Gedenktafel erinnert an Deportationen von jüdischen Hamburgern
Vor 80 Jahren verschleppten die Nationalsozialisten in Hamburg Hunderte jüdische Menschen. Es war 1942 eine der letzten großen Deportationen. Über die Sammelstelle in einer Schule im Schanzenviertel war bis in die 1980er-Jahre wenig bekannt. So richtig daran erinnert wird erst seit Freitag.
Der Ort, von dem die jüdischen Kinder, Frauen und Männer zu Hunderten in den Tod geschickt wurden, liegt versteckt zwischen Spielhalle und Geschäften in einem Innenhof. In der damaligen Volksschule ist heute die Ganztagsgrundschule Sternschanze untergebracht. Ein Lehrer entdeckte erst in den 1980er-Jahren, dass das Haus 1942 während der Sommerferien als Sammelstelle zweckentfremdet wurde. Er sorgte für eine kleine Erinnerungstafel. Das sei aber nicht genug angesichts der Verbrechen von damals, so jetzt eine Bürgerinitiative. "Das war 'ne Sammelstelle, um eben die jüdischen Menschen aus den sogenannten Judenhäusern hierher effizient transportieren zu können, und auch effizient abtransportieren zu können aus Sicht der Herrschenden, die das organisiert haben, die 'Endlösung'", sagt Holger Artus von der Initiative "Kein Vergessen im Weidenviertel".
Deportation ein Schock für Juden in Hamburg
Die Deportation 1942 sei ein Schock für die verbliebenen Jüdinnen und Juden in Hamburg gewesen, so die Leiterin der Gedenkstätte "Isrealitische Töchterschule", Anna von Villiez. In den sechs Monaten zuvor hatte es keine Transporte mehr gegeben, leise Hoffnung keimte auf. Als sei alles ganz normal, erhielten die Kinder ihre Noten. Darunter die damals 14-jährige Lilly. Ihr Abgangszeugnis wurde zum Zeitzeugnis.
Zwei Wochen später wurden die verbliebenen Schülerinnen und Schüler und auch das verbliebene Lehrpersonal inklusive der gesamten Familie des Schulleiters Alberto Jonas deportiert und kaum jemand hat das überlebt."
Nur 133 Menschen überleben
Auch Lilly überlebte nicht, wie mehr als 90 Prozent der mehr als 1.700 Menschen, die binnen zweier Tage deportiert wurden. Alle Namen sollen künftig mahnen. Auf Betreiben der Bürgerinitiative beschloss die Bezirksversammlung Altona große Wandtafeln am Haupteingang der Schule, direkt an der Altonaer Straße. Am Freitagmittag wurden die Tafeln an der Schule angebracht. Es stehen die Namen von genau 1.705 Menschen darauf. Nur 133 von ihnen haben überlebt.
Weitere Gedenktafel an der Bundesstraße 43
Eine Tafel an der Bundesstraße 43 erinnert seit Donnerstag an ein sogenanntes Judenhaus: ein Gebäude jüdischer Eigentümer, in das weitere jüdische Bürgerinnen und Bürger von den Nationalsozialisten zwangseingewiesen, regelrecht zusammengepfercht wurden. Es waren vor allem alte Menschen, die hier auf engem Raum leben mussten und extrem schlecht versorgt waren, sagt Holger Artus von der Initiative "Kein Vergessen im Weidenviertel". Von 150 Bewohnerinnen und Bewohnern überlebten nur fünf. Es war Mord, sagen Historikerinnen und Historiker - ob durch mangelnde medizinische Versorgung in Theresienstadt oder direkte Tötung in Auschwitz.