Gezeichneter Entwurf eines Theaterneubaus in grau/weiß/gelb gehalten. © Architekturbüro Hascher & Jehle/dpa
Gezeichneter Entwurf eines Theaterneubaus in grau/weiß/gelb gehalten. © Architekturbüro Hascher & Jehle/dpa
Gezeichneter Entwurf eines Theaterneubaus in grau/weiß/gelb gehalten. © Architekturbüro Hascher & Jehle/dpa
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Theaterneubau in Rostock: Happy End im Planungsdrama?

Stand: 15.11.2023 18:01 Uhr

Die Rostocker Bürgerschaft hat auf ihrer Novembersitzung am Mittwochabend einen vorläufigen Schlussstrich beim Hin und Her um das geplante neue Theater am Stadthafen gezogen. Allen Querelen um die gestiegenen Kosten zum Trotz kann und soll weiter geplant und schließlich schnellstmöglich gebaut werden. Wenn nicht noch etwas dazwischenkommt.

von Jürgen Opel

Seit 2018 bereits gibt es einen sogenannten Grundsatzbeschluss zur zeitnahen Realisierung des Theaterneubaus. Und nun gibt es noch einen. Eine Mehrheit der Bürgerschaft hat diesem zugestimmt. Und das "aufbauend auf den aktuellen Parametern zum Bau, zu Kosten und zur Finanzierung des Neubaus“. Damit scheint nunmehr Konsens darüber zu herrschen, dass der Theaterneubau mindestens 208 Millionen Euro kosten darf und auch weitere Millionen unter anderem für die technische Ausstattung des Theaterbaus und die erwartbaren Betriebskosten sind nunmehr auch mit eingepreist. Die "finale Investitionsentscheidung" ist gefallen. Die Planungen können also weitergehen.

Kein Bürgerentscheid und kein „alles nochmal auf Anfang“

Eine Schlappe musste die CDU/UFR-Fraktion auf der Sitzung hinnehmen. Sie hatte wegen der gestiegenen Kosten und Folgekosten die "Herbeiführung" eines Bürgerentscheides auf die Tagesordnung gesetzt. Ein Vorschlag, der durchfiel. Zum einen in der Bürgerschaft und zum anderem bei der zuständigen Rechtsaufsicht im Schweriner Innenministerium. Klar wurde in der fast zweistündigen Debatte, dass die CDU einen Neubau nach den vorliegenden Planungen ablehnt. Aus Sicht von Generalsekretär Daniel Peters sei dieser Bau "überdimensioniert" und sein Votum während der Sitzung: Eine Nummer kleiner bitte.

Abgelehnt wurde auch ein Vorschlag der FDP. Die zwei Liberalen in der Bürgerschaft wollten das Neubauprojekt in seiner aktuellen Ausgestaltung erneut auf den Prüfstand stellen. Auch wenn es so nicht im Text der Beschlussvorlage zu lesen war, stand dahinter offensichtlich auch die Frage, ob es beim Theater nicht auch eine Nummer kleiner sein darf. Einer inhaltlichen Debatte darum, ob Rostock überhaupt ein Mehrspartenhaus in dieser Dimension braucht, wäre damit erneut der Vorhang geöffnet worden. Bereits vor der Sitzung kam die Reaktion von Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger (Die Linke): "Es besteht weder aus haushalts- noch aus kommunalrechtlicher Sicht eine Notwendigkeit, den mit diesem Antrag avisierten Beschluss zu fassen. Der durch einen solchen Beschluss verursachte Aufwand stehe in keinem vertretbaren Verhältnis zu dem ausschließlich politisch motivierten Nutzen." Kleiner Seitenhieb der OB: Seit 1992 habe es bereits 15! solcher Beschlüsse in Sachen Theaterneubau gegeben. Was wohl so viel heißen soll: Es reicht. Das sah eine Mehrheit der Bürgerschaftsmitglieder offensichtlich ähnlich. Der Vorschlag fiel durch.

Aufatmen beim Theater

Intendant Ralph Reichel hatte bereits vorab erklärt, dass er mit einem Start der Arbeiten für den geplanten Theater-Neubau im kommenden Jahr rechne. Er könne sich nicht vorstellen, dass die Stadt auf einen "kulturellen Leuchtturm verzichten möchte", so Reichel. Und: Seit 80 Jahren müssten Besucher und Mitarbeiter mit dem Provisorium in der Doberaner Straße, einer früheren Vereinsgaststätte, auskommen. Das aktuelle Haus sei marode, eine Sanierung würde um ein Vielfaches teurer als ein Neubau, sagt Theaterintendant Ralph Reichel. Für ihn sei ein Planungsstopp beim Neubau und ein alles auf Anfang gleichbedeutend mit der Abwicklung des Theaters überhaupt in Rostock. Wer das betreibe, der mache sich zum Totengräber, sagte Reichel. 

Wie weiter?

Schon seit zwei Jahren wird konkret geplant. Am Werk: das Architekturbüro Hascher Jehle mit Sitz in Berlin und Stuttgart, die auch den Realisierungswettbewerb gewonnen hatten. Aktuell wird mit 208 Millionen Euro plus wenigstens 8 Millionen Euro für die Theatertechnik und Ausstattung gerechnet. Ob das am Ende reicht, das weiß heute niemand zu sagen. Aber: "Wenn wir jetzt den Neubau absagen, dann machen wir uns lächerlich, in der Stadt, im Land und der ganzen Republik", sagt Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger. Ihr Statement nach der mehrstündigen Debatte: "Die Bürgerschaft hat sich mehrheitlich zum Theaterneubau bekannt. Wir haben nochmal betont, dass es um ein Jahrhundertbauwerk geht und dieses Bauwerk angesichts des Zustandes des jetzigen Theater-Provisoriums alternativlos ist. Wir sollten jetzt mutig sein und entschlossen handeln, statt wieder zurückzurudern."

Aktuelle Planungen besagen, dass 2025 begonnen werden kann mit dem Bau am neuen Volkstheater am Rostocker Bussebart. Fertigstellung im Sommer 2028. Erste Premiere zur Spielzeiteröffnung 2028-2029. Wenn alles klappt. Denn: Es hat in der Vergangenheit schon etliche Entscheidungen zum Theaterneubau gegeben. Gebaut wurde nicht. Ob die heutige "finale" Entscheidung wirklich Hand und Fuß hat, das wird man wohl erst sagen können, wenn der erste Premierenapplaus verklungen ist.

Weitere Informationen
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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 15.11.2023 | 18:30 Uhr

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