Achtung, Blitzer? Attrappe in Kiel-Russee sorgt für Verwirrung
In Kiel-Russee haben Hausbewohner einen Fake-Blitzer aufgebaut. Laut Polizei ist das sogar erlaubt, wenn dadurch keine Gefährdung entsteht - zum Beispiel durch Abbremsen. Inzwischen ist die Attrappe aber schon wieder verschwunden.
Der Redderkamp ist eine unscheinbare Seitenstraße im Kieler Stadtteil Russee - ordentliche Einfamilienhäuser stehen Seite an Seite. Für Autos ist Tempo 30 erlaubt. Doch in einem Garten war bis vor kurzem mehr zu sehen als Rasen und Hecken: Festgemacht am Gartenzaun stand da eine grau-schwarze Blitzersäule.
Nachbar Arne Bollack erzählt: "Als ich die das erste Mal sah, war ich mit dem Fahrrad recht zügig unterwegs. Und ich dachte: Da gehe ich mal lieber in die Eisen. Ich wäre fast über den Lenker geflogen." Schnell merkt er: Der Blitzer ist ein Fake.
Blitzer-Attrappe wirkt
Ein Fake, ja - aber die Attrappe sieht täuschend echt aus. Auch andere Nachbarn sind beeindruckt - und irritiert zugleich. Denn erst auf den zweiten Blick ist zu erkennen: Statt hochmoderner Blitzertechnik besteht diese Säule aus Kanalgrundrohr und ist umwickelt mit schwarzem und grauem Panzertape. Die kreative Attrappe wirkt: "Man sieht es und überprüft sich: Fahre ich auch nach Vorschrift?", findet Arne Bollack.
Nicht nur im Redderkamp sorgt der Fake-Blitzer für Gesprächsstoff. In den sozialen Medien wurde ein Foto der Blitzerattrappe Tausendfach geliked und kommentiert. Viele Nutzer der sozialen Medien berichten von ähnlichen Situationen in ihren Straßen, doch viele fragen sich: Sind Fake-Blitzer wie der in Kiel-Russee überhaupt erlaubt?
Fake-Blitzer sind - theoretisch - nicht verboten
Die Stadt Kiel und auch die Polizei teilen mit: Blitzer-Attrappen sind nicht grundsätzlich verboten. "Wenn dadurch vor Ort keine Gefährdung, zum Beispiel durch starkes Abbremsen, entsteht, gibt es keine Möglichkeit der Intervention. Sollte das Aufstellen einer Blitzerattrappe gefährliche Situationen oder gar Unfälle provozieren, muss sie abgebaut werden", sagt Nickels Erichsen von der Stadt Kiel. "Letztlich ist es eine Einzelfallprüfung", ergänzt Polizeisprecher Matthias Arends. Und die Landespolizei meint: "Kommt es durch die aufgestellte Blitzerattrappe zu einem Verkehrsunfall, können sich im Einzelfall möglicherweise auch strafrechtliche und haftungsrechtliche Fragen ergeben."
In diesem Fall war die Säule legal. "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt haben sich vor Ort einen eigenen Eindruck verschafft und konnten keine Gefährdungen erkennen", so Nickels Erichsen.
Landespolizei: Es gibt bessere Lösungen
Begeistert ist die Landespolizei von solchen Attrappen allerdings nicht. Sie teilte schriftlich mit: "Die Überwachung des Straßenverkehrs ist hoheitliche Aufgabe von Polizei und Ordnungsbehörden. Das Aufstellen von Attrappen führt im Einzelfall zu Irritationen und soll daher unterbleiben." Stattdessen sollte man sich an die örtliche Polizei, die kommunal zuständige Straßenverkehrsbehörde, die Gemeinde oder den Ortsbeirat wenden, um Lösungen für zu hohe Geschwindigkeiten im Ort zu finden. Vielleicht helfe schon ein sogenanntes "Dialogdisplay", das Fahrern die gefahrene Geschwindigkeit anzeigt, so die Landespolizei. Eine andere Möglichkeit wäre, die Polizei vor Ort zu bitten, eine Geschwindigkeitsüberwachung durchzuführen. Die Polizei prüfe solche Hinweise und priorisiert dann die geeigneten Messstellen.
Blitzer ist wieder verschwunden
Nach Angaben der Stadt Kiel ist die Blitzerattrappe die erste im Stadtgebiet. Doch genauso schnell wie sie auftauchte, verschwand sie vor kurzer Zeit wieder. Nach wie vor ist nicht klar, warum genau die Säule aufgestellt wurde. Die Initiatorin gab NDR Schleswig-Holstein keine Auskunft. Laut Landespolizei hat es in der Vergangenheit keine Zunahme von aufgestellten Blitzerattrappen gegeben. Einen letzten medienwirksamen Fall habe es 2018 in Travemünde gegeben.
Nachbarn vermuten einen Zusammenhang mit dem nahen Kindergarten. "Es gibt immer ein paar Leute, die ihre Kinder zum Kindergarten bringen und dann auf den letzten Drücker sind. Die fahren dann auch mal 40 oder 50", so Arne Bollack. Die Meisten, betont er, führen hier aber langsam. Ob mit oder ohne Fake-Blitzer.