BUND kritisiert Chemiefabrik-Pläne in Schwerin

Stand: 13.03.2023 20:42 Uhr

Schwerin versucht, die leeren Flächen im Industriepark Göhrener Tannen zu verkaufen. Jetzt steht die Ansiedlung von Vink Chemicals aus Niedersachsen kurz bevor. Jedoch kritisieren Umweltschützer das Vorhaben - wegen der Art des Betriebs.

von Andreas Lußky

Vink Chemicals möchte in Schwerin technische Konservierungsstoffe und Desinfektionsmittel herstellen. Die Produkte der Firma werden zum Beispiel genutzt, um große Industrieanlagen sauber zu halten, aber auch in der Landwirtschaft oder in Anstrichen. Es geht vor allem um Biozide, also Chemikalien gegen Schädlinge. In Schwerin sollen rund 50.000 Tonnen im Jahr produziert werden.

Ansiedlung wurde vor drei Jahren angekündigt

Den Verkauf der Fläche hat die Stadt Schwerin schon vor drei Jahren beschlossen, es gab einstimmige Voten in den Fachausschüssen sagte Baudezernent Bernd Nottebaum (CDU). Dann kam es zu Verzögerungen durch die Corona-Pandemie und gestörte Lieferketten. Gutachten und Dokumente zu erstellen habe deutlich länger gedauert, sagte ein Sprecher von Vink Chemicals. Aber jetzt hat das Unternehmen den Bau und den Produktionsstart wieder ins Auge gefasst. Um bauen und produzieren zu dürfen, muss ein Immissionsschutzverfahren absolviert werden. Das bedeutet: Alle relevanten Behörden und Unternehmen, die sogenannte Träger öffentlicher Belange sind, müssen sich zu den Plänen äußern. Das staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Westmecklenburg bündelt diese Stellungnahmen und beurteilt dann, ob die Genehmigung erteilt wird.

Kritik vom Bund für Umwelt und Naturschutz Schwerin

Auch der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) hat sich dazu geäußert – er lehnt die Ansiedlung ab. Landesgeschäftsführerin Corinna Cwielag warnt: global betrachtet habe die Erde, was bestimmte Chemikalien angeht, die Belastungsgrenze längst erreicht oder sie sei schon überschritten worden.

"In diesem Betrieb werden Biozide hergestellt, die sind dafür gemacht dass sie Leben vernichten, das sagt schon der Name. Da werden sicherlich kleine Konzentrationen eingesetzt aber bei der Produktion ist Konzentration sehr hoch. Bei Unfällen gibt es entsprechend hohe Gefahren. Aber auch beim Einsatz sind die Biozide unbedingt zu hinterfragen." - Corinna Cwielag

Zu bedenken sei auch, dass die Lkw mit den Chemikalien auf den Straßen um Schwerin und damit durch die Wälder und an Seen entlang unterwegs sein werden. Der BUND weist auch darauf hin, dass es sich wegen der Menge der Chemikalien um einen sogenannten Störfallbetrieb handelt – es wäre der erste in Schwerin. Damit gelten besondere Sicherheitsvorkehrungen.

Stadtverwaltung: Nachbarn im Industriepark sind einverstanden

Die Schweriner Stadtverwaltung sieht die Ansiedlung positiv und fordert von Kritikern wie dem BUND, in der Diskussion sachlich zu bleiben. Frühzeitig wurden die Nachbarbetriebe im Industriepark befragt. Das neue Werk soll genau zwischen das Kaffeekapselwerk von Nestlé und den Medizintechnikproduzenten Ypsomed gebaut werden. Baudezernent Nottebaum sagte, es habe „Bauchschmerzsituationen“ mit der jeweiligen Konzernleitung gegeben, diese konnten aber beigelegt werden. Die 45 Arbeitsplätze seien wichtig für Schwerin.

Vom Unternehmen selbst heißt es, vom BUND abgesehen habe sich bisher niemand kritisch geäußert. Zu den Fürsprechern gehört auch der Unternehmerverband Norddeutschland Mecklenburg-Schwerin. In einer Stellungnahme weist der Verband darauf hin, dass sich der Betrieb an alle geltenden Pflichten halten müsse – und dass diese in anderen Ländern unter Umständen lockerer gesehen werden. Industrieproduktion dürfe nicht nach dem Motto „Bitte nicht vor unserer Haustür“ in andere Länder verlagert werden.

Öffentlichkeitsbeteiligung startet jetzt

Anwohner können jetzt Einwände vorbringen. Auf der Seite des staatlichen Amtes für Landwirtschaft und Umwelt sind ab 20. März außerdem alle Unterlagen einsehbar. Vom Landwirtschaftsministerium heißt es: es gibt bei der Entscheidung kein Ermessen. Wenn sich das Unternehmen an Recht und Gesetz hält, darf produziert werden. Schließlich müsse es Rechtssicherheit für Investoren geben, so ein Sprecher. Um früher bauen zu können, hat Vink außerdem einen vorzeitigen Baubeginn beantragt. Mit der Produktion darf aber nur begonnen werden, wenn alle Genehmigungen vorliegen. Der BUND will weiter für das Thema sensibilisieren und prüfen, welche Einwände im Verfahren noch sinnvoll sind.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 13.03.2023 | 19:30 Uhr

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