Hochmoderne Schatzkammer in MV: Das Landesarchiv zieht um
Das wird ein gigantischer Umzug: Kunstschätze des Staatlichen Museums, Urkunden und Akten des Landeshauptarchivs und archäologische Fundstücke ziehen Ende 2023 in das neue Zentraldepot in Schwerin.
Die neue Schatzkammer des Landes ist ein hochmodernes fensterloses Lagerhaus mit angeschlossenen Restaurierungswerkstätten. Der Bau mit einer Kupferfassade, die sich durch Wettereinflüsse stetig farblich verändert, kostet 75 Millionen Euro. In den Depot-Sälen werden gegenwärtig 92 Kilometer Regale eingebaut - aneinandergereiht eine Strecke von Schwerin nach Rostock.
Allein 160 Meter lang ist das Werkstattgebäude mit Tiefkühlkammern, Fotoateliers, Röntgengeräten, Standstrahlarbeitsplätzen und einem Saal für Wasserbecken der Unterwasserarchäologen. Gabelstapler können in den Etagen eingesetzt werden. Landesarchäologe Dr. Detlef Jantzen verspricht künftigen Forschern und Ausstellungsmachern perfekte Arbeitsbedingungen. Alle archäologischen Bestände, von der Münze bis zum Schiffswrack aus der Hansezeit, werden künftig an einem Ort zu finden und mittels Datenbank per Mausklick verfügbar sein. Die Zeit der 16 Außendepots gehe damit zu Ende, sagte der Wissenschaftler und Behördenleiter erleichtert.
Zehn Jahre Planung und fünf Jahre Bauzeit für das Zentraldepot
In den neuen Depots werden durch Klimaanlagen ideale Lagerbedingungen geschaffen. Versorgt werden die 20.000 Quadratmeter Nutzfläche mit Fernwärme. Auf dem Dach des Depotkomplexes wird eine 1.850 Quadratmeter große Solaranlage zur Energiegewinnung installiert. Zehn Jahre Vorbereitungs- und Planungszeit sowie fünf Jahre Bauzeit benötigte die Staatliche Bau- und Liegenschaftsverwaltung des Landes MV. Trotz der gewaltigen Dimension passe sich das Zentraldepot gut in die städtische Umgebung ein und nehme sich "nicht so wichtig", meint der Schweriner Behördenleiter Robert Klaus.
Bevor MVs Schätze umziehen, gibt es eine Inventur
In den gegenwärtig in Schweriner Fabrikhallen genutzten Zwischendepots der Landesarchäologen werden die Umzugsvorbereitungen für eine große Inventur genutzt – die Erste seit Jahrzehnten. Jede Keramikscherbe, jede lederne Messerscheide erhält einen Barcode. Allein die Paletten mit menschlichen Überbleibseln füllen gegenwärtig eine Halle so groß wie ein Handballfeld.
Parallel zu den Umzugsvorbereitungen gehen die wissenschaftlichen Arbeiten der Unterwasserarchäologen weiter. Die 2016 im Wismarer Hafen gefundenen Schiffsplanken eines Handelsschiffes gelten als wissenschaftliche Sensation. Unterwasserarchäologe Dr. Jens Auer und sein Team datierten das 26 Meter lange Schiff auf 1184, es muss in Südschweden gebaut worden sein. 300 Teile konnten aus der Hafeneinfahrt der Hansestadt Wismar geborgen werden. Nach und nach werden die Planken in Dänemark in einer Gefrierzentrifuge konserviert. Die Anlage in Dänemark gilt als eine der größten in Europa.
Geschichte um den Slawen Mistivoi wird zum Animationsfilm
Die Arbeitsbeziehungen mit dänischen Archäologen und Museumspädagogen sind auch bei einem Ausstellungsprojekt für das Archäologische Freilichtmuseum in Groß Raden bei Sternberg vertieft worden. Dazu reisten Museumspädagogen um die Leiterin Heike Pilz und Mitglieder des Fördervereins aus Groß Raden in ein dänisches Fernsehstudio. Für ihre Ausstellungsidee nutzten sie Funde, die ab 2014 bei Ausgrabungen auf der Schweriner Schlossinsel zutage gefördert worden waren.
Um einen goldenen Schmuck-Anhänger, gut erhaltene Handwerkzeuge und Überbleibsel von Insekten entwickelten sie die Geschichte des Slawen Mistivoi. Der Fürst will seine Tochter Tove auf die Hochzeit mit dem dänischen König Blauzahn vorbereiten. Die Geschichte spielt im Jahr 967. Die Animationen sind in einem dänischen Fernsehstudio produziert worden. Der besondere Clou: In den Holzresten unter dem heutigen Schweriner Schloss wurden Nashornkäfer gefunden. Sie sind als ein Meter große Ausstellungsfiguren nachgebaut worden. In der Ausstellung können sich die Gäste auf die überdimensionalen Käfer legen und virtuell durch die Burg fliegen. Vitrinen mit den Fundstücken und dahinter laufenden Filmsequenzen sowie Hörstationen ergänzen die Dauerausstellung "Auf den Spuren einer Königin".
