Hetzkampagne gegen Gymnasium in Ribnitz-Damgarten

Stand: 18.03.2024 15:51 Uhr

Das Richard-Wossidlo-Gymnasium in Ribnitz-Damgarten ist offenbar Ziel von Drohanrufen und Schmäh-E-Mails. Auslöser ist eine Kampagne rechtspopulistischer Medien und von AfD-Politikern, die der Schulleitung und dem Schulleiter Stasi-Methoden vorwerfen.

von Stefan Ludmann

Die Drohungen und Schmähungen beschäftigen inzwischen die Polizei. Sie fordert auf ihren Social-Media-Kanälen dazu auf, Persönlichkeitsrechte zu beachten. Der Aufruf zu Straftaten werde ebenso verfolgt wie Beleidigungen. Nach Angaben des Bildungsministeriums ist der Staatsschutz eingeschaltet. Das Polizeipräsidium Neubrandenburg spricht auf X von Hetze gegen die Schule.

Landes-AfD zeichnet eigenes Bild des Vorfalls

Zuvor hatten rechtspopulistische Medien wie das Portal "Nius" des ehemaligen Bild-Chefs Julian Reichelt einen Vorfall an dem Gymnasium skandalisiert. Sie unterstellten der Polizei, eine Schülerin wegen eines angeblich AfD-freundlichen Posts in den sozialen Medien, der einen blauen Schlumpf zeige, aus dem Unterricht geholt zu haben. Die AfD-Landtagsfraktion veröffentlichte reißerische Handschellen-Fotos, ihr Abgeordneter Enrico Schult behauptete ebenfalls, die 16-jährige Schülerin sei aus dem Unterricht "abgeführt" worden.

Bundes-AfD zieht Vergleich zu Überwachungsstaat

Auch Vertreter der Bundes-AfD äußerten sich ähnlich. Die AfD-Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch behauptete, Anzeige gegen den Schulleiter gestellt zu haben. Partei- und Fraktionschefin Alice Weidel spricht von "staatlicher Gängelung". Der Berliner AfD-Politiker Georg Pazderski rückte den Vorgang in die Nähe von Stasi-Methoden. Ähnlich äußerte sich der AfD-Landesvorsitzende Leif-Erik Holm, er meinte, Margot Honecker, die ehemalige DDR-Bildungsministerin, sei wieder "auferstanden". Zielscheibe der Diffamierungskampagene ist vor allem der Schulleiter, der im Netz bedroht und beschimpft wird.

Polizei widerspricht Darstellung der AfD

Die Polizei widerspricht der Darstellung vehement. Sie habe von der Schulleitung Hinweise auf möglicherweise staatsschutz-relevante Inhalte bekommen. Das Mädchen sei von den Beamten nicht aus dem Unterricht geholt worden, sondern vom Schulleiter. Es habe zusammen mit ihm und der Schülerin ein gemeinsames Aufklärungsgespräch "mit präventivem Charakter" gegeben. Von den Mitschülern der Klasse seien die Beamten nicht wahrgenommen worden. Letztlich habe es keinen Anfangsverdacht gegeben.

Pegel: "Wenn die Polizei gerufen wird, kommt sie"

Das Mädchen habe sich im Anschluss verständnisvoll gezeigt und sei allein wieder in den Unterricht zurückgekehrt. Der Vorfall an der Schule ereignete sich Ende Februar. Der Schulleiter hat die Beamten nach Angaben der Polizei aufgrund eines Hinweises informiert. Das Bildungsministerium erklärte, bei Verdacht auf Extremismus sei das ein übliches Verfahren. Offen bleibt aber, ob der Anlass, die Beamten einzuschalten, ausreichend war.

Die AfD machte den Fall am Donnerstag zum Thema im Landtag und orchestrierte eine Kampagne in den Sozialen Medien. Innenminister Christian Pegel (SPD) sagte, wenn die Polizei gerufen werde, komme sie. Präventiv tätig zu sein sei die Aufgabe der Polizei, die Verhältnismäßigkeit sei gewahrt worden. "Von daher sehe ich keine Schwierigkeit", sagte Pegel.

CDU will Ausschuss-Sondersitzung

Mit den Erklärungen gab sich die CDU-Fraktion im Landtag nicht zufrieden. Sie forderte am Freitag Sondersitzungen von Innen- und Bildungsausschuss. Ein Fraktionssprecher schloss auch die Beantragung einer Sondersitzung des Parlaments nicht aus. Die Landesregierung sollte von sich aus ein Interesse daran haben, in der Sache für Aufklärung zu sorgen.

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Dieses Thema im Programm:

Nordmagazin | 15.03.2024 | 19:30 Uhr

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