Stand: 10.07.2020 12:36 Uhr

Schwerin: Torfabbau im Naturschutzgebiet?

Das Grambower Moor bei Schwerin, 567 Hektar groß, ist das größte Hochmoor-Naturschutzgebiet in Westmecklenburg. Und eines der vielfältigsten in ganz Mecklenburg-Vorpommern. Typische Moorpflanzen, wie die fleischfressende Pflanze Sonnentau, die Moorbeere und Torfmoose sind hier noch zu finden.

Bergwerksrechte im Internet angeboten

Die staatliche Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft (BVVG) hat im Internet sogenannte Bergwerksrechte angeboten - also das Recht, im Grambower Moor Bodenschätze abzubauen. Sowohl das Umweltministerium als auch der Bund für Umwelt und Naturschutz in Mecklenburg-Vorpommern zeigten sich überrascht über diese offizielle Annonce. Arndt Müller, BUND-Moorexperte sagte, die BVVG habe in der Vergangenheit durchaus auch den Naturschutz unterstützt. Er fordert, dass diese Bergrechte für einen symbolischen Euro den Besitzer wechseln: "Wir verstehen nicht, warum es überhaupt zu dieser Ausschreibung gekommen ist. Und warum man nicht von vornherein das Gespräch mit Naturschützern der Region geführt hat. Es gibt einen aktiven Förderverein, es gibt die Naturschutzabteilung des Ministeriums und da hätte man über Varianten der kostenfreien Übertragung reden können."

Komplizierte Besitzverhältnisse

Die BVVG hat den gesetzlichen Auftrag, ehemals enteignete volkseigene Flächen zu privatisieren. Im Grambower Moor gehören die Flächen dem Land. Die Bergrechte aber gehören der BVVG und damit dem Bund. Dass Bergrechte und Flächen getrennt sind, dafür sorgt eine alte DDR-Rechtsprechung. Die BVVG versichert, sie sehe keinen Konflikt, für sie ist die Annonce im Netz eine reine Formalität. Das Unternehmen wolle die Bergrechte einfach loswerden. Johann Jakob Nagel von der Landesniederlassung der Bodenverwertungs- und Verwaltungsgesellschaft: "Weil dieser Abbau aufgrund der naturschutzrechtlichen Situation so gut wie ausgeschlossen ist, wird sich auch der Kaufpreis für dieses Bergrecht in geringen Höhen halten. Aber wir warten mal ab, womit das Land uns konfrontiert und ich bin mir sehr sicher, dass wir auch eine Einigung erzielen."

Großflächiger Torfabbau könnte Moor komplett zerstören

Naturschützer gehen auf die Barrikaden: Es sei skandalös, dass ein staatliches Unternehmen wie die BVVG in Zeiten des Klimawandels ein geschütztes Moor der Torfgewinnung opfern will, heißt es vom BUND. Zwar wird im Grambower Moor bereits geringfügig Torf abgebaut. Ein kompletter Abbau der drei Millionen Kubikmeter Torf würde das Gebiet aber völlig verändern, Lebensräume, Tier- und Pflanzenarten zerstören, so der Bund für Umwelt und Naturschutz.

Umweltministerium will das Grambower Moor schützen

Den Verlust dieses wertvollen Naturschutzgebietes durch einen großflächigen Torfabbau kann sich auch das zuständige Ministerium nicht vorstellen. "Da ist Geld reingesteckt worden, da ist viel Arbeit reingesteckt worden, um dieses Moor zu renaturieren! Wenn Sie mit Fachleuten sprechen, dann sagen die, das Moor ist auf einem guten Weg und weit gekommen. Und das möchten wir natürlich erhalten", sagte der Staatssekretär im Umweltministerium, Jürgen Buchwald.

Online-Petition und Verhandlungen

Die Umweltschutzorganisation BUND in Mecklenburg-Vorpommern hat unterdessen eine Online-Petition für die Rettung des Naturschutzgebietes Grambower Moor bei Schwerin ins Leben gerufen. Die Annonce der BVVG ist inzwischen aus dem Netz genommen. Das Land hat sich eingeschaltet, es verhandelt nun mit der BVVG. Bis zum Herbst soll über die Zukunft des Grambower Moors entschieden sein.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | 10.07.2020 | 12:00 Uhr

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