Stand: 13.01.2015 10:15 Uhr

Feuerfalle Seniorenheim

von Ingo Thöne

Nahezu jede Woche brennt irgendwo in Deutschland ein Seniorenheim. Allein im vergangenen Jahr kamen durch Brände in Alten- und Pflegeheimen elf Menschen ums Leben, über 100 wurden verletzt. Nach Einschätzung von Experten ist das Risiko, in einer Alteneinrichtung durch ein Feuer zu sterben, sechs Mal so hoch wie in einer durchschnittlichen Wohnung.

VIDEO: Feuerfalle Seniorenheim (6 Min)

Opfer können sich oft nicht selbst retten

Die Ursachen für die Brände sind ähnlich wie in anderen Wohnformen: Bewohner schlafen mit brennender Zigarette im Bett ein, Elektrogeräte entzünden sich, oder die Flammen von Kerzen oder Weihnachtsgestecken geraten außer Kontrolle. Der entscheidende Unterschied zu Wohnungsbränden liegt darin, dass die Bewohner von Alteneinrichtungen in der Regel auf fremde Hilfe angewiesen sind und sich im Brandfall nicht selbstständig retten können. Bei Bränden mit schneller Brandausbreitung sind die Räume häufig bereits nach fünf Minuten vollständig verraucht. Der Tod durch Ersticken ist die Folge.

Experten fordern Sprinkleranlagen

Ein Porträtbild von Eugen Brysch, Vorsitzender "Deutsche Stiftung Patientenschutz". © Deutsche Stiftung Patientenschutz
Hält die bisherigen Brandschutzmaßnahmen nciht für ausreichend: Eugen Brysch.

Meist sind es nur wenige Pfleger und Schwestern, die eine große Anzahl von älteren Menschen auf Stationen betreuen. Eine Rettung aller Personen durch die Mitarbeiter bei Feuerausbruch ist daher vielfach nicht möglich. Deshalb fordern Experten seit Jahren, dass die Brandschutzvorschriften verschärft werden und den Regeln für Industriebauten angeglichen werden. Eugen Brysch, Vorsitzender der Deutschen Stiftung Patientenschutz, fordert: "Wir müssten in Deutschland über einen vorbeugenden Brandschutz nachdenken, der ähnlich gestaltet ist wie in großen Lagerhallen. Da haben wir zusätzlich Sprinkleranlagen, die ergänzend zu der Alarmierung auch die ersten Löschmaßnahmen vornehmen. So was ist aber in Deutschland leider Mangelware."

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Ingo Thöne

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In anderen Ländern ist diese Form des Brandschutzes schon lange üblich. Prof. Michael Rost, Brandschutzforscher an der Hochschule Magdeburg-Stendal, sagt, dass das vergleichsweise hohe Brandrisiko in Deutschlands Altenheimen durch den Einbau von Sprinkler- und anderen Feuerlöschanlagen gesenkt werden könnte. "Wir sollten uns die Standards anderer Industriestaaten wie Schweden, Neuseeland oder der USA als Beispiel nehmen. Dort sind vergleichbare Heime neben den automatischen Brandmeldeanlagen auch mit Feuerlöschanlagen ausgerüstet. Und deswegen ist auch in diesen Staaten die Zahl der Toten und Verletzten vergleichsweise geringer", so Rost.

Bundesländer tragen Verantwortung

Verantwortlich für eine Verschärfung der Bauverordnung wären die Bundesländer in Deutschland. Doch auf Nachfrage von Panorama 3 teilen uns alle verantwortlichen Ministerien mit, dass an der jetzigen Rechtslage nichts geändert werden soll. Rost hält das für unverantwortlich: "Die Erfahrungen der Feuerwehren und der Rettungskräfte insgesamt werden von der Politik nicht konsequent wahrgenommen und umgesetzt. Es ist bekannt, dass die Brandschutzprobleme in Altenpflegeheimen bestehen, aber es gibt natürlich ein kommerzielles Interesse der Pflegeheimbetreiber an günstigem Brandschutz. Daher hat die Politik weitergehende Regelungen bislang nicht beschlossen."

Der demografische Wandel der Gesellschaft wird dazu führen, dass in den nächsten Jahren die  Anzahl der Pflegeheime weiter zunehmen wird. Nach Ansicht der Experten ist zu erwarten, dass unter den jetzigen rechtlichen Rahmenbedingungen die Anzahl der Brandtoten und -verletzten in Seniorenheimen weiter steigen wird.

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 13.01.2015 | 21:15 Uhr

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