Bützower Klinik-Chef: Trotz Insolvenz "voll leistungsfähig"

Stand: 01.08.2023 20:30 Uhr

Seit Monaten warnen Experten vor einer Pleitewelle bei den Krankenhäusern. Jetzt hat es die Warnow-Klinik in Bützow getroffen. Der Betrieb soll dennoch ohne Einschränkung weitergehen.

Die Warnow-Klinik in Bützow steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Das Krankenhaus mit seinen knapp 150 Mitarbeitern hat beim Amtsgericht Rostock Insolvenz angemeldet. Zur Insolvenzverwalterin wurde die Rostocker Anwältin Hoge-Peters bestellt. Die kleine Klinik mit 71 Betten fährt seit Jahren Verluste ein. Laut jüngstem Geschäftsbericht betrug das Minus im Jahr 2020 rund 240.000 Euro, ein Jahr zuvor waren es knapp eine Million. Ein Problem war zuletzt auch der Ärztemangel. Personalabgänge bei Fachärzten seien kaum zu verkraften, hieß es in dem Geschäftsbericht.

Leitung: "Klinik voll leistungsfähig"

Trotz der Insolvenz beteuerte der Kaufmännische Leiter der Klinik, Dr. Wolfgang Grimme, bei NDR MV Live: "Wir sind voll leistungsfähig, alle Mitarbeiter sind an Deck, es gibt keine Einschränkungen im täglichen Betrieb." Das Krankenhaus habe schwierige Jahre hinter sich, sei aber seit Ende 2022 auf dem Weg "mit Vollgas aus der Krise raus". Der Kurs stimme und die Ergebnisse gingen in die richtige Richtung, so Grimme. Dennoch brauche das Haus Hilfe, denn die Muttergesellschaft sei nicht mehr in der Lage, weitere Millionen in das Krankenhaus zu investieren. "Das Insolvenzverfahren bietet uns die einmalige Chance, aus diesem Verfahren gestärkt hervor zu gehen und die fast umgesetzte Umstrukturierung zu Ende zu führen", sagte der Klinik-Chef.  

Stadt wollte Anteile verkaufen

Mehrheitsgesellschafter des Krankenhauses war bis 2021 die Arbeiterwohlfahrt (AWO), die inzwischen ihre Anteile größtenteils an die private Rosko Med Brandenburg GmbH verkaufte. Auch die Stadt Bützow ist noch beteiligt. Deren Stadtvertreter hatten erst vor gut einer Woche beschlossen, die Anteile der Stadt zu 29 Prozent an die Rosko Med und den Rest an Ärzte der Klinik zu veräußern. Das Vorhaben liegt mit dem Insolvenzantrag erstmal auf Eis.

Bürgermeister verweist auf vorhandene Sanierungskonzepte

Der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft MV, Uwe Borchmann, sieht in der Insolvenz einen Hilferuf. Bützow gehört ihm zufolge zu den Krankenhäusern der Notfall-Stufe 1, die für die Patientenversorgung unverzichtbar sind. Es müssten jetzt dringend die vom Bund versprochenen Gelder kommen, sonst würden viele Kliniken die eigentliche Krankenhausreform nicht mehr erleben. Im NDR-Gespräch forderte er erneut ein Vorschaltgesetz zur Rettung der Krankenhäuser, also finanzielle Hilfen, noch bevor die Krankenhausreform greift. Der Bund handele zu langsam, so Borchmann. Der stellvertretende Landrat Stephan Meyer (CDU) betonte im Gespräch mit NDR 1 Radio MV das zwingende Interesse des Landkreises Rostock an einem Weiterbetrieb der Warnow-Klinik. Bützows Bürgermeister Christian Grüschow hofft, dass Geschäftsführung, Landkreis und Land sich nun endlich auf eines der Sanierungskonzepte einigen, die seit Monaten in den Schubladen lägen.

Land bietet Hilfe bei Neustart an

Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat der Klinik Unterstützung bei einer Lösungsfindung angeboten. Die zuständige Sozialministerin Stefanie Drese (SPD) teilte auf Anfrage des NDR mit, die Landesregierung habe umfassende Begleitung für eine mögliche Neuausrichtung signalisiert. Die Versorgung in der Region werde auch künftig sichergestellt sein. Gleichzeitig verweist das Ministerium darauf, dass das Land kein Gesellschafter der Klinik ist. Weiter heißt es, grundsätzlich gelte: Die Häuser müssen den laufenden Betrieb aus den Einnahmen für die Behandlung von Fällen, die sie von den Krankenkassen erhalten, selbst finanzieren.

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Nordmagazin | 01.08.2023 | 19:30 Uhr

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