler Elbehafen - und von dort hat sich der 56-Jährige schon seit Jahren mit dem Thema LNG, also tiefgekühltes flüssiges Erdgas, beschäftigt.

"2012 hat mich das Thema LNG erreicht. Eine Firma aus Norwegen wollte in Brunsbüttel eine Bunkerstation, also eine Art Tankstelle für LNG errichten", erzählt Schnabel. Entscheidend sei aus deren Sicht die Lage Brunsbüttels an Elbe und Nord-Ostsee-Kanal sowie die Nähe zu Hamburg gewesen. "Ich war überzeugt, dass LNG nach Brunsbüttel gehört und aus der Idee ist dann Jahre später ein großes Projekt geworden."

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Dem Brunsbütteler Hafenchef war schnell klar: Für ein LNG-Terminal braucht die Hafengesellschaft Partner und vor allem Geldgeber. Seine Pläne, LNG zu importieren und ein Terminal zu errichten, hat er gleich bei mehreren Bundeswirtschaftsministern vorgestellt. Schnabel erinnert sich an einen Termin in Berlin bei Sigmar Gabriel (SPD) - das Gespräch führte er dann mit dessen Staatssekretär. Danach lief es etwas besser. "Natürlich waren wir auch bei Peter Altmeier (CDU), mit dem haben wir dann später auch hier in Brunsbüttel sprechen können." Er habe sich deutlich positiver geäußert als sein Vorgänger, meint Schnabel. Nur die entscheidende Aussage, der Bund beteilige sich, blieb aus. "Ob Holland, Polen, überall gab es ja damals schon staatliche Unterstützung. Die gab es hier nicht."

Energiekrise sorgt für nötige Unterstützung

Erst Robert Habeck (Grüne) habe schließlich die Unterstützung des Bundes zugesichert. Und das vermutlich nur, weil der russische Angriffskrieg auf die Ukraine es unmöglich gemacht habe, weiter Gas aus Russland zu importieren. Das sei eine bittere Erfahrung, sagt Brunsbüttels Hafenchef: "Das ist natürlich schon ein fader Beigeschmack. Das Projekt hätte aus meiner Sicht immer Sinn gemacht, auch vor fünf Jahren, aber jetzt wird es so schnell umgesetzt, weil es diesen Krieg gibt. Aber wir sehen das pragmatisch, nun setzen wir das um, weil Deutschland das braucht."

Frank Schnabel hat immer an das Projekt LNG Terminal geglaubt und einen langen Atem bewiesen. Er sagt rückblickend, es habe schon Phasen gegeben, wo es schwierig war. "Aber ich bin Langstreckenläufer, bin Marathon-Läufer, ich bin es also gewohnt durchzuhalten, auch wenn’s mal schwierig wird." Er habe das Projekt nicht allein umgesetzt, das sei eine Teamleistung gewesen, ergänzt der Brunsbütteler Hafenchef.

Von Oslo nach Brunsbüttel

Der 56-jährige leitet Brunsbüttel Ports von seinem Büro im dritten Stock des Verwaltungsgebäudes aus. Er ist Betriebswirt und Master of Business Administration und hat vor seinem Wechsel nach Brunsbüttel als Direktor für Materialwirtschaft für die Aker Yards Werft in Oslo gearbeitet. Seit Ende 2007 ist er Geschäftsführer von Brunsbüttel Ports, die Hafengesellschaft gehört zur Schramm Group Brunsbüttel.

Nur den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen - das ist nicht Schnabels Art. Mehrmals am Tag ist Frank Schnabel im Hafen unterwegs, dann wechselt er das Sakko gegen die gelb-weiße Wetterjacke und den Schutzhelm von Brunsbüttel Ports. Der Geschäftsführer von Brunsbüttel Ports wird von den Mitarbeitenden als Teamplayer beschrieben.

Schnabel, ein Netzwerker in der Region

Der Hafenchef ist nicht nur in Brunsbüttel, sondern auch in der Region sehr gut vernetzt. Dithmarschens Landrat Stefan Mohrdieck (parteilos), der von 2011 bis 2018 Bürgermeister in Brunsbüttel war, kennt Schnabel schon lange und beschreibt den Brunsbütteler Hafenchef: "Frank Schnabel ist ein maritimer Manager, der sich in Brunsbüttel, an der Elbe und in ganz Norddeutschland einen Namen gemacht hat, der die Leute zusammen gebracht hat, auch mit vielen Veranstaltungen, der dafür gesorgt hat, dass wir näher an Hamburg rangerückt sind, das ist sein Verdienst." Der Geschäftsführer von Brunsbüttel Ports ist zudem Sprecher der Werkleiterrunde des ChemCoastParks, das sind die großen Betriebe im Industriegebiet Brunsbüttel mit 4.500 Beschäftigten. Außerdem ist Schnabel Vorsitzender des Gesamtverbandes der Häfen in Schleswig-Holstein.

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Auch im Gespräch mit Kritikern

Der Hafenchef bekommt also viel Rückenwind im eigenen Unternehmen, in der Stadt Brunsbüttel und auch in der Region zum Thema LNG. Schnabel spricht aber auch mit Kritikern des Terminals. Sowohl bei Infoveranstaltungen als auch vor Ort im Elbehafen. Vor einigen Wochen hatten Aktivisten einige Baufahrzeuge besetzt, aus Protest gegen den Bau des Terminals. Die Aktion blieb friedlich, am späten Nachmittag war die Protestaktion beendet. Und die Arbeiten konnten am nächsten Tag fortgesetzt werden.  

Frank Schnabel sagt grundsätzlich zu den LNG-Kritikern: "Ich habe da Verständnis, dass es Menschen gibt, die sich dagegen aussprechen. Nur, was ist denn die Alternative? Solange man keine Alternativen hat, brauchen wir noch Gas, brauchen wir auch LNG als Übergangslösung, weil wir uns von Russland lösen müssen."

Eröffnung mit Habeck und Günther

Am Freitag ist nun die Eröffnung des schwimmenden LNG-Terminals. Der Tanker "Hoegh Gannet" wird im Elbehafen festmachen. Das Schiff hat LNG an Bord und kann das tiefgekühlte, flüssige LNG in den gasförmigen Zustand umwandeln, damit es dann ins schleswig-holsteinische Netz eingespeist werden kann. Frank Schnabel hat mit einem zehnköpfigen Projektteam von Brunsbüttel Ports auf diesen Tag hin gearbeitet. Am Vormittag wird es eine Feierstunde für geladene Gäste geben. Erwartet werden Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und der schleswig-holsteinische Energieminister Tobias Goldschmidt (Grüne).

Und Hafenchef und LNG-Pionier Frank Schnabel, der sagt: "Wir werden am Freitag ein bisschen feiern, aber schon am Tag danach werden wir hier weiter arbeiten."

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 21.01.2023 | 19:30 Uhr

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