Bed-I Besmele-Feier: Der muslimische Einschulungsgottesdienst
Für mehr als 100.000 Kinder im Norden beginnt in diesen Tagen die Schullaufbahn. Begangen wird die Einschulung oft mit einem ökumenischen Gottesdienst, zunehmend aber auch für muslimische Kinder mit einer Einschulungsfeier in einer Moschee.
Feierlich ziehen die angehenden Erstklässler in die hannoversche Moschee am Weidendamm ein. Man spürt, dass die Kinder sehr aufgeregt sind, als sie zur Bed-I Besmele, zum muslimischen Einschulungsgottesdienst begrüßt werden. Überall hängen Luftballons; der Gebetssaal der Moschee ist bunt geschmückt und gut gefüllt. Rund 40 Kinder sind mit ihren Eltern und einigen Großeltern an diesem Freitagabend in die Moschee gekommen.
"Das ist eine schöne Alternative für die Kids. Normalerweise ist es hier in Deutschland so, dass es vor der Einschulung einen Gottesdienst gibt, wo die christlichen Kinder hingehen; hier in der Moschee hat man eine Alternative organisiert, was wir gern und dankbar annehmen", sagt der Vater von Elias. Als er vor mehr als drei Jahrzehnten in die Schule kam, gab es nur einen christlichen Einschulungsgottesdienst: "Als ich eingeschult wurde, sind wir nicht zum Gottesdienst gegangen."
Mehr Angebote für Muslime gefordert
Mittlerweile gebe es aber auch ökumenische Angebote der christlichen Kirchen, die muslimische Familien mit einbeziehen würden, sagt Jörg Ballnus vom Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück: "In der Regel ist es eine liturgische Gastfreundschaft, die für die muslimischen Beteiligten Fenster im Rahmen des Schulgottesdienstes öffnet. Es kann sein, dass (…) diese Tradition von Gottesdiensten, in denen muslimische Partner auch berücksichtigt werden, nicht in allen Schulen so funktioniert. Da bräuchten wir ein deutliches Mehr an solchen Angeboten, das auch die muslimischen Eltern und Schüler direkt anspricht."
Das sieht auch Enes Kadioglu so. Für den 27-jährigen Imam sind die muslimischen Bed-I Besmele-Feiern eine Alternative zu den kirchlichen Einschulungsgottesdiensten, "weil die christlichen Kinder in den Gottesdienst gingen und die muslimischen Kinder dieses Angebot nicht hatten. Als Alternative hat man dann dieses Programm gestartet, sodass die Kinder so was Ähnliches wie die Christen haben."
Der hannoversche Imam will den Kirchen aber gar nicht vorwerfen, dass die ihre Schulgottesdienste machen, ohne andere Religionen gleichberechtigt mit einzubeziehen: "Wir leben in einem christlichen Land, wo die Christen das Recht haben, diese Programme zu machen. Aber wir leben auch in einem Land, wo Religionsfreiheit herrscht, und wenn das die Christen machen, dürfen es auch die Muslime auch machen."
Bildung ist wichtiger Bestandteil der muslimischen Tradition
Die Bed-I Besmele-Feiern stehen vor allem in der türkisch-anatolischen Tradition, erläutert der islamische Religionspädagoge Jörg Ballnus. Er begrüßt es, dass in vielen der türkisch geprägten Ditib- und Milli Görüs-Moscheen diese Einschulungsfeiern stattfinden: "Ich denke, dass es auch für die muslimische Community sehr wichtig ist, weil Bildung auch in der eigenen religiösen Tradition sehr groß geschrieben wird. Es gibt Überlieferungen des Propheten Mohammad, die der Bildung einen großen Stellenwert beimessen, und letztlich ist ja der Erfolg schulischer Bildung eine wichtige Grundlage für die weitere berufliche Entwicklung der Schüler."
Bei der Bed-I Besmele-Feier in der hannoverschen Moschee geht es um den Stellenwert des schulischen Lernens, aber auch um religiöse Bildung. Während der Imam vorbetet, dass Allah der größte sei, wiederholen das die Kinder. Und sie dürfen zeigen, dass sie selbst schon einige Gebete auswendig können.
Nach einer halben Stunde ist der muslimische Einschulungsgottesdienst vorbei. Wie alle anderen Erstklässler hat auch der sechsjährige Elias ein kleines Geschenk bekommen. Aber seine Gedanken kreisen schon um den nächsten Tag: "Ist mein erster Schultag, ich bin aufgeregt."